Entscheidungsstichwort (Thema)
Liebhaberei bei Vercharterung zweier Yachten
Leitsatz (NV)
- Die Vercharterung zweier Yachten begründet ‐ Einkünfteerzielung vorausgesetzt ‐ im Regelfall keinen Gewerbebetrieb, sondern ist Vermögensverwaltung.
- Zur Bedeutung des Gegensatzes von Anlaufverlusten und strukturell bedingten Verlusten für die Annahme einer Liebhaberei.
- Die auf mehrere Indizien gestützte Feststellung des FG, der Kläger habe als passionierter Wassersportler zwei Segelyachten aus im Bereich der persönlichen Lebensführung liegenden privaten Motiven unterhalten, ist das Ergebnis einer tatrichterlichen Beweiswürdigung.
Normenkette
EStG § 2 Abs. 1, § 4 Abs. 1, § 12 Nr. 1, § 15 Abs. 2, § 21 Abs. 1; FGO §§ 96, 115 Abs. 2 Nrn. 2-3, Abs. 3 S. 3, § 118 Abs. 2, § 155; ZPO § 295
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Teils sind die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht in der erforderlichen Weise dargelegt worden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―), teils liegen sie nicht vor. Das Vorbringen in dem nach Ablauf der Beschwerdefrist eingereichten Schriftsatz vom 1. Februar 2000 kann nur insoweit berücksichtigt werden, als es den rechtzeitigen Vortrag erläutert und vervollständigt (ständige Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes; vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 29. April 1999 VII B 253/98, BFH/NV 1999, 1481).
1. Vorab bemerkt der Senat, dass er bei der Entscheidung über die Divergenzrügen in materiell-rechtlicher Hinsicht davon ausgeht, dass die Vercharterung von zwei Yachten grundsätzlich keinen Gewerbebetrieb begründet und auch im Streitfall zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung führt (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes ―EStG―; vgl. BFH-Urteil vom 18. Mai 1999 III R 65/97, BFHE 188, 490, BStBl II 1999, 619). Die Vermietung einzelner beweglicher Gegenstände mag zwar grundsätzlich die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 EStG erfüllen, geht aber in der Regel nicht über den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung hinaus (vgl. BFH-Urteil vom 28. Juni 1984 IV R 150/82, BFHE 141, 330, BStBl II 1985, 211, unter Ziff. 1 der Gründe). Eine gewerbliche Vermietungstätigkeit kann ―ausnahmsweise― erst in Betracht gezogen werden, wenn im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten, die der Vermieterleistung als Ganzes das Gepräge einer selbständigen nachhaltigen, von Gewinnstreben getragenen Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr geben, hinter der die eigentliche Gebrauchsüberlassung des Gegenstandes in den Hintergrund tritt. Solche Anhaltspunkte sind hier nicht festgestellt. Die bloße Gebrauchsüberlassung von zwei Yachten gegen Entgelt entspricht auch nach der Verkehrsanschauung noch nicht dem Bild eines Gewerbebetriebes. Dieser rechtliche Gesichtspunkt ist insofern bedeutsam, als bei der Ermittlung des "Totalüberschusses" aus Vermietung und Verpachtung von den Ergebnissen auszugehen ist, die nach den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften voraussichtlich erzielt werden (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, unter C. IV. 2. und 3.). Daher kann bei der Prognose eines Gesamtüberschusses der Gewinn aus einer Veräußerung der zum Privatvermögen des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) gehörenden Yachten nicht einbezogen werden.
2. Der Kläger macht geltend, die der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Totalgewinnprognose sei "fehlerhaft und widerspreche der Rechtsprechung des BFH". Das Finanzgericht (FG) habe insofern auf einen Periodengewinn i.S. des § 4 Abs. 1 EStG abgestellt, als es bei seiner Erfolgsprognose auch die in den Streitjahren angefallenen Auflaufverluste und außergewöhnlichen Kosten (Havarie, Erstausstattung, Treibstoffkosten der Erstüberführung, Einbußen infolge der Jugoslawienkrise, doppelte Kosten für Agentur und Selbstvercharterung) auf die Gesamtzeit des Vermietungsbetriebs hochgerechnet habe. Indes hat das FG keinen von der Entscheidung des Großen Senats in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751 abweichenden Rechtssatz aufgestellt. Es ist vielmehr auf den diesbezüglichen Vortrag des Klägers mit dem Hinweis eingegangen, "dass selbst bei Hinzurechnung der (von ihm) aufgezählten Einnahmeausfälle sowie bei einer Berücksichtigung von Zinsersparnissen ein beträchtlicher Verlust verbliebe" (Urteil S. 20 f.); die vom FA angesetzten Aufwandspositionen "GWG und Tanken" müssten als Ausgleich zu den als sehr hoch einzuschätzenden Einnahmen angesehen werden (Urteil S. 18). Die weitere Rüge, "bei Eliminierung der außergewöhnlichen Anfangsverluste der Anfangsjahre" würde eine Totalgewinnprognose zu einem positiven Ergebnis führen, ist bereits rechnerisch nicht schlüssig, weil nicht erkennbar ist, mit welchen zusätzlich anzusetzenden Beträgen der vom FG ermittelte "verbleibende Verlust" in Höhe von 135 000 DM aufgefangen werden könnte. Selbst wenn das FG den von ihm angenommenen Gesamtverlust von Rechts wegen um weitere Positionen hätte reduzieren müssen, wäre dies keine Divergenz, sondern ein bei der Anwendung des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO unbeachtlicher Subsumtionsfehler.
3. Die Absicht der steuerrechtlich relevanten Gewinnerzielung zeigt sich in dem Bestreben, während des Bestehens der "Einkunftsquelle" aufs Ganze gesehen einen Gewinn- bzw. Einnahmenüberschuss zu erzielen. Ob der Steuerpflichtige eine derartige Absicht hatte, lässt sich als innere Tatsache nicht anhand seiner Erklärungen, sondern nur aufgrund äußerer Umstände feststellen. Hierfür ist insbesondere von Bedeutung, ob der Betrieb bei objektiver Betrachtung nach seiner Art, der Gestaltung der Betriebsführung und den gegebenen Ertragsaussichten einen "Totalüberschuss / Totalgewinn" erwarten lässt. Ist danach bei objektiver Betrachtung ein positives Ergebnis nicht zu erwarten, kann der Steuerpflichtige gleichwohl nachweisen, dass er die objektiven Gegebenheiten verkannt und erwartet habe, zunächst angefallene Verluste (Anlaufverluste) würden im Laufe der weiteren Entwicklung des Betriebs durch Gewinne ausgeglichen, so dass insgesamt ein positives Gesamtergebnis erzielt werden könne. Gelingt ihm auch dieser Nachweis nicht, so folgt daraus, dass er die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausgeübt hat (BFH-Urteile vom 25. Juni 1996 VIII R 28/94, BFHE 181, 133, BStBl II 1997, 202; vom 21. Januar 1999 IV R 27/97, BFHE 188, 27, BStBl II 1999, 638). Verluste der Anlaufzeit sind steuerrechtlich nicht anzuerkennen, wenn aufgrund der bekannten Entwicklung des Betriebes eindeutig feststeht, dass er von vornherein nicht in der Lage war, nachhaltige Gewinne zu erzielen und deshalb nach objektiver Beurteilung von Anfang an keine Einkunftsquelle im Sinne des Einkommensteuerrechts dargestellt hat (BFH-Urteil in BFHE 181, 133, BStBl II 1997, 202, m.w.N. der Rechtsprechung).
Das FG ist von diesen Rechtsgrundsätzen nicht abgewichen. Es hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BFH der Sache nach unterschieden zwischen den grundsätzlich anzuerkennenden Anlaufverlusten, wie z.B. aufgrund von Fehlmaßnahmen und außergewöhnlichen Ereignissen einerseits und den strukturell bedingten Verlusten andererseits. Es hat festgestellt, dass die Vercharterung von zunächst einer und sodann zweier Segelyachten "von vornherein unter den gegebenen Umständen nicht zur Erwirtschaftung von Gewinnen führen" konnte (Urteil S. 20 f.). Es hat in seine Würdigung des hierfür maßgebenden Sachverhalts die tatsächliche wirtschaftliche Entwicklung der Vermietungstätigkeit und die Umstellung des Betriebs auf die Vercharterung fremder Yachten einbezogen. Hierzu war es berechtigt, weil zu den äußeren Kriterien, an denen die Gewinnerzielungsabsicht zu messen ist, nicht nur der Erfolg gehört, sondern auch die Art der auf diesen Erfolg hin ausgerichteten Tätigkeit. Dazu bedarf es einer in die Zukunft gerichteten, langfristigen Prognose, für die die Verhältnisse eines bereits abgelaufenen Zeitraums wichtige Anhaltspunkte bieten (vgl. BFH-Urteil vom 17. Juni 1998 XI R 64/97, BFHE 186, 347, BStBl II 1998, 727). Die in diesem Zusammenhang rechtlich einschlägigen Feststellungen sind nicht mit Verfahrensrügen angegriffen worden und daher revisionsrechtlich bindend (§ 118 Abs. 2 FGO).
4. Soweit sich der Kläger gegen die Beweiswürdigung des FG wendet, rügt er in Wahrheit keinen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, denn die Beweiswürdigung ist im Zulassungsverfahren dem materiellen Recht zugeordnet. Hiernach ist die auf mehrere Indizien gestützte Feststellung des FG, der Kläger habe als passionierter Wassersportler zwei Segelyachten aus im Bereich der persönlichen Lebensführung liegenden privaten Motiven unterhalten, das Ergebnis einer grundsätzlich nicht anfechtbaren tatrichterlichen Beweiswürdigung. Mit dieser Feststellung hat das FG auch nicht im Hinblick darauf gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungsgrundsätze verstoßen, dass der Kläger selbst nur Inhaber eines Segelscheins für Binnengewässer und eines zum Führen von Motoryachten berechtigenden Sportbootführerscheins ist. Dabei braucht nicht erörtert zu werden, welche Patente/ Berechtigungen der Kläger benötigt, um das Mittelmeer mit einer eigenen, motorgetriebenen Segelyacht zu nichtkommerziellen Zwecken zu befahren. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung werden hierdurch nicht aufgeworfen. Im Übrigen ist nach der Rechtsprechung des BFH das Innehaben eines Sportbootführerscheins bzw. Segelscheins usw. nur als eines von vielen Indizien dafür anzusehen, dass ein Vermietungsbetrieb aus persönlichen, der Lebensführung (§ 12 Nr. 1 EStG) zuzuordnenden Gründen betrieben wird (z.B. BFH-Urteil vom 24. April 1999 X R 106/95, BFH/NV 1999, 1081). Nach der Feststellung des FG hat der Kläger die Yachten in erheblichem Umfang selbst genutzt. Da eine solche Nutzung in aller Regel in erster Linie der Freizeitgestaltung dient, ist im Wege typisierender Betrachtungsweise davon auszugehen, dass die verlustbringende Tätigkeit des Klägers durch persönliche Gründe oder Neigungen motiviert ist. Dieses Ergebnis wird dadurch unterstrichen, dass der Kläger die Yachtvercharterung im Nebenberuf betreibt, darauf somit nicht für seinen Lebensunterhalt angewiesen ist (vgl. BFH-Urteil vom 11. April 1990 I R 22/88, BFH/NV 1990, 768). Ob das Unterhalten von mehr als einer Segelyacht eine Überschusserzielungsabsicht indiziert, ist eine im Einzelfall vom Tatrichter zu klärende Frage.
5. Zwar hat das FG das Vorhaben des Klägers als wahr unterstellt, in fünf Jahren nacheinander fünf neue Segelyachten zu kaufen und im Mittelmeer zu verchartern. Es hat indes aus materiell-rechtlichen Gründen als nicht ausreichend angesehen, dass lediglich "theoretische Pläne" und keine "fundierten finanziellen Planungen", sondern zu optimistische Prognosen vorlagen; eine entsprechende fundierte Kalkulation habe es im Zeitpunkt der Kreditvergabe nicht gegeben. Das FG hat in anderem Zusammenhang erwähnt (Urteil S. 19 unten), einem Vermerk des Kreditinstituts sei lediglich "eine bedingte Absicht des Klägers zu entnehmen, den Bestand der Yachten zu erweitern". Ein Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten, den der Kläger der Sache nach rügt, liegt mithin nicht vor.
6. Die Rüge, das FG habe einen Beweisantritt übergangen, ist nicht zulässig erhoben. Das FG hat ausdrücklich festgestellt, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung keine Beweisanträge gestellt hat. Eine Rüge mangelnder Sachaufklärung wegen Nichterhebung angebotener Beweise setzt u.a. voraus, dass die Nichterhebung der Beweise vor dem FG rechtzeitig gerügt worden ist oder aufgrund des Verhaltens des FG nicht mehr vor diesem gerügt werden konnte (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 10. April 1998 IV B 114/97, BFH/NV 1999, 57). In dieser Hinsicht reicht das Vorbringen des Klägers nicht aus.
7. Im Übrigen ergeht der Beschluss gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.
Fundstellen
Haufe-Index 426307 |
BFH/NV 2000, 1333 |