Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert bei Prüfungsanordnung
Leitsatz (NV)
Für die Ermittlung des Streitwerts steht der Streit um die Rechtmäßigkeit einer Prüfungsanordnung dem Streit um die Wiederholung einer Außenprüfung gleich.
Für die Berechnung des Streitwerts kommt es nur auf das steuerliche Ergebnis der Außenprüfung an; außersteuerliches Interesse des Steuerpflichtigen an der Außenprüfung bleibt unberücksichtigt.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 1; BFHEntlG Art. 1 Nr. 5; ZPO §§ 2-3; GKG § 13
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war neben der GmbH Gesellschafter der GbR. Durch Beschluß der Gesellschafterversammlung vom 9. Oktober 1974 wurde der Kläger aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Das angerufene Schiedsgericht entschied - bestätigt durch Urteile des Landgerichts, Oberlandesgerichts und Bundesgerichtshofs -, daß er mit Wirkung vom 12. Oktober 1974 aus der GbR ausgeschieden sei.
Am 18. November 1980 ordnete der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) bei der GbR eine Außenprüfung für den Zeitraum 1974 bis 1979 und am 4. Januar 1982 für das Jahr 1980 an. Die Prüfungsanordnung wurde nur an die GmbH gesandt.
Am 12. November 1981 beantragte der Kläger, ihn zu der Außenprüfung hinzuzuziehen, weil er noch Gesellschafter der GbR, zumindest aber der GbR i. L. sei.
Das FA lehnte dies ab. Allerdings könne der Kläger an der Außenprüfung teilnehmen, soweit der Zeitraum vom 1. Januar bis 12. Oktober 1974 und ein Aufgabegewinn betroffen seien. Im übrigen könne er an der Schlußbesprechung teilnehmen. Das FA händigte dem Kläger nach Abschluß der Außenprüfung eine Zusammenstellung der Prüfungsergebnisse aus, soweit sie ihn persönlich betrafen.
Nach erfolgloser Beschwerde erhob der Kläger Klage, die das Finanzgericht (FG) als unbegründet abwies. Gegen das Urteil des FG legte der Kläger Revision ein und gegen die Nichtzulassung der Revision Beschwerde, der das FG nicht abgeholfen hat. Der Senat hat die Beschwerde durch Entscheidung vom heutigen Tage zurückgewiesen.
Die Revision begründet der Kläger wie folgt:
Sie sei zulässig, denn der Streitwert betrage 50 000 DM.
Im übrigen rügt der Kläger Verletzung der §§ 96 Abs. 1 Satz 1, 76 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO), § 730 Abs. 2 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und §§ 33 Abs. 1 Satz 1, 34 Abs. 2 Satz 1, 197 Abs. 1 Satz 1 und 199 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977).
Der Kläger beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung, der ablehnenden Verfügung vom 18. Januar 1982 und der Beschwerdeentscheidung vom 27. Mai 1982 das FA zu verpflichten, die Außenprüfung bei der GbR zu wiederholen und den Kläger daran teilnehmen zu lassen.
Das FA beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig.
Der Wert des Streitgegenstandes übersteigt nicht 10 000 DM (§ 115 Abs. 1 FGO i. V. m. Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs - BFHEntlG - i. d. F. bis 15. Juli 1985), die Revision ist nicht zugelassen (§ 115 Abs. 1 FGO) und die Voraussetzungen einer zulassungsfreien Revision (§ 116 FGO) sind ebenfalls nicht gegeben.
Zu Unrecht geht der Kläger davon aus, der Streitwert betrage 50 000 DM. Der Streitwert übersteigt nicht 4 000 DM (§ 155 FGO i. V. m. § 3 der Zivilprozeßordnung - ZPO - und § 13 Abs. 1 Satz 2 des Gerichtskostengesetzes - GKG -). Bei Streit über die Rechtmäßigkeit einer Prüfungsanordnung ist der Streitwert regelmäßig auf 50 v. H. der mutmaßlich zu erwartenden Mehrsteuern (oder Steuerminderungen) anzusetzen. Der Fall, daß ein Steuerpflichtiger die Wiederholung einer Außenprüfung und seine Teilnahme daran begehrt, zählt auch zu derartigen Streitigkeiten. Da im Streitfall jedoch keinerlei Anhaltspunkte dafür gegeben sind, welches steuerliche Ergebnis die begehrte Außenprüfung haben soll oder welche Bedeutung die Sache für den Kläger nach dem Klageantrag hat, war ein Streitwert von 4 000 DM anzunehmen (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 4. Oktober 1984 VIII R 111/84, BFHE 142, 542, BStBl II 1985, 257; vom 6. November 1985 IV R 111/85, nicht veröffentlicht). Das Urteil des FG und die Akten enthalten keinerlei Angaben über das zu erwartende Ergebnis der Außenprüfung. In dem dem Kläger zugesandten Vermerk des FA sind zwar laufende Gewinnanteile und Veräußerungsgewinne ermittelt. Es ist aber nicht erkennbar, inwiefern es sich um Erhöhungen oder Minderungen handelt oder inwieweit die Ergebnisse der Außenprüfung vom Kläger bestritten werden.
Es mag zwar sein, daß das Interesse des Klägers höher ist, wenn außersteuerliche Gesichtspunkte miteinbezogen werden; sie spielen aber in diesem Zusammenhang keine Rolle (vgl. BFH-Beschluß vom 6. November 1985 IV R 111/85, nicht veröffentlicht). So muß bei der Ermittlung des Streitwerts unberücksichtigt bleiben, daß der Kläger die Klage zunächst auch mit dem Argument betrieb, er sei noch Gesellschafter der GbR. Diese Frage kann nach dem Abschluß des zivilrechtlichen Streits nicht mehr Gegenstand der Außenprüfung sein; danach muß die Finanzverwaltung davon ausgehen, daß der Kläger seit dem 12. Oktober 1974 aus der GbR ausgeschieden ist (vgl. Kühn / Kutter / Hofmann, Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, 15. Aufl., § 88 AO 1977 Anm. 4; Tipke / Kruse, Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, 12. Aufl., § 88 AO 1977 Rdnr. 12; Hübschmann / Hepp / Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 88 AO 1977 Rdnr. 25 ff.).
Fundstellen
Haufe-Index 415031 |
BFH/NV 1988, 456 |