Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablehnung einer Terminsänderung nach Mandatsniederlegung
Leitsatz (NV)
1. Beruft sich ein Beteiligter darauf, er sei verhindert gewesen, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen, zu der sein persönliches Erscheinen nicht angeordnet worden war, und ist er im Verfahren durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten, so erfordert die Darlegung eines Verfahrensmangels wegen Ablehnung eines Verlegungsantrags, dass gegenüber der Vorinstanz substantiierte Gründe vorgetragen wurden, die eine persönliche Anwesenheit des Beteiligten neben dem Prozessbevollmächtigten erfordert hätten.
2. Ein erheblicher Grund für eine Terminsänderung im Sinne des § 227 Abs. 1 ZPO liegt grundsätzlich vor, wenn kurz vor der mündlichen Verhandlung in einer Sache, die in tatsächlicher und/oder rechtlicher Hinsicht nicht einfach ist, der bisherige Prozessbevollmächtigte des Klägers sein Mandat niederlegt, ohne dass den Kläger daran ein Verschulden trifft.
Normenkette
GG Art. 103 Abs. 1; FGO § 96 Abs. 2, § 115 Abs. 2 Nrn. 1-3; ZPO § 227 Abs. 1
Verfahrensgang
FG Köln (Urteil vom 17.12.2008; Aktenzeichen 10 K 1210/08) |
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Rüge der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), das angefochtene Urteil leide an einem Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO), weil das Finanzgericht (FG) durch Ablehnung ihres Antrags auf Verlegung des Termins der mündlichen Verhandlung ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) verletzt habe, greift nicht durch.
a) Nach § 227 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 155 FGO kann das Gericht aus erheblichen Gründen --auf Antrag oder von Amts wegen-- u.a. einen Termin zur mündlichen Verhandlung aufheben oder verlegen. Liegen erhebliche Gründe für eine Terminänderung vor, so verdichtet sich die in dieser Vorschrift grundsätzlich eingeräumte Ermessensfreiheit des Gerichts zu einer Rechtspflicht. Der Termin muss in diesem Fall grundsätzlich zur Gewährung rechtlichen Gehörs aufgehoben, verlegt oder die Verhandlung vertagt werden, selbst wenn das Gericht die Sache für entscheidungsreif hält und die Erledigung des Rechtsstreits durch die Terminänderung verzögert würde. Welche Gründe i.S. von § 227 Abs. 1 ZPO als erheblich anzusehen sind, richtet sich nach den Verhältnissen des Einzelfalles. Dabei sind sowohl der Prozessstoff und die persönlichen Verhältnisse der betroffenen Beteiligten und ihrer Prozessbevollmächtigten als auch die Gesichtspunkte zu berücksichtigen, dass im finanzgerichtlichen Verfahren nur eine Tatsacheninstanz besteht und die Beteiligten ein Recht darauf haben, ihre Sache in mündlicher Verhandlung vorzutragen.
Ein erheblicher Grund in diesem Sinne liegt grundsätzlich vor, wenn kurz vor der mündlichen Verhandlung in einer Sache, die in tatsächlicher und/oder rechtlicher Hinsicht nicht einfach ist, der bisherige Prozessbevollmächtigte des Klägers sein Mandat niederlegt, ohne dass den Kläger daran ein Verschulden trifft (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18. August 2003 X S 5/03 (PKH), BFH/NV 2004, 66, m.w.N.).
b) Bei Anlegung dieser Maßstäbe war eine Aufhebung oder Änderung des Termins zur mündlichen Verhandlung nicht mit Blick auf den kurzfristig angezeigten ärztlichen Nachbehandlungstermin des Klägers erforderlich. Beruft sich ein Beteiligter darauf, er sei verhindert gewesen, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen, zu der sein persönliches Erscheinen nicht angeordnet worden war, und ist er im Verfahren durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten, so erfordert die Darlegung eines Verfahrensmangels wegen Ablehnung eines Verlegungsantrags, dass gegenüber der Vorinstanz substantiierte Gründe vorgetragen wurden, die eine persönliche Anwesenheit des Beteiligten neben dem Prozessbevollmächtigten erfordert hätten (BFH-Beschluss vom 25. Januar 2006 X B 125/05, BFH/NV 2006, 806, m.w.N.). Hieran fehlt es im Streitfall; der bloße Hinweis des Prozessbevollmächtigten im Antrag auf Verlegung des Termins, die Anwesenheit des Klägers werde "für erforderlich" gehalten, erfüllt diese Voraussetzung nicht. Auch ist nicht hinreichend dargelegt, weshalb dem --erst sieben Tage vor der mündlichen Verhandlung und mithin einen Monat nach Ergehen der Terminsladung vereinbarten-- ärztlichen Nachbehandlungstermin der Vorrang gegenüber dem Termin bei dem FG einzuräumen gewesen wäre und aus welchen --konkreten-- Gründen die Terminsüberlagerung nicht zu beseitigen war.
Darüber hinaus haben die Kläger in ihrer Beschwerdebegründung keine ausreichenden Tatsachen dargelegt, bei deren Vorliegen ein erheblicher Grund für eine Aufhebung oder Verlegung des Termins nach der --am Tag vor der mündlichen Verhandlung erfolgten-- Niederlegung des Mandats durch den Prozessbevollmächtigten bestanden hätte. Unbeschadet von Hinweisen auf eine --die Ablehnung einer Terminsverlegung rechtfertigende-- Absicht der Prozessverschleppung kann den Angaben der Kläger nicht hinreichend entnommen werden, dass der Prozessbevollmächtigte --der ein Bruder des Klägers ist-- das Mandat niedergelegt hat, ohne dass die Kläger hieran ein Verschulden getroffen hätte. Auf die Frage, ob es sich um eine in tatsächlicher und/oder rechtlicher Hinsicht nicht einfache Sache gehandelt hat, kommt es danach nicht mehr an.
2. Die weiteren, von den Klägern geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und der Fortbildung des Rechts sowie der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. und 2. Alternative FGO) liegen nicht vor. Von einer weiter gehenden Begründung wird insoweit gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.
Fundstellen
Haufe-Index 2188125 |
BFH/NV 2009, 1453 |