Entscheidungsstichwort (Thema)
NZB: Aufwendungen für den nachträglichen Einbau eines Fahrstuhls und eines automatischen Garagentors nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar
Leitsatz (NV)
- Durch die Rechtsprechung ist grundsätzlich geklärt, dass die Aufwendungen für den nachträglichen Einbau eines Fahrstuhls und eines automatischen Garagentors nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar sind, weil der Steuerpflichtige durch die Baumaßnahmen einen Gegenwert erhält.
- Wie ebenfalls bereits höchstrichterlich geklärt ist, kann durch ein Sachverständigengutachten regelmäßig nicht entkräftet werden, dass die Einbauten wertbildende Faktoren für das Wohnhaus und damit einen Gegenwert darstellen.
Normenkette
EStG § 33 Abs. 1-2; FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2
Verfahrensgang
FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 09.04.2003; Aktenzeichen 1 K 1740/02) |
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet und deshalb gemäß § 132 der Finanzgerichtsordnung (FGO) durch Beschluss zurückzuweisen.
Die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) vorgetragenen Gesichtspunkte sind nicht geeignet, die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) zu rechtfertigen. Beide Zulassungsgründe setzen voraus, dass die aufgeworfene Rechtsfrage im angestrebten Revisionsverfahren geklärt werden kann und klärungsbedürftig ist (z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 12. Dezember 2001 III B 103/01, BFH/NV 2002, 652). An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn auf den Sachverhalt durch die Rechtsprechung geklärte Rechtsgrundsätze anzuwenden sind und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute höchstrichterliche Prüfung und Entscheidung der Frage geboten erscheinen lassen (z.B. BFH-Beschluss vom 22. Oktober 2002 VII B 306/01, BFH/NV 2003, 208).
1. Nicht klärungsbedürftig ist entgegen der Auffassung der Kläger, ob durch Sachverständigengutachten nachgewiesen werden kann, dass krankheitsbedingte bauliche Maßnahmen in einem teilweise selbstgenutzten Zweifamilienhaus ―wie der nachträgliche Einbau eines Behindertenfahrstuhls und eines automatischen Garagentores― eine außergewöhnliche Belastung darstellen, weil sie zu keinem Gegenwert, sondern vielmehr zu verlorenem Aufwand führen.
a) Der Senat hat in den Urteilen vom 10. Oktober 1996 III R 209/94 (BFHE 182, 333, BStBl II 1997, 491) und vom 6. Februar 1997 III R 47/96 (nicht veröffentlicht; Leitsätze in BFH/NV 1997, 559) entschieden, dass bei Neuerrichtung eines Wohnhauses behinderungsbedingte Einrichtungen nicht zu einer Belastung des Steuerpflichtigen i.S. des § 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) führen, weil er dafür einen Gegenwert erhalte. Auch seien die Aufwendungen dafür grundsätzlich keine zwangsläufige Folge der Krankheit oder Behinderung i.S. des § 33 Abs. 2 EStG. Denn der Entschluss zum Bau eines Hauses und dessen Gestaltung sei in der Regel auch dann, wenn der Steuerpflichtige zum Bau durch eine Erkrankung veranlasst worden sei und das Gebäude unter Berücksichtigung der Krankheit oder Behinderung gestalte, nicht allein oder doch nicht so wesentlich durch die Krankheit oder Behinderung bestimmt, dass demgegenüber vom Willen des Steuerpflichtigen abhängige Umstände und die von ihm frei getroffenen Dispositionen nicht ernstlich ins Gewicht fallen würden und deshalb bei der steuerlichen Beurteilung der Aufwendungen von vornherein außer Betracht bleiben könnten.
b) Mit Urteil vom 6. Februar 1997 III R 72/96 (BFHE 182, 551, BStBl II 1997, 607) hatte der Senat diese Grundsätze auch auf den Fall angewendet, dass ein bestehendes vom Steuerpflichtigen und seiner Familie schon vor der Erkrankung genutztes Haus erweitert und dabei ein Fahrstuhl eingebaut wird. Weder unter dem Gesichtspunkt des Entstehens eines Gegenwertes (§ 33 Abs. 1 EStG) noch unter dem Gesichtspunkt der Zwangsläufigkeit der entstandenen Aufwendungen (§ 33 Abs. 2 EStG) unterscheide sich dieser Fall von dem des Neubaus eines Hauses und dem des Umbaus ohne Erweiterung des Baukörpers.
c) Durch diese Entscheidungen ist auch geklärt, dass der Beweis, ob der Steuerpflichtige einen Gegenwert für die Aufwendungen des Einbaus des Fahrstuhls und des automatischen Garagentores erhält oder ob es sich dabei um verlorenen Aufwand handelt, grundsätzlich nicht durch ein Sachverständigengutachten geführt werden kann. Denn ob die Ausstattung eines Hauses mit einem Fahrstuhl geeignet ist, den Wert eines Hauses zu erhöhen, und ob sich solche baulichen Maßnahmen bei der künftigen Veräußerung des Hauses in dem am Grundstücksmarkt zu erzielenden Verkaufspreis tatsächlich niederschlagen werden, lässt sich nicht ―auch nicht von einem Sachverständigen― voraussagen. Wie der Senat bereits festgestellt hat, liegt es im Wesen des Marktes, dass Umfang und tatsächliche Realisierbarkeit einer durch einzelne Maßnahmen bedingten Wertsteigerung des Gebäudes letztlich von einer Vielzahl nicht genau voraus kalkulierbarer Faktoren und von Zufälligkeiten abhängt. Das steht aber der Annahme eines Gegenwertes nicht entgegen. Es kommt vielmehr allein darauf an, ob die neu geschaffenen Einrichtungen wertbildende Faktoren für ein Wohnhaus darstellen können, indem sie etwa bei der bestimmungsgemäßen Nutzung des Hauses auch von Nichtbehinderten mit verwendet werden können. Im Streitfall ist aber nicht ausgeschlossen, dass der Einbau eines Fahrstuhls und eines automatischen Garagentores von einem künftigen Kaufinteressenten bewertet und bei seiner Kaufentscheidung sowie dem von ihm gebotenen Kaufpreis in Betracht gezogen werden (so BFH in BFHE 182, 333, BStBl II 1997, 491).
2. Es ist auch nicht ersichtlich, worin ein schwerwiegender Fehler des Finanzgerichts (FG) bei der Anwendung revisiblen Rechts liegen soll, der die Zulassung der Revision zu rechtfertigen vermag. Zwar soll mit den neu gefassten Zulassungsgründen seit 1. Januar 2001 eine Revision auch dann ermöglicht werden, wenn dem FG bei der Auslegung und Anwendung des Rechts schwerwiegende Fehler unterlaufen sind, die geeignet sind, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen (z.B. BFH-Beschlüsse vom 14. Februar 2002 VII B 141/01, BFH/NV 2002, 798, und vom 24. Juli 2002 III B 54/02, BFH/NV 2002, 1488). Abgesehen davon, dass die Kläger einen derart schwerwiegenden Fehler nicht schlüssig dargetan haben, haftet er der Entscheidung des FG nicht an. Das FG hat die vom BFH aufgestellten Rechtsgrundsätze seiner Entscheidung zu Grunde gelegt und ist in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gelangt, die Kosten für die Einbauten stellten jedenfalls keinen verlorenen Aufwand dar. Es ist eine mögliche, den Denkgesetzen nicht widersprechende Wertung, dass der Anbau eines Fahrstuhls an ein mehrgeschossiges, in Hanglage errichtetes Wohnhaus und der Einbau eines automatischen Garagentores nicht nur für behinderte Bewohner den Nutzungswert des Hauses steigern und damit zusätzliche wertbildende Faktoren darstellen können.
Fundstellen
Haufe-Index 1170909 |
BFH/NV 2004, 1252 |