Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Erinnerung gegen Kostenentscheidung und Streitwertfestsetzung
Leitsatz (NV)
1. Die Erinnerung ist kein statthaftes Rechtsmittel gegen die Kostenentscheidung und die Streitwertfestsetzung.
2. Eine beim Bundesverfassungsgericht anhängige Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluß wegen Richterablehnung, in dem die Kostenentscheidung getroffen worden ist, macht die aufgrund der Kostenentscheidung ergangene Kostenrechnung nicht rechtswidrig.
3. Die Beschwerde gegen den ein Ablehnungsgesuch zurückweisenden Beschluß des FG ist ein Rechtsmittel i. S. des Kostenrechts und führt aufgrund der in der Beschwerdeentscheidung getroffenen Entscheidung über die Kosten und die Festsetzung des Streitwerts zum Ansatz der Kosten gegen den Kostenschuldner.
4. Bei verbundenen Beschwerdeverfahren ist für jedes der miteinander verbundenen Beschwerdeverfahren unter Zugrundelegung des Streitwerts für das jeweilige Beschwerdeverfahren die Gebühr nach dem Kostenverzeichnis anzusetzen.
5. Über einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Kostenentscheidung ist nicht mehr zu entscheiden, wenn bereits endgültig über die Erinnerung entschieden worden ist.
6. Über Erlaß, Niederschlagung oder Stundung der Kosten ist im Erinnerungsverfahren nicht zu entscheiden.
Normenkette
GKG § 4 Abs. 1, §§ 5, 25 Abs. 2, 3 S. 2, § 63 Abs. 1; FGO § 145
Tatbestand
Das Finanzgericht (FG) hat das Befangenheitsgesuch des Kostenschuldners und Er innerungsführers (Kostenschuldner) vom 18. Mai 1995 gegen die Richter des Senats durch Beschluß vom 15. Juni 1995 abgelehnt. Durch einen weiteren Beschluß vom 2. Oktober 1995 wies es auch das erneute Ablehnungsgesuch vom 23. August 1995 ab. Die hiergegen erhobenen Beschwerden hat der Bundesfinanzhof (BFH) nach Verbindung zur gemeinsamen Entscheidung als unbegründet zurückgewiesen. Er hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Kostenschuldner auferlegt und den Streitwert auf (insgesamt) 71 283 DM festgesetzt.
Daraufhin hat die Kostenstelle des BFH die zu entrichtenden Gerichtskosten mit Kostenrechnung vom ... mit 1130 DM angesetzt. Dabei hat sie für die beiden verbundenen Beschwerdeverfahren jeweils gesondert einen Streitwert von 35 641 DM und auf dieser Grundlage jeweils eine 1/1-Gebühr von 565 DM (insgesamt 1130 DM) berechnet.
Dagegen wendet sich der Kostenschuldner mit der Erinnerung. Zur Begründung trägt er vor, in der Hauptsache sei das Rechtsmittel der Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anhängig. Außerdem sei ein Rechtsanwalt beauftragt worden, Klage beim Bundesgerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) einzulegen. Zur weiteren Begründung werde vollinhaltlich auf den Inhalt der Verfassungsbeschwerde Bezug genommen. Die Erhebung einer gesonderten Gebühr sei unzulässig. Die Beschwerde innerhalb eines Prozesses sei ein Verfahrens bestandteil und könnte nicht gesondert ab gerechnet werden. Gebühren für Verfahrenshandlungen seien mit der Verfahrensgebühr abgegolten. Es werde beantragt, den Vollzug der Kostenrechnung auszusetzen, bis eine Entscheidung des BVerfG vorliege. Außerdem sei der Kostenschuldner überschuldet, es werde deshalb notfalls eine Stundungsvereinbarung unter Zusammenfassung sämtlicher Kostenrechnungen mit einer Tilgungsleistung von monatlich 500 DM erbeten.
Entscheidungsgründe
Die Erinnerung kann keinen Erfolg haben. Sie ist unzulässig, soweit sich der Kostenschuldner mit ihr gegen die Kostenentscheidung und die Festsetzung des Streitwerts in dem Beschluß des BFH vom ... wendet. Soweit sie sich auf den Gebührensatz bezieht, ist sie unbegründet.
1. Die nach §5 des Gerichtskostengesetzes (GKG) eingelegte Erinnerung ist kein statthaftes Rechtsmittel gegen die durch den Beschluß des BFH vom ... getroffene Kostenentscheidung und Streitwertfestsetzung. Die Kostenentscheidung kann gemäß §145 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nur gemeinsam mit der Hauptsache angefochten werden. Gegen die Entscheidung in der Hauptsache durch den genannten Beschluß ist aber kein Rechtsmittel mehr gegeben. Die Verfassungsbeschwerde ist kein Rechtsmittel im Sinne der FGO. Deshalb kann der Kostenschuldner im Erinnerungsverfahren nicht mehr mit Einwendungen gegen die durch den dem Kostenansatz zugrundeliegenden Beschluß getroffene rechtskräftige Kostenentscheidung gehört werden (vgl. BFH-Beschluß vom 12. März 1996 VII E 1/96, BFH/NV 1996, 632). Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwerts in dem genannten Beschluß kann ebenfalls nicht mehr angefochten werden, weil nach §25 Abs. 3 Satz 2 GKG die Beschwerde gegen den Streitwertbeschluß ausgeschlossen ist, wenn er wie im Streitfall durch das Rechtsmittelgericht erlassen worden ist.
2. Die Kostenrechnung wäre auch nicht rechtswidrig, wenn in der Hauptsache eine Verfassungsbeschwerde beim BVerfG anhängig wäre. Sollte dies der Fall sein, so hat dies jedenfalls keinen Einfluß auf die in den Beschwerdeverfahren wegen der abgelehnten Gesuche auf Richterablehnung ergangene Entscheidung, weil diese von der in der Hauptsache ergangenen Entscheidung unabhängig ist. Auch wenn sich die Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen die dem Kostenansatz zugrundeliegende Entscheidung des BFH richten würde, hätte dies keinen Einfluß auf die Rechtmäßigkeit der Kostenrechnung. Denn dem GKG ist zu entnehmen, daß die Gerichtskosten nach §4 Abs. 1 GKG angesetzt werden dürfen, wenn der ihnen zugrundeliegende Gebührentatbestand verwirklicht ist und die Gebühren fällig sind. Eine entstandene Gebühr wird im finanzgerichtlichen Verfahren nach §63 Abs. 1 GKG u. a. fällig, sobald eine unbedingte Entscheidung über die Kosten ergeht. Für die Frage, ob eine unbedingte Entscheidung im Sinne dieser Vorschrift vorliegt, ist die Einlegung einer Verfassungsbeschwerde ohne Bedeutung, weil sie den Bestand und die Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung, gegen die sie gerichtet ist, nicht berührt. Sie ist insbesondere kein den Eintritt der Rechtskraft hinderndes Rechtsmittel und hat keine aufschiebende Wirkung (vgl. BFH-Beschlüsse vom 4. Juli 1986 VII E 4/85, BFH/NV 1986, 693, und vom 11. August 1988 VII E 2/88, BFH/NV 1989, 250).
3. Schließlich greifen die Einwendungen des Kostenschuldners, die sich gegen die Erhebung der Gerichtskosten richten, weil die Entscheidung über die Richterablehnung Teil eines einheitlichen Verfahrens sei, nicht durch. Die Beschwerde gegen den ein Ablehnungsgesuch zurückweisenden Beschluß des FG ist ein in §128 Abs. 1 FGO vorgesehenes Rechtsmittel und damit auch ein Rechtsmittel im Sinne des Kostenrechts. Aufgrund der im Beschluß des BFH vom ... gemäß §135 Abs. 2 FGO gegen den Kostenschuldner ergangenen Kostenentscheidung und der gleichzeitig gemäß §25 Abs. 2 GKG erfolgten Festsetzung des Streitwerts hat die Kostenstelle demnach die von dem Kostenschuldner zu tragenden Gerichtskosten gemäß §4 Abs. 1 Nr. 2 GKG mit Recht angesetzt.
4. Anhaltspunkte dafür, daß die Kostenrechnung unrichtig ist, bestehen nicht. In der Kostenrechnung sind zu Recht für jedes der miteinander verbundenen Beschwerdeverfahren unter Zugrundelegung des Streitwerts für das jeweilige Beschwerdeverfahren nach der maßgebenden Kostenverzeichnis-Nummer 3402 (Anlage 1 zu §11 GKG) je eine 1/1-Gebühr angesetzt worden. Da die Gebühr für das Beschwerdeverfahren bereits mit dem Eingang der Beschwerde bei Gericht entsteht (vgl. BFH-Beschluß in BFH/NV 1986, 693), ist sie im Streitfall trotz der späteren Verbindung beider Beschwerdeverfahren durch den BFH für jedes der Verfahren gesondert entstanden und deshalb auch besonders anzusetzen.
5. Über den Antrag, die aufschiebende Wirkung der Kostenrechnung anzuordnen (§5 Abs. 4 Satz 4 GKG), braucht der Senat nicht mehr zu entscheiden, weil er endgültig über die Erinnerung entschieden hat und deshalb die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Erinnerung nicht mehr in Betracht kommt.
6. Über die Frage, ob die Kosten erlassen, niedergeschlagen oder gestundet werden können, weil der Kostenschuldner -- wie er angibt -- überschuldet sei, ist aufgrund der Erinnerung nicht zu entscheiden.
7. Das Verfahren der Erinnerung ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§5 Abs. 6 GKG).
Fundstellen
Haufe-Index 66796 |
BFH/NV 1998, 75 |