Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerpflicht von Bauleistungen im Rahmen eines Bauherrenmodells
Leitsatz (NV)
1. Zur Vorlage des Vordrucks über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Prozeßkostenhilfeverfahren.
2. Bauleistungen zur Errichtung von Eigentumswohnungen im Rahmen eines Bauherrenmodells sind nicht nach § 4 Nr. 9 a UStG steuerfrei.
Normenkette
FGO § 142 Abs. 1; ZPO § 114 Abs. 1, § 117 Abs. 2, 4; UStG 1973 § 4 Nr. 9a, § 14 Abs. 2 S. 2, § 17 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Bau GmbH (GmbH) war in den Kalenderjahren 1973 und 1974 Organgesellschaft der Klägerin, Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin), einer KG. Die GmbH stellte in diesen Jahren Rechnungen mit gesonderter Umsatzsteuer von insgesamt 698 789 DM über Bauleistungen zur Herstellung von Eigentumswohnungen aus. Im Jahr 1984 berichtigte die GmbH ihre Rechnungen und wies keine Umsatzsteuer mehr gesondert aus. Sie meinte, die berechneten Umsätze seien nach § 4 Nr. 9 a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1967/1973 steuerfrei. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) erkannte die Rechnungsberichtigung (§ 14 Abs. 2 i.V.m. § 17 Abs. 1 UStG 1980) in dem Umsatzsteuerbescheid gegen die Antragstellerin für 1984 vom 24. März 1986 und auch in der gegen sie ergangenen Einspruchsentscheidung vom 3. Juli 1986 nicht an. Dagegen hat die Antragstellerin Klage erhoben (FG V 530/86). Sie hat gleichzeitig einen Antrag beim Finanzgericht (FG) auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe für das Klageverfahren gestellt und gebeten, ihr die Steuerberatungsgesellschaft C, als Prozeßbevollmächtigte beizuordnen. Auf Anregung der Antragstellerin hat das FG zunächst nur über den Prozeßkostenhilfeantrag entschieden.
Es hat den Antrag auf Prozeßkostenhilfe durch Beschluß vom 27. Februar 1987 V 8/86 S abgelehnt, weil die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete.
Dagegen hat die Antragstellerin - vertreten durch ihren Prozeßbevollmächtigten - Beschwerde eingelegt.
Zur Begründung macht sie u. a. geltend, mit verbösernden Umsatzsteuerbescheiden vom 1. Februar 1984 für die Jahre 1973 und 1974 habe das FA ihr ,,den auf diese Objekte entfallenden Vorsteuerabzug" verwehrt. Es habe angenommen, daß bei der Veräußerung der Eigentumswohnungen ein auch die Bauleistungen einschließender grunderwerbsteuerpflichtiger Vorgang verwirklicht worden sei und daß es sich dabei um nach § 4 Nr. 9 a UStG steuerfreie Umsätze handele. Erst aufgrund dieser steuerlichen Behandlung durch das FA seien die Rechnungen für die Bauleistungen der GmbH berichtigt worden. Der angegriffene Beschluß des FG trage diesen Umständen keine Rechnung. Zur weiteren Begründung nimmt die Antragstellerin auf Kaufverträge Bezug, nach denen der Bauunternehmer S, der Liquidator der Antragstellerin, dem jeweiligen Vertragspartner ein Wohnungserbbaurecht verkauft und die GmbH sich diesem Erwerber gegenüber verpflichtet hat, die Wohnung entsprechend dem Ausstattungsverzeichnis zu erstellen.
Die Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet.
Entscheidungsgründe
a) . . .
b) Sie hat innerhalb der Beschwerdefrist keine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck (§ 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 117 Abs. 2 ZPO) abgegeben (vgl. BFH-Beschluß vom 5. November 1986 IV S 7/86, IV B 49/86, BFHE 148, 13, BStBl II 1987, 62). Die Antragstellerin hat diese Erklärung nur im Prozeßkostenhilfeverfahren vor dem FG abgegeben. Das reicht aber nicht aus, weil Prozeßkostenhilfe für jeden Rechtszug besonders gewährt wird (Beschluß in BFHE 148, 13, BStBl II 1987, 62). Auf eine erneute Erklärung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf einem amtlichen Vordruck kann nur verzichtet werden, wenn die Antragstellerin innerhalb der Rechtsmittelfrist unter Bezugnahme auf ihre frühere Erklärung versichert hätte, daß sich die Verhältnisse nicht geändert haben (vgl. Beschluß in BFHE 148, 13, BStBl II 1987, 62; Beschluß des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 16. März 1983 IV b ZB 73/83, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Finanzgerichtsordnung, § 142, Rechtsspruch 32). Auch dies ist nicht geschehen.
Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 Abs. 1 FGO) wegen Versäumung der Frist zur rechtzeitigen Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 142 FGO i.V.m. § 117 Abs. 2 ZPO) bzw. einer gleichrangigen Versicherung über den Fortbestand bereits abgegebener Erklärungen hat die durch einen Steuerberater als Prozeßbevollmächtigten vertretene Antragstellerin weder vorgetragen noch sind sie ersichtlich. Entsprechende Hinweise brauchte die dem angefochtenen Beschluß des FG beigefügte Rechtsmittelbelehrung nicht zu enthalten (BVerfG-Beschluß vom 14. Juni 1983 1 BvR 277/83, StRK, Finanzgerichtsordnung, § 142, Rechtsspruch 33).
c) Schließlich bleibt die Beschwerde auch erfolglos, weil es an den Erfolgsaussichten des beabsichtigten Klageverfahrens fehlt. Die Voraussetzungen für eine Rechnungsberichtigung (§ 14 Abs. 2 Satz 2, § 17 Abs. 1 UStG 1967/1973/1980) liegen nicht vor, weil die von der Antragstellerin durch ihre Organgesellschaft ausgeführten Umsätze durch Bauleistungen nicht nach § 4 Nr. 9 a UStG 1967/1973 steuerbefreit sind. Das ist auch dann nicht der Fall, wenn die Bauleistungen neben Leistungen anderer Unternehmer (im Streitfall der Übertragung des Wohnungserbbaurechts durch einen nicht an der Organschaft beteiligten Unternehmer) für eine im Rahmen eines Bauherrenmodells errichtete Eigentumswohnung bewirkt worden sind. Der Senat nimmt zur Begründung auf seinen Beschluß vom 30. Oktober 1986 V B 44/86 (BFHE 148, 80, BStBl II 1987, 145) Bezug.
Ob und wie das FA seine davon abweichende Beurteilung in den Steuerbescheiden für 1973 und 1974 vom 1. Februar 1984 korrigieren muß, ist nicht Gegenstand der beabsichtigten Rechtsverfolgung, die nur die Rechtmäßigkeit des Umsatzsteuerbescheids für 1984 betrifft.
Fundstellen
BFH/NV 1988, 537 |
BStBl II 1988, 198 |
BFHE 151, 338 |
BFHE 1988, 338 |