Entscheidungsstichwort (Thema)
Revisionszulassung wegen Befangenheit eines FG-Richters; rückwirkendes Ereignis; keine "tatsächliche Verständigung" über Rechtsfrage
Leitsatz (NV)
1. Hat das FG ein Befangenheitsgesuch gegen einen seiner Richter abgelehnt, so kann eine Nichtzulassungsbeschwerde nur dann erfolgreich auf die Besorgnis der Befangenheit gestützt werden, wenn jene Entscheidung auf willkürlichen und greifbar gesetzwidrigen Erwägungen beruht.
2. Es ist nicht klärungsbedürftig, dass ein "rückwirkendes Ereignis" i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AO nur ein solches sein kann, das zeitlich nach dem Ergehen des Steuerbescheids eingetreten ist.
3. Ebenso ist nicht klärungsbedürftig, dass ein Gewinnverteilungsbeschluss i.S. des § 27 Abs. 3 Satz 1 KStG 1996 "den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entspricht", wenn er zivilrechtlich wirksam ist.
4. Reine Rechtsfragen sind einer bindenden "tatsächlichen Verständigung" nicht zugänglich.
Normenkette
AO §§ 85, 175 Abs. 1 S. 2 Nr. 2; FGO § 115 Abs. 2, § 124 Abs. 2; KStG 1996 § 27 Abs. 3 S. 1
Verfahrensgang
FG München (Urteil vom 15.07.2008; Aktenzeichen 6 K 3232/04) |
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten über die Rechtsfolgen einer Gewinnausschüttung.
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer in den Streitjahren (1995 und 1997) R war. An ihrem Unternehmen waren mehrere stille Gesellschafter beteiligt.
Die Klägerin schüttete im Jahr 1997 für das Jahr 1995 zunächst 100 000 DM aus. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte diese Ausschüttung in einem Körperschaftsteuerbescheid 1995, in dem er gemäß § 27 des Körperschaftsteuergesetzes 1996 (KStG 1996) eine entsprechende Ausschüttungsbelastung herstellte. Der Bescheid erging gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Im Jahr 1998 reichte die Klägerin beim FA u.a. ein Protokoll über eine Gesellschafterversammlung der stillen Gesellschaft ein. Nach diesem Protokoll wurde am 25. Dezember 1997 eine zweite Ausschüttung in Höhe von 100 000 DM für das Jahr 1995 beschlossen. Die Klägerin zahlte den Ausschüttungsbetrag noch im Jahr 1997 aus und erteilte eine entsprechende Steuerbescheinigung.
Im Rahmen einer anschließenden Betriebsprüfung bei der Klägerin wurde die Problematik der zweiten Gewinnausschüttung nicht aufgegriffen. Im Anschluss an die Prüfung erging ein geänderter Körperschaftsteuerbescheid 1995, der diese Ausschüttung nicht berücksichtigte. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben.
Bei der Veranlagung der Klägerin zur Körperschaftsteuer 1997 stellte das FA u.a. die Teilbestände des verwendbaren Eigenkapitals (vEK) auf den 31. Dezember 1997 fest, wobei es das sonstige vEK (EK 02) um den Ausschüttungsbetrag der zweiten Gewinnausschüttung minderte. Diese Feststellung erging ebenfalls unter Vorbehalt der Nachprüfung. Einen später gestellten Antrag der Klägerin, den Körperschaftsteuerbescheid 1995 zu ändern und im Hinblick auf die zweite Gewinnausschüttung die Ausschüttungsbelastung herzustellen, lehnte das FA mit Schreiben vom 5. Januar 2001 ab. Sowohl die Feststellung auf den 31. Dezember 1997 als auch die Ablehnung des Änderungsantrags focht die Klägerin mit Einsprüchen an.
In der Folgezeit fand bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für die Jahre 1997 bis 1999 statt. An der Schlussbesprechung nahmen R, der Prozessbevollmächtigte der Klägerin und der Prüfer teil. Ausweislich des Prüfungsberichts wurde in allen Punkten Einigung erzielt. Ferner heißt es im Prüfungsbericht, im Jahr 1997 sei "eine Ausschüttung aus dem Gewinn 1995 vorgenommen worden"; diese sei, "nachdem die Veranlagung 1995 bereits bestandskräftig" sei, "als andere Gewinnausschüttung 1997 zu behandeln (Herstellung der Ausschüttungsbelastung 1997 …)".
Im weiteren Verlauf gelangte das FA zu der Ansicht, dass die im Prüfungsbericht beschriebene Sachbehandlung unrichtig sei, da die zweite Ausschüttung für 1995 auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss beruht habe. Es hob deshalb mit Bescheid vom 28. Februar 2002 den Vorbehalt der Nachprüfung im Bescheid zur vEK-Feststellung auf den 31. Dezember 1997 auf. Am 15. Juni 2004 erließ es nach vorherigem Hinweis auf eine mögliche Verböserung eine Einspruchsentscheidung, nach deren Tenor sowohl der Einspruch wegen Änderung des Körperschaftsteuerbescheids 1995 als auch der Einspruch gegen den Feststellungsbescheid auf den 31. Dezember 1997 zurückgewiesen wurden; in den Gründen der Entscheidung heißt es, der Feststellungsbescheid werde zum Nachteil der Klägerin abgeändert, indem die zweite Ausschüttung für 1995 nicht mit dem EK 02, sondern mit dem tariflich belasteten vEK der Klägerin (EK 50 und EK 45) verrechnet werde. Dem entsprechend berichtigte das FA mit Schreiben vom 26. Oktober 2007 die Einspruchsentscheidung dahin, dass das EK 50 und das EK 45 vermindert sowie das EK 02 erhöht wurden. Einen hiergegen gerichteten Einspruch wies das FA als unzulässig zurück.
Die daraufhin erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, dass der Körperschaftsteuerbescheid 1995 aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht geändert werden dürfe. Die Feststellungen nach § 47 Abs. 1 KStG 1996 auf den 31. Dezember 1997 seien rechtmäßig. Die Einigung zwischen der Klägerin und dem Betriebsprüfer sei in diesem Zusammenhang unbeachtlich, da sie keine bindende Wirkung habe. Schließlich habe die Einspruchsentscheidung zur Feststellung auf den 31. Dezember 1997 nach § 129 AO berichtigt werden dürfen. Die Revision gegen sein Urteil ließ das FG nicht zu.
Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin geltend, dass die Revision nach § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen sei.
Das FA ist der Nichtzulassungsbeschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet. Die von der Klägerin geltend gemachten Gründe für eine Revisionszulassung liegen, soweit sie ordnungsgemäß dargelegt worden sind, nicht vor.
1. Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision gegen ein finanzgerichtliches Urteil zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), wenn die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert (Nr. 2) oder wenn das Urteil auf einem geltend gemachten und vorliegenden Verfahrensmangel beruhen kann (Nr. 3). Wird auf einen dieser Gründe eine Nichtzulassungsbeschwerde gestützt, so muss dieser Grund in der Beschwerdebegründung dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Bei der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde können nur die vom Beschwerdeführer dargelegten Zulassungsgründe berücksichtigt werden.
2. Im Streitfall rügt die Klägerin Verfahrensmängel zunächst insoweit, als das FG seiner Verpflichtung zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 76 Abs. 1 FGO) nicht genügt habe und dass es insbesondere einem von ihr --der Klägerin-- gestellten Antrag auf Vernehmung des Betriebsprüfers nicht nachgekommen sei. Damit kann sie nicht durchdringen, da nicht erkennbar ist, inwieweit eine solche Vernehmung zum Erfolg ihrer Klage hätte beitragen können:
Ausweislich der Beschwerdebegründung verfolgte die Klägerin mit dem genannten Beweisantrag vor allem das Ziel, das FG davon zu überzeugen, dass der Betriebsprüfer das in der Schlussbesprechung vereinbarte Vorgehen zuvor mit dem zuständigen Sachgebietsleiter oder mit der Rechtsbehelfsstelle des FA abgesprochen hatte. Ob eine solche Absprache vorlag, hat das FG jedoch ausdrücklich für unbeachtlich erachtet (S. 13 f. des FG-Urteils). Es durfte deshalb von der Beweiserhebung absehen (BFH-Beschluss vom 4. Dezember 2008 IX B 155/08, BFH/NV 2009, 412). Weitere Umstände, die durch die Vernehmung des Prüfers hätten aufgedeckt werden können und sich zu ihren Gunsten ausgewirkt hätten, hat die Klägerin nicht benannt. Daher kann aus ihrem Vortrag nicht abgeleitet werden, dass dem FG ein entscheidungserheblicher Verfahrensfehler unterlaufen ist. Das aber wäre Voraussetzung für eine erfolgreiche Sachaufklärungsrüge (BFH-Beschlüsse vom 22. April 2008 X B 57/07, BFH/NV 2008, 1192; vom 14. März 2008 V B 137/06, BFH/NV 2008, 1213).
3. Die übrigen von der Klägerin erhobenen Aufklärungsrügen greifen ebenfalls nicht durch. Das bedarf keiner Begründung, da eine solche nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision beizutragen (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).
4. Sodann trägt die Klägerin vor, dass zunächst der Berichterstatter und später der gesamte Senat des FG befangen gewesen seien. Der Berichterstatter --Richter am FG X-- habe während eines Erörterungstermins erklärt, er sei früher selbst Betriebsprüfer gewesen und werde nicht zulassen, dass es zu einem Tribunal gegen den Betriebsprüfer komme; er habe mit dieser Begründung u.a. die Protokollierung eines von der Klägerin gestellten Beweisantrags verweigert. Ein daraufhin gestellter Befangenheitsantrag sei mit verfehlten rechtlichen Erwägungen abgelehnt worden. Die Besorgnis der Befangenheit aller Senatsmitglieder sei deshalb begründet, weil zur mündlichen Verhandlung zwar das persönliche Erscheinen des R angeordnet, nicht aber der Betriebsprüfer geladen worden sei; dieses Vorgehen habe darauf abgezielt, eine Aufklärung des maßgeblichen Sachverhalts zu verhindern. Zudem seien dem FG weitere --in der Beschwerdebegründung aufgezählte-- Fehler unterlaufen, die ebenfalls auf die Befangenheit der Richter hindeuteten. Mit diesen Rügen hat die Klägerin keinen Erfolg.
a) Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann grundsätzlich nicht auf die rechtswidrige Ablehnung eines Befangenheitsgesuchs gestützt werden (BFH-Beschlüsse vom 13. Januar 2003 III B 51/02, BFH/NV 2003, 640; vom 3. Juni 2005 XI S 7/04 (PKH), BFH/NV 2005, 1556; vom 28. Juli 2005 II B 81/04, BFH/NV 2005, 2221). Anders ist es nur dann, wenn ein Befangenheitsgesuch aus nicht nur fehlerhaften, sondern willkürlichen und greifbar gesetzwidrigen Erwägungen heraus abgelehnt worden ist (BFH-Beschlüsse vom 27. August 2007 VII B 26/07, BFH/NV 2008, 221; vom 29. Oktober 2008 V B 110/07, BFH/NV 2009, 396, m.w.N.). Daran fehlt es im Streitfall:
Das FG hat die von der Klägerin gerügte Äußerung von Richter am FG X dahin gewürdigt, dass sie dazu gedient habe, einen ordnungsgemäßen Ablauf des Erörterungstermins sicherzustellen. Es habe sich nicht um eine unbeherrschte Reaktion, sondern um eine vertretbare Formulierung gehandelt, die zur Versachlichung der Diskussion beigetragen habe. Zudem habe die Klägerin ihr Recht, das Verhalten von Richter am FG X zu rügen, durch die weitere Verhandlung und die Stellung von Beweisanträgen verloren. Diese Einschätzung ist nachvollziehbar und in sich schlüssig. Die Klägerin mag sie für nicht überzeugend halten oder einzelne in der Entscheidung enthaltene Formulierungen dahin deuten, dass das FG das Verhalten des X einseitig interpretiert oder beschönigt habe; das gilt namentlich für den Umstand, dass die von der Klägerin behauptete Äußerung des X dort verkürzt wiedergegeben ist. Doch lässt die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch nicht erkennen, dass das FG sich von grob fehlerhaften oder gegen die Klägerin gerichteten Erwägungen hat leiten lassen. Eine greifbare Gesetzwidrigkeit im Sinne einer Willkür haftet ihr daher nicht an. Angesichts dessen kann das Vorliegen eines Verfahrensmangels nicht damit begründet werden, dass Richter am FG X befangen gewesen sei.
b) Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass alle Mitglieder des FG-Senats befangen gewesen sein könnten, ergeben sich aus dem Vortrag der Klägerin nicht. Auf nähere Ausführungen dazu wird gemäß § 116 Abs. 5 Nr. 2 FGO verzichtet.
5. Dasselbe gilt im Hinblick auf den Vortrag der Klägerin, das angefochtene Urteil sei entgegen § 105 Abs. 2 Nr. 5 FGO nicht mit Gründen versehen. Denn ein Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO liegt insoweit --abgesehen von den hier erkennbar nicht vorliegenden Fällen des Fehlens jeglicher Begründung oder der nicht rechtzeitigen Absetzung des Urteils-- nur dann vor, wenn entweder die Urteilsgründe insgesamt nicht nachvollziehbar sind oder das FG ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel übergangen hat (Senatsbeschluss vom 20. Dezember 2006 I B 47/05, BFH/NV 2007, 831, m.w.N.). So liegen die Dinge im Streitfall nicht:
Das angefochtene Urteil lässt den Gedankengang des FG erkennen und könnte selbst dann, wenn diesem Gedankengang im Ergebnis nicht zu folgen wäre, nicht als unklar und verworren bezeichnet werden. Auch hat das FG nicht einen eigenständigen Klagegrund oder ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel übergangen, das den vollständigen Tatbestand einer mit selbständiger Wirkung ausgestatteten Rechtsnorm bildet (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 26. März 2003 VI B 151/01, BFH/NV 2003, 1068; Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 119 Rz 25, m.w.N.). Die insoweit von der Klägerin erhobenen Rügen gehen denn auch nur dahin, dass einzelne Elemente ihres Sachvortrags und verschiedene von ihr angestellte rechtliche Erwägungen in dem angefochtenen Urteil weder erwähnt noch abgehandelt seien; damit macht die Klägerin aber nur geltend, dass die vom FG gegebene Begründung unvollständig sei, woraus sich ein "Fehlen" der notwendigen Begründung aber nicht ergeben kann (BFH-Beschlüsse vom 27. März 2008 IX B 36/07, BFH/NV 2008, 1149; vom 22. Juli 2008 II B 47/07, BFH/NV 2008, 1846; Lange in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 119 FGO Rz 399, m.w.N.).
6. Grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO hat der Rechtsstreit nach Ansicht der Klägerin zunächst im Hinblick auf die Auslegung des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Es sei klärungsbedürftig, ob diese Norm die Änderung eines Steuerbescheids gestatte, der vor dem Eintritt des für die Vergangenheit wirkenden ("rückwirkenden") Ereignisses erlassen worden sei. Die Frage könne im Streitfall geklärt werden; wenn man sie bejahe, könne der im Anschluss an die Betriebsprüfung ergangene Körperschaftsteuerbescheid 1995 nämlich nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO in der Weise geändert werden, dass im Hinblick auf die zweite in 1997 erfolgte Gewinnausschüttung (rückwirkendes Ereignis) die Ausschüttungsbelastung hergestellt werde. Damit kann die Klägerin keinen Erfolg haben, weil in diesem Punkt kein Klärungsbedarf besteht.
Denn nach ständiger Rechtsprechung des BFH erlaubt § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO die Änderung eines Steuerbescheids nur dann, wenn das zusätzlich zu berücksichtigende Ereignis zeitlich nach dem Ergehen des Steuerbescheids eingetreten ist (Senatsurteil vom 10. Juli 2002 I R 69/00, BFH/NV 2002, 1545, m.w.N.). Es genügt nicht, dass dem FA ein schon zuvor eingetretenes Ereignis im Anschluss an den Erlass des Bescheids bekannt wird oder dass das FA den Sachverhalt im Nachhinein anders als beim Erlass des Bescheids würdigt (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 19. Juli 1993 GrS 2/92, BFHE 172, 66, 75, BStBl II 1993, 897, 901, m.w.N.). Durch diese Rechtsprechung, der das Schrifttum allgemein folgt (z.B. von Wedelstädt in Beermann/Gosch, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 175 AO Rz 47; Koenig in Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, 2. Aufl., § 175 Rz 40; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, § 175 AO Rz 23, m.w.N.), ist die von der Klägerin angesprochene Frage geklärt. Die Beschwerdebegründung zeigt keinen weiteren Klärungsbedarf auf; das gilt namentlich für den Hinweis, dass die Problematik im Bereich des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO abweichend gehandhabt werde (vgl. dazu BFH-Urteile vom 14. Juni 1991 III R 64/89, BFHE 165, 438, 442 f., BStBl II 1992, 52, 53; vom 29. August 2007 XI R 5/07, BFH/NV 2008, 12, m.w.N.). Denn diese Handhabung beruht auf der besonderen Funktion des Grundlagenbescheids, die u.a. damit zusammenhängt, dass die für den Erlass des Folgebescheids zuständige Behörde die einem Grundlagenbescheid vorbehaltenen Entscheidungen nicht eigenständig treffen darf (vgl. BFH-Urteile vom 14. April 1988 IV R 219/85, BFHE 153, 285, 288, BStBl II 1988, 711, 712; vom 24. Mai 2006 I R 93/05, BFHE 214, 7, 11, BStBl II 2007, 76, 77, m.w.N.). Auf weitere Ausführungen dazu wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO verzichtet.
7. Die von der Klägerin angesprochenen Fragen zur Auslegung des § 27 Abs. 3 KStG 1996 haben ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung.
Das gilt zum einen insoweit, als ein Gewinnverteilungsbeschluss immer dann i.S. des § 27 Abs. 3 Satz 1 KStG 1996 "den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entspricht", wenn er zivilrechtlich wirksam ist. Dieser vom FG angewandte Rechtssatz entspricht der Rechtsprechung des beschließenden Senats (Senatsurteil vom 16. Mai 2007 I R 84/06, BFH/NV 2007, 1925, m.w.N.), die erst kürzlich bestätigt worden ist (Senatsurteil vom 29. April 2009 I R 44/08, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt). Die von der Klägerin angesprochenen Überlegungen sind bei dieser Rechtsprechung bedacht worden. Ein weiterer Klärungsbedarf besteht insoweit nicht; das gilt umso mehr, als es sich bei § 27 Abs. 3 Satz 1 KStG 1996 um ausgelaufenes Recht handelt.
Ebenso hat der Senat bereits entschieden, dass ein Gewinn auch dann ausgeschüttet werden darf, wenn er bereits in einem Jahresabschluss für ein zwischenzeitlich abgelaufenes Wirtschaftsjahr berücksichtigt worden ist (Senatsurteil vom 5. Juni 1985 I R 276/82, BFHE 144, 348, BStBl II 1986, 81). Dabei ist er davon ausgegangen, dass in diesem Fall der Gewinnverwendungsbeschluss wirksam ist (Senatsurteil in BFHE 144, 348, 351, BStBl II 1986, 81, 83). Mithin ist diese von der Klägerin angesprochene Frage ebenfalls geklärt.
8. Die Annahme des FG, dass das FA nicht an die in der Schlussbesprechung getroffene Einigung zur gliederungsrechtlichen Behandlung der zweiten Gewinnausschüttung gebunden sei, wirft ebenfalls keine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage auf. Eine förmliche Zusage (§ 204 AO) hat die Klägerin insoweit nicht erhalten. Zu einer bindenden "tatsächlichen Verständigung" kann die Einigung zwischen der Klägerin und dem Betriebsprüfer schon deshalb nicht geführt haben, weil sie ausschließlich eine Rechtsfrage betraf. Selbst wenn die Annahme der Klägerin zutrifft, dass die Abgrenzung zwischen "Rechtsfragen" und Fragen tatsächlicher Art nicht abschließend geklärt sei, kommt dem im Streitfall keine Bedeutung zu; es ging hier nur um die rechtlichen Folgen eines unstreitigen Sachverhalts, und in diesem Sinne "reine" Rechtsfragen sind einer "tatsächlichen Verständigung" nicht zugänglich (BFH-Urteile vom 28. Juni 2001 IV R 40/00, BFHE 196, 87, 92, BStBl II 2001, 714, 716; vom 7. Juli 2004 X R 24/03, BFHE 206, 292, 296, BStBl II 2004, 975, 977; Buciek, Deutsche Steuer-Zeitung 1999, 389, 396, m.w.N.). Das alles ist hinreichend geklärt und deshalb nicht klärungsbedürftig (BFH-Beschluss vom 30. Juli 1997 II B 18/97, BFH/NV 1998, 188). Angesichts dessen können die von der Klägerin angesprochenen weiteren Fragen, ob eine bindende "tatsächliche Verständigung" nur bei persönlicher Anwesenheit eines entscheidungsbefugten Amtsträgers zustande kommen kann und wie in diesem Zusammenhang eine zuvor getroffene Absprache zwischen einem --nicht entscheidungsbefugten-- Betriebsprüfer und der entscheidungsbefugten Stelle zu würdigen ist, im Streitfall nicht geklärt werden.
Weitere Ausführungen zu dieser Problematik hält der Senat für verzichtbar (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO). Dasselbe gilt im Hinblick auf den Vortrag der Klägerin dazu, dass das FA nach dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben an die getroffene Einigung gebunden sei.
9. Eine zur Revisionszulassung führende Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) hat die Klägerin, was erneut keiner näheren Erläuterung bedarf (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO), nicht ordnungsgemäß dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Ihre Ausführungen zu § 174 Abs. 3 AO und zu § 129 AO laufen letztlich darauf hinaus, dass das FG die genannten Vorschriften unrichtig angewandt habe; auf diese Weise kann eine Zulassung der Revision nicht erreicht werden (BFH-Beschlüsse vom 24. September 2008 IX B 110/08, BFH/NV 2009, 39; vom 25. November 2008 I B 99/08, BFH/NV 2009, 405).
Fundstellen
Haufe-Index 2212442 |
BFH/NV 2009, 1829 |