Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur genauen Bezeichnung des Revisionsklägers als Zulässigkeitsvoraussetzung einer Revision
Leitsatz (NV)
Legt ein Prozeßbevollmächtigter, der im Klageverfahren zwei Kläger vertreten hat, gegen das FG-Urteil Revision ein, ohne den oder die Revisionskläger innerhalb der Revisionsfrist genau zu bezeichnen, so ist die Revision unzulässig, wenn auf Grund anderer Umstände beim BFH Unsicherheit darüber besteht, ob die Revision für beide Kläger oder nur für einen von ihnen und ggf. für welchen eingelegt wurde.
Normenkette
FGO §§ 120, 124 S. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin ist eine Stiftung, die an der K-GmbH beteiligt war. Die Klägerin klagte vor dem FG wegen KSt 1967 bis 1971 (Aktenzeichen: V 101/74 K). Gleichzeitig klagte die K-GmbH gegen dasselbe FA wegen ihr gegenüber erlassener KSt-Bescheide 1967 bis 1970 (Aktenzeichen: V 102/74 K). Die getrennt erhobenen Klagen betrafen u.a. vGA, die bei der K-GmbH dem Einkommen gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 KStG 1965/68 hinzugerechnet und bei der Klägerin als Beteiligungserträge i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG angesetzt worden waren. Das FG hat beide Klagen gemäß § 73 FGO zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und die Klagen durch Urteil vom 14. 9. 1983 abgewiesen. Sowohl bei der Klageerhebung als auch im gesamten übrigen Verfahren wurden die Klägerin und die K-GmbH durch den Steuerberater X vertreten.
Gegen das Urteil legte der Steuerberater am 13. 2. 1984 beim FG Revision ein. Die Revisionsschrift ist an das FG adressiert. Sie nennt unter ,,Betr." nur das Aktenzeichen ,,V 101/74 K". Im Text des Schreibens heißt es nur:
,,Gegen das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 11. 1. 1984 lege ich hiermit Revision ein."
Die Revisionsschrift ist von dem Steuerberater X unterschrieben.
In einem späteren Schriftsatz vom 12. 3. 1984, der an den BFH gerichtet ist, bezeichnet Steuerberater X auf entsprechende Anfrage der Geschäftsstelle hin nur die Klägerin als die das Revisionsverfahren führende Person. Die K-GmbH wird als am Revisionsverfahren Beteiligte ausgewiesen. Auf den Steuerberater X ausgestellte Vollmachten wurden sowohl von der Klägerin als auch von der K-GmbH vorgelegt. Die Revisionsbegründungsfrist wurde bis zum 13. 4. 1984 verlängert.
Am 13. 4. 1984 ging beim BFH die Revisionsbegründung der Klägerin mit dem Antrag ein,
a) die Stiftungskosten in Höhe von insgesamt 63.300 DM
als Betriebsausgaben der K-GmbH zuzulassen,
b) die Grabsteinkosten in Höhe von 4.000 DM
als Betriebsausgaben der K-GmbH zuzulassen,
c) die Ausschüttungen an K als Mitglied der Stifterfamilie
in Höhe von insgesamt 174.000 DM
als berücksichtigungsfähige Ausschüttung der K-GmbH zuzulassen,
d) die Ausschüttungen an J als Mitglied der Stifterfamilie
in Höhe von ebenfalls 174.000 DM
als Ausschüttungen auf Genußrechte der K-GmbH an J zuzulassen.
Die Revisionsbegründung wird auf ,,Verstöße gegen den klaren Inhalt der Akten" sowie auf ,,unrichtige Anwendung der Rechtsnormen" gestützt.
Das FA beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig. Sie war deshalb durch Beschluß zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 FGO).
Gemäß § 120 FGO ist die Revision schriftlich einzulegen. Die Vorschrift fordert nach ihrem Grundgedanken, daß aus der - ggf. innerhalb der Revisionsfrist ergänzten - Revisionsschrift hervorgeht, wer Revisionskläger ist. Die Einlegung eines Rechtsmittels als Prozeßerklärung ist nur in Verbindung mit einer bestimmten Person denkbar, von der die Erklärung ausgeht (vgl. Urteil des Reichsgerichts - RG - vom 3. Juni 1919 II 40/19, RGZ 96, 117). Dabei kommt es nicht auf die Erkennbarkeit für die Gegenpartei an; der Rechtsmittelführer muß auch für das Gericht erkennbar sein (Beschluß des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 29. Juni 1956 V ZB 20/56, BGHZ 21, 168). Eine Heilung dieses Mangels kommt nach Ablauf der Revisionsfrist nicht mehr in Betracht (vgl. z. B. Beschluß des Bundesarbeitsgerichts - BAG - vom 25. Mai 1973 2 AZR 99/73, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1973, 556; BFH-Beschluß vom 24. November 1976 I R 114/75, BFHE 120, 341, BStBl II 1977, 163).
Im Streitfall läßt die Revisionsschrift vom 13. Februar 1984 nicht erkennen, wer Revisionskläger sein sollte. In dem Schriftsatz wird ein Revisionskläger namentlich nicht erwähnt. Zwar wird das Aktenzeichen des FG mit ,,V 101/74 K" genannt. Auch betrifft dieses Aktenzeichen nur die Klage der Klägerin. Der Hinweis auf das Aktenzeichen läßt jedoch nur dann einen Rückschluß auf die Person des Revisionsklägers zu, wenn auszuschließen ist, daß es sich bei der Bezeichnung des Aktenzeichens nicht um eine bloß unvollständige Angabe handelte. Letztere Möglichkeit kann jedoch nicht ausgeschlossen werden. Dazu ist zu berücksichtigen, daß die finanziellen Auswirkungen des angefochtenen Urteils ganz überwiegend bei der K-GmbH liegen. Wenn Revision eingelegt werden sollte, so hatte die K-GmbH die meiste Veranlassung dazu. Dies gilt um so mehr, als die K-GmbH und die Klägerin von derselben natürlichen Person als gesetzlichen Vertreter und von demselben Prozeßbevollmächtigten vertreten wurden. Diese Umstände sprechen nach den Regeln des Anscheinsbeweises dafür, daß die Entscheidung, Revision einzulegen oder nicht, einheitlich getroffen wurde. Zumindest spricht die Überlegung dafür, daß - wenn überhaupt - die K-GmbH als die Hauptbetroffene Revision einlegte. Auf diesem Hintergrund bestehen deshalb Zweifel, die Erklärung des Prozeßbevollmächtigten in der Revisionsschrift vom 13. Februar 1984 als die Einlegung der Revision nur durch die Klägerin zu verstehen.
Umgekehrt ist es auch nicht möglich, sowohl die Klägerin als auch die K-GmbH als die Personen anzusehen, die damals Revision einlegten. Dagegen spricht einmal die Angabe nur des Aktenzeichens V 101/74 K. Dagegen spricht weiter, daß der Prozeßbevollmächtigte in den nach Ablauf der Revisionsfrist eingegangenen Schriftsätzen die K-GmbH nur als am Revisionsverfahren i.S. des § 122 Abs. 1 FGO Beteiligte, nicht aber als Revisionsklägerin bezeichnete. Dies eröffnet zumindest die Möglichkeit, daß der Bevollmächtigte am 13. Februar 1984 glaubte, die K-GmbH könne ihr Interesse an einer revisionsrechtlichen Überprüfung der Vorentscheidung auch als Beteiligte i.S. des § 122 Abs. 1 FGO wahrnehmen. Damit bestehen hinsichtlich der Person(en), die am 13. Februar 1984 Revision einlegte(n), erhebliche Unsicherheiten. Diese Unsicherheiten gehen in dem Sinne zu Lasten der Klägerin, daß es an einer ausreichenden Bezeichnung des Revisionsklägers fehlt. Damit ist die Revision nicht formgerecht eingelegt und deshalb unzulässig (§ 124 Satz 2 FGO).
Der Streitfall macht in besonderem Maße deutlich, daß die Erkennbarkeit der Person des Revisionsklägers nicht nur aus formellen Erwägungen erforderlich ist. Der von der Klägerin gestellte Antrag betrifft bezogen auf die Buchstaben a) und b) ausschließlich die Rechtmäßigkeit der gegenüber der K-GmbH erlassenen Körperschaftsteuerbescheide 1967 bis 1970. Die Klägerin kann die Rechtswidrigkeit dieser Bescheide nicht mit einer von ihr eingelegten Revision geltend machen, weil sie durch diese Bescheide nicht in ihren Rechten verletzt wurde (§ 118 Abs. 1 i.V.m. § 40 Abs. 2 FGO). Die K-GmbH ist umgekehrt nicht Beteiligte i.S. des § 122 Abs. 1 FGO an dem Revisionsverfahren der Klägerin (vgl. BFH-Urteil vom 30. Juli 1986 II R 246/83, BFHE 147, 120, BStBl II 1986, 820), weil sie vom FG nicht zu der von der Klägerin geführten Klage beigeladen wurde und materiell-rechtlich auch die Voraussetzungen für eine solche Beiladung fehlen; durch die Entscheidung des FG über die Klage der Klägerin wurden die rechtlichen Interessen der K-GmbH i.S. des § 60 Abs. 1 FGO nicht berührt. Die K-GmbH hätte deshalb selbst Revision einlegen müssen, wenn eine Sachentscheidung des BFH über die Anträge zu a) und b) herbeigeführt werden sollte. Für die Anträge zu c) und d) gilt Entsprechendes, soweit sie sich auf den Ansatz berücksichtigungsfähiger Ausschüttungen i.S. des § 19 Abs. 3 KStG 1965/1968 bei der K-GmbH beziehen. Die Rechtmäßigkeit der gegen die Klägerin gerichteten Körperschaftsteuerbescheide 1967 bis 1971 ist damit durch die Revision überhaupt nur insoweit angesprochen, als die in den Anträgen zu c) und d) genannten Beteiligungserträge bisher der Klägerin zugerechnet wurden und die Klägerin die Zurechnung gegenüber bestimmten Mitgliedern der sog. Stifterfamilie geltend macht. Über dieses Teilbegehren hätte der BFH nur aufgrund einer von der Klägerin in zulässiger Weise eingelegten Revision sachlich entscheiden können.
Mag auch am 13. Februar 1984 Unklarheit über die Person des Revisionsklägers bestanden haben, so ist diese Unklarheit durch die Erklärungen der Klägerin in ihren Schriftsätzen vom 12. März 1984 und 11. April 1984 beseitigt worden. Auch wenn diese Erklärungen erst nach Ablauf der Revisionsfrist abgegeben wurden und deshalb für die Prüfung der Zulässigkeit der Revision nicht mehr herangezogen werden können, so rechtfertigen sie es doch, heute die Klägerin als die Revisionsklägerin zu behandeln und ihr gegenüber die am 13. Februar 1984 eingelegte Revision als unzulässig zu verwerfen.
Fundstellen
Haufe-Index 415679 |
BFH/NV 1988, 654 |
BFHE 1989, 1 |