Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflicht zur Begründung einer Außenprüfungsanordnung in besonderen Fällen
Leitsatz (NV)
Ob und ggf. wie die Anordnung einer Außenprüfung begründet werden muss, mit der geklärt werden soll, ob der Steuerpflichtige einen gewerblichen Betrieb unterhält, lässt sich anhand der bisherigen Rechtsprechung beantworten.
Normenkette
AO 1977 §§ 121, 193 Abs. 1, § 196; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
Sächsisches FG (Urteil vom 27.01.2005; Aktenzeichen 2 K 3059/03) |
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) kommt einer Rechtssache zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärbar sein (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29. Juli 2003 X B 135/02, BFH/NV 2003, 1574).
2. Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) aufgeworfene Frage, ob bei einer "Anlassprüfung" die Prüfungsanordnung Ermessenserwägungen hinsichtlich des Entschließungs- und Auswahlermessens des Finanzamts enthalten muss, ist, soweit sie für den Streitfall entscheidungserheblich ist, nicht von grundsätzlicher Bedeutung.
a) Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) hat beim Kläger, einer Anstalt des öffentlichen Rechts, während einer laufenden Betriebsprüfung bei verschiedenen vom Kläger unterhaltenen Betrieben gewerblicher Art Anhaltspunkte vorgefunden, die seines Erachtens dafür sprechen, dass der Kläger möglicherweise einen weiteren Betrieb gewerblicher Art unterhalten hat. Zu dieser rechtlichen Frage ist der Kläger im Rahmen der laufenden Betriebsprüfung zur Stellungnahme aufgefordert worden. Nach Eingang seiner Äußerung ist die Prüfungsanordnung hinsichtlich dieses möglicherweise vorliegenden Betriebes gewerblicher Art ergangen. In der Prüfungsanordnung ist ausgeführt, dass die Anordnung ergehe, weil aufgrund der bislang festgestellten Tatsachen, die im Einzelnen aufgeführt sind, Anhaltspunkte dafür bestünden, dass der Kläger auch hinsichtlich der streitigen Verträge aus Anlass der Errichtung von Gebäuden einen Betrieb gewerblicher Art unterhalten haben könnte.
In der Einspruchsentscheidung ist zudem erläutert, dass die Abgrenzung zwischen "Hoheitsbetrieb" und "Betrieb gewerblicher Art" schwierig sei und hier nur durch eine Außenprüfung und durch Einsichtnahme in die Vertrags- und Buchführungsunterlagen vorgenommen werden könne.
b) Für den Streitfall entscheidungserheblich ist daher nur die Frage, ob die Anordnung einer Prüfung mit dem Ziel zu prüfen, ob eine betriebliche Tätigkeit i.S. des § 193 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) ausgeübt wird, einer weiteren Begründung bedarf, als sie das FA gegeben hat, und ggf. welche Anforderungen an eine derartige Begründung zu stellen sind.
c) Diese Frage ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung, da sie sich anhand der bisherigen Rechtsprechung beantworten lässt.
aa) Eine Prüfungsanordnung (§ 196 AO 1977) ist ein schriftlicher Verwaltungsakt, der gemäß § 121 AO 1977 zu begründen ist, soweit dies zu seinem Verständnis erforderlich ist (z.B. BFH-Urteile vom 16. Dezember 1987 I R 238/83, BFHE 152, 32, BStBl II 1988, 233; vom 10. Februar 1983 IV R 104/79, BFHE 137, 404, BStBl II 1983, 286; BFH-Beschluss vom 12. August 2002 X B 210/01, BFH/NV 2003, 3). Die Anordnung einer Außenprüfung ist zwar eine Ermessensentscheidung, gleichwohl genügt für die Anordnung einer routinemäßigen Außenprüfung, die unter § 193 Abs. 1 AO 1977 fällt, die Angabe der Rechtsgrundlage. Eine Prüfungsbedürftigkeit wird in den Fällen des § 193 Abs. 1 AO 1977 grundsätzlich unterstellt. Die Verwaltung hat ihr Ermessen allerdings durch die Bestimmungen der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Betriebsprüfung --Betriebsprüfungsordnung (Steuer)-- (BpO 2000) vom 15. März 2000 (BStBl I 2000, 368) eingeschränkt. Diese Selbstbeschränkung ist auch im gerichtlichen Verfahren zu beachten (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 19. August 1998 XI R 37/97, BFHE 186, 506, BStBl II 1999, 7, und vom 28. Juni 2000 I R 20/99, BFH/NV 2000, 1447).
Gegenstand einer Außenprüfung nach § 193 Abs. 1 AO 1977 kann grundsätzlich auch die Frage sein, ob der Steuerpflichtige einen gewerblichen Betrieb unterhält (BFH-Urteil vom 23. Oktober 1990 VIII R 45/88, BFHE 163, 98, BStBl II 1991, 278; BFH-Beschluss vom 21. März 1997 IV B 62/96, BFH/NV 1997, 633).
bb) Aus dieser Rechtsprechung lässt sich ableiten, dass in Fällen, in denen ungewiss ist, ob ein Steuerpflichtiger gewerbliche Einkünfte i.S. des § 193 Abs. 1 AO 1977 erzielt, das FA grundsätzlich begründen muss, weshalb es für möglich erachtet, dass --entgegen der Auffassung des Steuerpflichtigen-- die Voraussetzungen des § 193 Abs. 1 AO 1977 vorliegen. Hiervon kann allenfalls dann abgesehen werden, wenn dem Steuerpflichtigen aus vorangegangenen Schriftsätzen oder sonstigen Umständen diese Gründe bekannt sind. Weitere Darlegungen sind grundsätzlich nur dann und nur insoweit erforderlich, als dies aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls zum Verständnis der Prüfungsanordnung erforderlich ist, oder soweit entgegen den in der BpO 2000 aufgeführten Regelfällen geprüft werden soll. Die vom Kläger aufgeworfene Frage ist damit nicht klärungsbedürftig.
d) Im Übrigen genügt die Prüfungsanordnung, die während der laufenden Betriebsprüfung der anderen Betriebe gewerblicher Art ergangen ist, diesen Anforderungen. Darin legt das FA dar, aufgrund welcher Umstände es das Vorliegen eines weiteren Betriebes gewerblicher Art für möglich erachtet. Darüber hinaus hat es in der Einspruchsentscheidung ausgeführt, weshalb es eine Außenprüfung für erforderlich hält. Der Kläger kann damit erkennen, was und warum geprüft werden soll.
Fundstellen
Haufe-Index 1434768 |
BFH/NV 2005, 1967 |