Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand: Glaubhaftmachung des rechtzeitigen Abgangs einer Rechtsmittelschrift; Bezugnahme auf die Begründung der NZB entspricht nicht den Anforderungen des § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO
Normenkette
FGO § 56 Abs. 1-2, § 120 Abs. 2 S. 2, § 155; ZPO § 294
Tatbestand
Auf die Beschwerde der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ließ der Senat die Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) München vom 28. Mai 1998 11 K 2120/94 wegen Einkommensteuer 1989 bis 1991 zu. Der Beschluss des Senats wurde den Klägern am 28. Juni 1999 zugestellt. Mit dem am 23. August 1999 beim FG eingegangenen Schriftsatz beantragte der Kläger "aus Gründen der Fristwahrung … vorsorglich" Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Ihr Prozessbevollmächtigter teilte mit, er habe wegen Urlaubs erst am 19. August 1999 erfahren, dass der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Büro am 17. August 1999 telefonisch nachgefragt habe, warum keine Revision eingelegt worden sei. Die Revision sei von ihm, dem Prozessbevollmächtigten, am 23. Juli 1999 mit einfachem Brief an das FG versandt worden; es sei ihm unerklärlich, wieso dieses Schreiben offensichtlich beim FG nicht eingegangen sein soll. Die in der Anlage dieses Schreibens beigefügte Kopie des Revisionsschriftsatzes enthielt den Antrag, die Vorentscheidung aufzuheben; zur Begründung wurde auf die Ausführungen in der Nichtzulassungsbeschwerde vom 23. Juli 1998 verwiesen. Mit am 30. August 1999 dem BFH zugegangenen Schriftsatz trug der Prozessbevollmächtigte der Kläger zur weiteren Begründung des Wiedereinsetzungsbegehrens vor, er habe an dem als "Vorfrist" vermerkten 23. Juli 1999 das Revisionsschreiben gefertigt und ebenso wie einen Abdruck für den Mandanten zur Post gegeben. Auch der Mandant habe dieses Schreiben nicht erhalten. Er könne jedoch versichern, beide Umschläge am 23. Juli 1999 zur Post gegeben zu haben. Die Post werde von der Steuergehilfin, Frau X, an die Poststelle des Y-Verbands im Hause weitergegeben und von dort durch Kurier zur Postzentrale gebracht. Eine Überprüfung, ob die Post im Hause verloren gegangen sei, sei erfolglos gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig. Sie war wegen Versäumung der einmonatigen Revisionsfrist zu verwerfen (§ 120 Abs. 1, § 126 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
Auf den Zulassungsbeschluss des Senats ist mit dessen Zustellung die Revisionsfrist in Lauf gesetzt worden (§ 120 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Voraussetzungen für die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der erst nach Fristablauf mit dem am 23. August 1999 beim FG eingegangenen Schriftsatz vom 20. August 1999 erhobenen Revision liegen nicht vor.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erfordert eine substantiierte, in sich schlüssige Darstellung aller entscheidungserheblichen Tatsachen innerhalb der Zweiwochenfrist des § 56 Abs. 2 FGO (BFH-Beschluss vom 20. Juni 1996 X R 95/93, BFH/NV 1997, 40). Beruft sich jemand, wie der Prozessbevollmächtigte der Kläger, darauf, die rechtzeitig abgesandte Revisionsschrift sei verlorengegangen, so erfordert dies, dass der rechtzeitige Abgang des Schriftsatzes durch Vorlage einer Ablichtung des Postausgangsbuchs (Senatsbeschluss vom 17. September 1993 IV R 35/93, BFH/NV 1994, 328) oder einer Versicherung an Eides statt (§ 294 der Zivilprozeßordnung i.V.m. § 155 FGO) der mit der Absendung des Schriftsatzes vom 23. Juli 1999 befassten Person glaubhaft gemacht wird (s. BFH-Urteil vom 13. März 1985 I R 122/83, BFH/NV 1986, 48). Stattdessen hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger nur dargelegt, wie die Versendung von Schriftsätzen in seinem Büro über die Poststelle des im gleichen Hause befindlichen Y-Verbands erfolgt. Nach Ablauf der Zweiwochenfrist des § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO hat er ein Blatt eines Ausdrucks seines elektronischen Kalenders von Dienstag den 13. bis Sonntag den 25. ohne Angabe des Monats vorgelegt, der am Freitag, den 23., den Vermerk "Revision" enthält.
Da es nach alledem bereits an einem schlüssigen Vortrag und der entsprechenden Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens fehlt, kann es dahinstehen, ob die Revision etwa auch deshalb unzulässig wäre, weil die Bezugnahme auf die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht den Anforderungen des § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO entspricht (s. etwa BFH-Urteil vom 26. September 1995 VII R 29/95, BFH/NV 1996, 385, m.w.N., und Senatsurteil vom 2. Juli 1998 IV R 60/97, BFH/NV 1999, 149).
Fundstellen