Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensrecht/Abgabenordnung
Leitsatz (amtlich)
Erklärt das Finanzgericht in der Rechtsmittelbelehrung seines Urteils, daß "gegen dieses Urteil die Beteiligten Revision beim Bundesfinanzhof einlegen können, und zwar unabhängig von der Höhe des Streitwerts wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Streitsache", so liegt darin in der Regel die Zulassung der Revision im Sinn des § 115 Abs. 1 FGO.
Es dient aber der Rechtsklarheit, wenn das Finanzgericht die besondere Zulassung der Revision im Tenor seiner Entscheidung zum Ausdruck bringt.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 1, 2 Nr. 1, Abs. 3, § 124
Tatbestand
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage des Steuerpflichtigen (Stpfl.) abgewiesen. Der Stpfl. erstrebte, bei den Einkünften aus der Nutzung seines selbstbewohnten Einfamilienhauses bestimmte Schuldzinsen abzusetzen. Der Streitwert betrug 176 DM. Die dem Urteil beigegebene Rechtsmittelbelehrung lautet: "Gegen dieses Urteil können die Beteiligten Revision bei dem Bundesfinanzhof in München einlegen, und zwar unabhängig von der Höhe des Streitwerts wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Ziff. 1 FGO), oder wenn einer der in § 116 FGO genannten zulassungsfreien Revisionsgründe vorliegt."
Entscheidungsgründe
Die Revision des Stpfl. war als unzulässig zu verwerfen.
Die Voraussetzungen des § 115 Abs. 1 FGO liegen zwar vor, obwohl die Streitwertgrenze von 1.000 DM nicht erreicht ist und das FG auch nicht ausdrücklich ausgesprochen hat, daß es die Revision zulasse. Es hat auch nicht in den Gründen des Urteils dargelegt, daß "die Sache grundsätzliche Bedeutung hat". Der Senat hat im Urteil VI 96/64 vom 12. Februar 1965 (HFR 1965, 557) eine solche Bemerkung in den Urteilsgründen als genügend für die Zulassung der Rechtsbeschwerde im Sinne des § 286 Abs. 1 AO a. F. angesehen; er hat aber gleichzeitig ausgesprochen, es diene der Rechtsklarheit, die Zulassung im Tenor des Urteils auszusprechen.
In den Gründen eines Urteils stellt das Gericht die Erwägungen dar, die zu der im Tenor niedergelegten Entscheidung des Gerichts geführt haben. Die Rechtsmittelbelehrung ist in diesem Sinne nicht Teil des Urteils, sondern sie enthält nur die Mitteilung des Gerichts, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Form nach den gesetzlichen Vorschriften ein Rechtsmittel eingelegt werden kann. Hier hat das FG darüber hinaus in der Rechtsmittelbelehrung ausgesprochen, daß die Beteiligten gegen das Urteil unabhängig von der Höhe des Streitwerts wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache Revision einlegen können. Diese Rechtsmittelbelehrung ist aber nur richtig, wenn das FG zuvor die Revision schon zugelassen hat. Ob eine streitige Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, muß das FG in jedem Fall prüfen; es muß, wenn es die Frage bejaht, die Revision aus diesem Grunde zulassen. Der Umstand allein, daß eine Rechtsfrage objektiv von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 115 Abs. 2 Ziff. 1 FGO ist, macht die Revision noch nicht zulässig. Das FG muß vielmehr ausdrücklich die Zulassung der Revision aussprechen. Lehnt das FG einen solchen Ausspruch ab, so können die Beteiligten nach § 115 Abs. 3 FGO die Nichtzulassung mit der Beschwerde anfechten. Erheben sie die Beschwerde nicht innerhalb eines Monats nach der Zustellung des Urteils, so ist die Revision unzulässig, auch wenn die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, weil es an der Zulassung durch das FG oder auf Beschwerde hin durch den BFH fehlt.
Wenn das FG in der Rechtsmittelbelehrung die Zulässigkeit der Revision "unabhängig vom Streitwert wegen der grundsätzlichen Bedeutung" ausgesprochen hat, so wollte es damit offenbar nur die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 1 FGO aussprechen. Der Senat legt jedenfalls die Erklärung des FG dahin aus, daß das FG die Revision zugelassen hat. Das entspricht auch den Grundsätzen des Urteils VI 96/64 (a. a. O.). Es dient aber der Rechtsklarheit, wenn die Finanzgerichte es im Tenor ihrer Entscheidungen zum Ausdruck bringen, wenn sie die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitfrage zulassen wollen.
Die Revision war aber aus einem anderen Grund als unzulässig zu verwerfen. Der BFH muß nach § 124 FGO prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision unzulässig und gemäß § 126 Abs. 1 FGO zu verwerfen. Im Streitfall ist innerhalb der Frist von zwei Monaten seit der Zustellung des Urteils die Revisionsbegründung nicht vorgelegt worden. Die Frist zur Vorlage der Revisionsbegründung war auch nicht verlängert worden.
Fundstellen
Haufe-Index 412551 |
BStBl III 1967, 396 |
BFHE 1967, 361 |
BFHE 88, 361 |