Entscheidungsstichwort (Thema)
Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung gegen einen Einkommensteuer(folge)bescheid
Leitsatz (NV)
Für den Fall der vorläufigen Rechtsschutzgewährung gegen einen Grundlagenbescheid durch Aussetzung der Vollziehung muß dieser Weg auch hinsichtlich des Einkommensteuer(folge)bescheides gewählt werden.
Der Erlaß einer einstweiligen Anordnung gegen den Einkommensteuer(folge)bescheid kommt nur in Betracht, wenn zuvor auf die gleiche Weise (nach § 114 FGO) hinsichtlich des Grundlagenbescheides vorläufiger Rechtsschutz gewährt worden ist, das Finanzamt es aber ablehnt, den Einkommensteuer(folge)bescheid in sinngemäßer Anwendung des § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 zu ändern.
Normenkette
FGO § 69 Abs. 3, § 114; AO 1977 § 175 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) hatte es abgelehnt, für die A-GmbH (GmbH), an der der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) als atypisch stiller Gesellschafter beteiligt war, einheitliche Gewinn- oder Verlustfeststellungsbescheide 1980 und 1981 zu erlassen. Dementsprechend hatte das FA auch die vom Antragsteller aus dieser Beteiligung erklärten Verluste aus Gewerbebetrieb bei der Einkommensteuerveranlagung für die Jahre 1980 und 1981 nicht berücksichtigt.
Während des gegen die betreffenden Einkommensteuerbescheide geführten Einspruchsverfahrens hob das FA die zunächst gewährte Aussetzung der Vollziehung des Bescheides für 1980 wieder auf und lehnte die begehrte Aussetzung der Vollziehung des Bescheides für 1981 ab.
Daraufhin stellte der Antragsteller beim Finanzgericht (FG) einen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung. Er war der Auffassung, Rechtsschutz ,,bezüglich der strittigen Einkommensteuer für die Kalenderjahre 1980 und 1981" sei nur auf diesem Wege möglich.
Das FG lehnte den Antrag als unzulässig ab. Es ging davon aus, der Antragsteller hätte zunächst gegen die Ablehnung des Erlasses der Feststellungsbescheide für die GmbH vorgehen und in diesem Verfahren dann auch um vorläufigen Rechtsschutz nachsuchen müssen.
Der hiergegen erhobenen Beschwerde, die der Antragsteller nicht begründet hat, half das FG nicht ab.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Das FG hat den Antrag des Antragstellers auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung zu Recht als unzulässig abgelehnt.
1. Der von dem steuerlichen Berater des Antragstellers, einem Steuerberater, gestellte Antrag betraf nach Auffassung des Senats zweifelsfrei die Einkommensteuerbescheide des Antragstellers und nicht etwa die gegenüber der GmbH ergangenen sog. negativen Feststellungsbescheide. Dies ergibt sich - wie auch das FG ausgeführt hat - eindeutig aus dem Antragsschreiben vom 3. Oktober 1983.
2. Um das letztlich angestrebte Ergebnis zu erreichen, hätte der Antragsteller jedoch zunächst gegen die die GmbH betreffenden Bescheide vorgehen und in jenem Verfahren auch vorläufigen Rechtsschutz suchen müssen. Ob dazu ein Antrag nach § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V. mit Abs. 2 Satz 2 dieser Vorschrift (auf Aussetzung der Vollziehung) oder ein solcher nach § 114 FGO (auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung) erforderlich gewesen wäre, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Er verweist insoweit auf den Vorlagebeschluß an den Großen Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 17. Januar 1985 IV B 65/84 (BFHE 143, 10, BStBl II 1985, 299).
Gegen die Einkommensteuerbescheide 1980 und 1981 konnte der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz jedenfalls nicht nach § 114 FGO beantragen.
Er hätte vielmehr für den Fall der Rechtsschutzgewährung gegen die - gegenüber der GmbH ergangenen - Grundlagenbescheide durch Aussetzung der Vollziehung diesen Weg auch hinsichtlich der Einkommensteuer(folge)bescheide wählen müssen. Wenn die Möglichkeit der Aussetzung der Vollziehung (hier nach § 361 Abs. 3 Satz 1 der Abgabenordnung - AO 1977 -, § 69 Abs. 2 Satz 4 FGO) besteht, fehlt für einen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung das Rechtsschutzbedürfnis (§ 114 Abs. 5 FGO; s. auch den BFH-Beschluß vom 11. Januar 1984 II B 35/83, BFHE 139, 508, BStBl II 1984, 210). Der Antragsteller hätte sich im Falle einer Weigerung des FA, die Vollziehung auszusetzen, dann mit dem gleichen Begehren auch an das FG wenden können (BFH-Beschluß vom 8. Juli 1982 IV B 6/82, BFHE 136, 190, BStBl II 1982, 660).
Wäre hinsichtlich der Grundlagenbescheide vorläufiger Rechtsschutz hingegen nach § 114 FGO gewährt worden, hätte der Antragsteller beim FA gegebenenfalls auf eine Änderung der Einkommensteuerbescheide in sinngemäßer Anwendung des § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 drängen müssen (vgl. hierzu BFH-Beschluß vom 10. August 1978 IV B 41/77, BFHE 125, 356, 361, BStBl II 1978, 584, 587, Abschn. II Nr. 4 a der Entscheidungsgründe). Erst nach der Weigerung des FA, einem solchen Antrag auf Bescheidänderung zu entsprechen, wäre Platz für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 114 FGO gewesen.
3. Da aber der Antragsteller seinen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung ungeachtet dieser Voraussetzungen gestellt hatte, war auch seine Beschwerde mit der Kostenfolge des § 135 Abs. 2 FGO als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 414316 |
BFH/NV 1986, 476 |