Leitsatz (amtlich)
Zu den Anforderungen an die handschriftliche Unterzeichnung der Revisions- und der Revisionsbegründungsschrift.
Orientierungssatz
Revisionsschriftsatz und Revisionsbegründungsschriftsatz sind nicht ordnungsgemäß handschriftlich unterzeichnet, wenn sie lediglich mit einem aus einem langen Aufstrich und einer schmalen Schleife, einer weiteren Schleife und einem schräg nach rechts unten verlaufenden Abstrich bestehenden handgeschriebenen Schriftzeichen des Prozeßbevollmächtigten versehen sind. Dieses Schriftzeichen kann nur als ein Buchstabe gedeutet werden, während der Name des Prozeßbevollmächtigten im Streitfall aus zehn Buchstaben besteht. Zwar muß die Unterschrift nicht lesbar sein, es muß sich aber um einen die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnenden, individuellen Schriftzug handeln, der einmalig ist, entsprechende charakteristische Merkmale aufweist und sich als Unterschrift eines Namens darstellt; es müssen mindestens mehrere einzelne Buchstaben erkennbar sein, weil es sonst an dem Merkmal einer Schrift überhaupt fehlt. Auch eine Paraphe kann die erforderliche Unterschrift nicht ersetzen (vgl. BFH-Rechtsprechung und BGH-Rechtsprechung).
Normenkette
FGO § 120 Abs. 1
Tatbestand
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) legte gegen das Urteil fristgerecht Revision ein. Der Schriftsatz ist mit einem handgeschriebenen Schriftzeichen des Prozeßbevollmächtigten des Klägers versehen. Dieses besteht aus einem langen Aufstrich und einer schmalen Schleife, einer weiteren Schleife und einem schräg nach rechts unten verlaufenden Abstrich. Die Revisionsbegründungsschrift trägt ein ähnliches Schriftzeichen, wobei allerdings die Schleifen nur sehr schmal ausgeprägt sind. Mit Schreiben vom 10.Dezember 1985 hat der Vorsitzende des III.Senats den Bevollmächtigten des Klägers darüber unterrichtet, daß Bedenken bestünden, ob der Revisionsschriftsatz und die Revisionsbegründung ordnungsgemäß handschriftlich unterzeichnet seien. Der Bevollmächtigte hat mit Schreiben vom 17.Dezember 1985 mitgeteilt, daß nach seiner Auffassung die Unterzeichnung ordnungsgemäß sei. Seine seit 1981 als Rechtsanwalt und Notarvertreter geübte Unterschriftspraxis sei von den Gerichten bisher nicht beanstandet worden. Eine entsprechende eidesstattliche Versicherung hat er beigefügt.
Er beantragt für den Fall, daß der Senat die Unterschrift nicht für ordnungsgemäß ansehen sollte, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig. Die Revisionsschrift und die Revisionsbegründungsschrift entsprechen nicht der gesetzlichen Form.
1. Nach § 120 Abs.1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision "schriftlich einzulegen und spätestens innerhalb eines weiteren Monats zu begründen". Die Schriftform gilt sowohl für die Revisionseinlegung als auch für die Revisionsbegründung. Diese müssen infolgedessen handschriftlich unterzeichnet werden (ständige Rechtsprechung: Siehe Beschluß des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 8.März 1984 I R 50/81, BFHE 140, 424, BStBl II 1984, 445). Dabei wird in der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes nach einheitlicher Ansicht nicht verlangt, daß die Unterschrift lesbar ist. Es muß sich aber um einen die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnenden, individuellen Schriftzug handeln, der einmalig ist, entsprechende charakteristische Merkmale aufweist und sich als Unterschrift eines Namens darstellt (BFH-Urteil vom 13.Dezember 1984 IV R 274/83, BFHE 143, 198, BStBl II 1985, 367). Es müssen mindestens mehrere einzelne Buchstaben zu erkennen sein, weil es sonst an dem Merkmal einer Schrift überhaupt fehlt (Beschluß des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 4.Juli 1984 VIII ZB 8/84, Versicherungsrecht --VersR-- 1984, 873; BFH-Beschluß vom 30.Mai 1984 I R 2/84, BFHE 141, 223, BStBl II 1984, 669).
Die Schriftzeichen des Prozeßbevollmächtigten des Klägers genügen diesen Anforderungen nicht. Es fehlt am Merkmal einer Unterschrift. Die Schriftzeichen können jeweils nur als ein Buchstabe gedeutet werden. Es ist keine Unterzeichnung mit dem vollen, aus zehn Buchstaben bestehenden Namen des Prozeßbevollmächtigten des Klägers.
Es kann dahinstehen, ob der Schriftzug als Abkürzung eines Namens eine Paraphe darstellen könnte. Denn eine solche ersetzt nicht die erforderliche Unterschrift (Beschluß in BFHE 141, 223, BStBl II 1984, 669).
2. Die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist schon deshalb zu versagen, weil die Jahresfrist (§ 56 Abs.3 FGO) bereits verstrichen ist.
Fundstellen
Haufe-Index 61333 |
BStBl II 1986, 856 |
BFHE 147, 199 |
BFHE 1987, 199 |
DB 1986, 2370-2370 |
DStR 1986, 761-761 (LT) |