Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit von §19 UStG
Leitsatz (NV)
§19 Abs. 1 UStG 1993 dient der Verwaltungsvereinfachung und bezweckt nicht die Existenzsicherung des Kleinunternehmers. Art. 3 GG gebietet es deshalb nicht, die Umsatzsteuer über den Anwendungsbereich des §19 UStG 1993 hinaus nicht zu erheben.
Normenkette
GG Art. 3; UStG 1993 § 19
Tatbestand
Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) hat einen Betrieb, in dem er allein arbeitet. Im Jahre 1995 betrug sein Umsatz 43 000 DM.
Der Antragsteller meldete für das 1. und 2. Quartal 1996 Umsätze von 6947 DM und 6154 DM und Umsatzsteuer-Vorauszahlungen von 789 DM und 339 DM an.
Nach erfolglosem Einspruch gegen die Umsatzsteuer-Voranmeldungen, die Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstehen, erhob der Antragsteller Klage, die noch beim Finanzgericht (FG) anhängig ist. Mit der Klage verfolgt er die Herabsetzung der Vorauszahlungen auf 0 DM.
Außerdem beantragte der Antragsteller beim FG die Aussetzung der Vollziehung der Steuerfestsetzungen. Er sieht sich in seinen Rechten aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verletzt, da es von Verfassungs wegen geboten sei, die sozialpolitisch gemeinte Steuervergünstigung für Kleinunternehmer in §19 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1993) auf weitere durch die Steuerbelastung in ihrer Existenz gefährdete Unternehmer auszudehnen.
Das FG wies den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, die das FG zugelassen hat. Mit der Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein bisheriges Begehren weiter.
Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) ist der Beschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes soll auf Antrag ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides bestehen (§69 Abs. 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Solche Zweifel bestehen im Streitfall nicht.
Es bestehen keine Zweifel daran, daß die Steueranmeldungen dem Gesetz entsprechen. Die Voraussetzungen für die Nichterhebung der Steuer nach §19 Abs. 1 UStG 1993 sind nicht erfüllt.
Art. 3 GG gebietet es nicht, die Nichterhebung der Steuer auf den Kläger auszudehnen. §19 Abs. 1 UStG 1993 dient der Verwaltungsvereinfachung und bezweckt nicht die Existenzsicherung des Kleinunternehmers (vgl. Beschluß des Bundesverfassungsgerichts -- BVerfG -- vom 13. Juni 1997 1 BvR 201/97, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht -- UVR -- 1997, 328; Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 18. August 1988 V R 199/83, BFHE 155, 196, BStBl II 1989, 306; Beschluß vom 28. September 1993 V B 90/93, BFH/NV 1994, 206, und Art. 24 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG). Derartige Vereinfachungsvorschriften sind grundsätzlich zulässig, da der Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht verpflichtet ist, alle ihm offenstehende Steuerquellen lückenlos zu erschließen (vgl. BVerfG-Beschluß vom 9. Juli 1969 2 BvL 20/65, BStBl II 1970, 156).
Aus dem vom Antragsteller herangezogenen Beschluß des BVerfG vom 19. März 1974 1 BvR 416, 767, 779/68 (BVerfGE 37, 38, BStBl II 1974, 273) folgt nichts anderes. In dieser Entscheidung ging es unter anderem um die Vorschrift des §19 UStG 1967, die den Kleinunternehmern mit einem Vorjahresumsatz von nicht mehr als 60 000 DM gestattete, ihre Umsätze mit einem Steuersatz von 4 v. H. zu versteuern. Das BVerfG wies die Verfassungsbeschwerden von Unternehmern, die sich in ihren Grundrechten verletzt glaubten, weil sie nicht in den Genuß der Besteuerung nach §19 UStG 1967 kamen, als unbegründet zurück; es hielt die unterschiedliche Besteuerung der Kleinunternehmer und sonstigen Unternehmer trotz der damit verbundenen Wettbewerbsverzerrungen aus Gründen der Praktikabilität und Typisierung für gerechtfertigt (vgl. unter B. IV. 2. der Entscheidungsgründe). Bei dieser Beurteilung blieb es auch in seinem Beschluß vom 18. September 1979 1 BvR 929/79 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1979, 536, Nr. 595). Das BVerfG führt in seinem Beschluß in BVerfGE 37, 38, BStBl II 1974, 273 (unter B. IV. 1. b) zwar auch aus, §19 UStG 1967 habe die Kleinunternehmer aus sozialpolitischen Gründen begünstigt; es verneint verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine derartige Steuervergünstigung, äußert sich aber nicht zu der Frage, ob eine derartige Steuervergünstigung von Verfassungs wegen geboten ist. Dies hat es im Beschluß in UVR 1997, 328 zu Recht verneint.
Fundstellen
BFH/NV 1998, 751 |
UR 1999, 80 |