Entscheidungsstichwort (Thema)
Geltendmachung von Steuererstattungsansprüchen durch Auslandslehrer
Leitsatz (NV)
1. Die Geltendmachung der Erstattung einbehaltener Lohnsteuer durch den Arbeitnehmer ist als Antrag auf Erlaß eines Freistellungsbescheides (rückwirkende Freistellung vom Lohnsteuerabzug) zu verstehen.
2. Für den Erlaß eines entsprechenden Freistellungsbescheides gelten §§ 155 ff. AO 1977.
3. Der Erlaß eines Freistellungsbescheides ist nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist (§ 169 Abs. 1 Satz 1 AO 1977).
4. Der fristgerecht gestellte Antrag auf Zusammenveranlagung als unbeschränkt Steuerpflichtige und der Antrag auf Erlaß eines Freistellungsbescheides sind zwei verschiedene Verfahren.
Normenkette
AO 1977 § 155 ff., §§ 169, 171 Abs. 3
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet. Sie war deshalb zurückzuweisen.
Die Rechtsfrage, deren grundsätzliche Bedeutung die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geltend machen, ist entscheidungsunerheblich. Über sie würde der erkennende Senat in einem gedachten Revisionsverfahren nicht entscheiden.
Der von den Klägern geltend gemachte Erstattungsanspruch ist rechtlich gesehen ein Antrag auf Erlaß eines Freistellungsbescheides (vgl. Beschluß des Großen Senats des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 21. Oktober 1985 GrS 2/84, BFHE 145, 147, BStBl II 1986, 207). Der Antrag ist nicht auf die Festsetzung einer Jahressteuer, sondern auf die rückwirkende Freistellung von einem Quellensteuerabzug und die Ermittlung eines sich daraus ergebenden Erstattungsbetrages gerichtet (vgl. BFH-Beschluß vom 1. Dezember 1967 VI B 72/67, BFHE 91, 138, BStBl II 1968, 287). Für den entsprechenden Bescheid gelten die §§ 155 ff. der Abgabenordnung -- AO 1977 -- (vgl. BTDrucks VI/1982 S. 145). Sein Erlaß ist nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist (§ 169 Abs. 1 Satz 1 AO 1977). Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO 1977). Sie beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Erstattungsanspruch entstanden ist (§ 170 Abs. 1 AO 1977). Im Streitfall ist der geltend gemachte Steuererstattungsanspruch ggf. mit der Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer durch das Bundesverwaltungsamt im Jahre 1984 entstanden. Deshalb lief die Festsetzungsfrist normalerweise mit dem 31. Dezember 1988 ab. Der Fristablauf wäre allerdings gemäß § 171 Abs. 3 AO 1977 gehemmt gewesen, wenn die Kläger bis zum 31. Dezember 1988 einschließlich einen Erstattungsantrag beim Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt) geltend gemacht hätten. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die Kläger stellten den Antrag erst nach Zustellung des BFH-Urteils vom 4. Dezember 1991 I R 38/91 (BFHE 167, 39, BStBl II 1992, 548). Sie können sich auch nicht darauf berufen, "fristgerecht" die Zusammenveranlagung als unbeschränkt Steuerpflichtige beantragt zu haben. Die entsprechende Zusammenveranlagung und der Antrag auf Erlaß eines Freistellungsbescheides sind verschiedene Verfahren. Die Fristwahrung in dem einen Verfahren bedeutet nicht zugleich eine solche in dem anderen. Die Kläger waren gehalten, bis zum 31. Dezember 1988 zumindest vorsorglich einen fristwahrenden Erstattungsantrag zu stellen.
Ist aber die Festsetzungsfrist mit dem 31. Dezember 1988 abgelaufen, so ist es den Finanzgerichten untersagt, materiell-rechtlich über das Erstattungsbegehren zu entscheiden.
Der Senat sieht in entsprechender Anwendung des Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs von der Wiedergabe des Tatbestandes ab.
Fundstellen
Haufe-Index 423507 |
BFH/NV 1996, 377 |