Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Vertretungsbefugnis für Wirtschaftsprüfer nach dem Recht der DDR; Anordnungsgrund für vorläufige Bestellung als Steuerberater
Leitsatz (NV)
1. Personen, denen aufgrund eines postgradualen Studiums nach dem Recht der ehemaligen DDR die Berufsbezeichnung ,,Wirtschaftsprüfer" verliehen worden ist, sind vor dem BFH nicht vertretungsbefugt.
2. Zum Anordnungsgrund für die vorläufige Bestellung als Steuerberater.
Normenkette
BFHEntlG Art.1 Nr. 1; FGO § 114; Steuerberatungsgesetz
Gründe
Das Rechtsmittel ist unzulässig.
Vor dem Bundesfinanzhof (BFH) muß sich - wie auch aus der Rechtsmittelbelehrung in dem vorbezeichneten Beschluß hervorgeht - jeder Beteiligte, sofern es sich nicht um eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder um eine Behörde handelt, durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen (Art.1 Nr.1 Satz 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs - BFHEntlG -). Dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde (Art.1 Nr.1 Satz 2 BFHEntlG). Fehlt es, wie im Streitfall, an der ordnungsmäßigen Vertretung durch einen Angehörigen der in Art.1 Nr.1 BFHEntlG aufgeführten Berufsgruppen, so ist die betreffende Prozeßhandlung - im Streitfall die Einlegung der Beschwerde - unwirksam.
Dem Antragsteller ist zwar im Jahre 1988 von der Humboldt-Universität in Berlin nach erfolgreicher Absolvierung des postgradualen Studiums ,,Wirtschaftsprüfer" der Fachabschluß auf dem Gebiet der Finanzwirtschaft erteilt und zugleich das Recht verliehen worden, die Berufsbezeichnung ,,Wirtschaftsprüfer" zu führen. Aus dieser Verleihung einer Berufsbezeichnung nach dem Recht der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) ergibt sich aber - wie der Antragsteller selbst einräumt - keine Vertretungsbefugnis nach Art.1 Nr.1 Satz 1 BFHEntlG. Denn diese setzt für die dort aufgeführten Wirtschaftsprüfer einen Bestellungsakt durch die oberste Landesbehörde - Aushändigung der Urkunde als Wirtschaftsprüfer - nach § 15 der Wirtschaftsprüferordnung (WPO) voraus. Der Antragsteller ist weder zum Wirtschaftsprüfer in diesem Sinne bestellt worden noch übt er im übrigen den Beruf eines Wirtschaftsprüfers aus. Nach § 134a WPO können indes Bewerber, die - wie der Antragsteller - nach einem postgradualen Studium vor dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland im Beitrittsgebiet die Berechtigung zur Führung der Berufsbezeichnung ,,Wirtschaftsprüfer" erworben haben, nach Bestehen einer Eignungsprüfung als Wirtschaftsprüfer bestellt werden. Auch diese Voraussetzungen liegen aber mangels Ablegung der entsprechenden Prüfung beim Antragsteller nicht vor, so daß ihm für das vorliegende Beschwerdeverfahren unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte, die im Streitfall für die Entscheidung über den Vertretungszwang Bedeutung erlangen könnten, die Postulationsfähigkeit fehlt.
Der Senat hält im übrigen die Ablehnung der beantragten vorläufigen (prüfungsfreien) Bestellung des Antragstellers als Steuerberater durch die Vorinstanz jedenfalls deshalb für gerechtfertigt, weil der Antragsteller den für den Erlaß einer einstweiligen Anordnung erforderlichen Anordnungsgrund (§ 114 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung - FGO - i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) nicht glaubhaft gemacht hat. Auch die im Beschwerdeverfahren dargelegte Dauer der Kündigungsfrist für das Arbeitsverhältnis des Antragstellers ist nicht geeignet, die besondere Dringlichkeit der begehrten einstweiligen Anordnung zu begründen. Da der Antragsteller in einem festen Arbeitsverhältnis steht, aus dessen Einkommen er seinen Lebensunterhalt bestreiten kann, kann ihm ohne Gefährdung seiner persönlichen oder wirtschaftlichen Existenz zugemutet werden, den rechtskräftigen Abschluß des Hauptverfahrens abzuwarten (vgl. Beschluß des Senats vom 20. September 1988 VII B 129/88, BFHE 154, 31, 37, BStBl II 1988, 956). Auch deshalb also, weil es an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes fehlt, kommt es auf die Frage des Anordnungsanspruchs und des richtigen Antragsgegners nicht an.
Fundstellen
Haufe-Index 418599 |
BFH/NV 1993, 430 |