Entscheidungsstichwort (Thema)
Rücknahme eines Haftungsbescheids
Leitsatz (NV)
Im Einspruchsverfahren gegen einen Haftungsbescheid kann der Haftungsschuldner nach § 364 AO 1977 beantragen, dass ihm die Gründe für seine Inanspruchnahme mitgeteilt werden. Wenn er dies unterlässt, kann er im Verfahren wegen der Zurücknahme des bestandskräftigen Haftungsbescheids nicht mit Erfolg geltend machen, ihm seien die Gründe für seine Heranziehung unbekannt.
Normenkette
AO 1977 § 130 Abs. 1, § 364; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
Tatbestand
I. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) nahm den Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) durch Haftungsbescheid vom 16. August 1993 als Komplementär der A-KG wegen Vorauszahlungen zur Umsatzsteuer für März und Mai 1992 und wegen Säumniszuschlägen in Anspruch. Der Kläger focht den Haftungsbescheid nicht an. Mit Schreiben vom 14. Januar 1999 beantragte er die Aufhebung des Haftungsbescheids. Dies lehnte das FA ab und wies auch den dagegen eingelegten Einspruch zurück.
Die Klage hatte nur teilweise Erfolg. Soweit das Finanzgericht (FG) ihr nicht stattgab, führte es u.a. aus, das FA habe es ermessensfehlerfrei nach § 130 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) abgelehnt, den Haftungsbescheid zurückzunehmen. Das FG legte unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 26. März 1991 VII R 15/89 (BFHE 164, 215, BStBl II 1991, 552) dar, die Ablehnung der Zurücknahme eines unanfechtbaren Haftungsbescheids sei in der Regel dann ermessensfehlerfrei, wenn der Betroffene zur Begründung seines Antrags nur solche Umstände vortrage, die er bei fristgerechter Einlegung des statthaften Rechtsbehelfs im Rechtsbehelfsverfahren vorzubringen in der Lage gewesen wäre. Der Kläger hätte die für die Verpflichtung des FA zur Zurücknahme des Haftungsbescheids vorgetragenen Gründe bei rechtzeitiger Einlegung des Einspruchs schon im Einspruchsverfahren vorbringen können.
Mit der Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen Abweichung der Vorentscheidung von dem Urteil des BFH in BFHE 164, 215, BStBl II 1991, 552 (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Revision ist nicht nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO wegen Abweichung der Vorentscheidung von Grundsätzen in dem Urteil des BFH in BFHE 164, 215, BStBl II 1991, 552 zuzulassen.
a) Die Beschwerde genügt nicht den Anforderungen, die nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO zur Darlegung der Abweichung erfüllt werden müssen. Die Klägerin bezeichnet keinen entscheidungserheblichen Rechtssatz aus dem angefochtenen finanzgerichtlichen Urteil, der mit dem hervorgehobenen abstrakten Rechtssatz aus der Entscheidung des BFH in BFHE 164, 215, BStBl II 1991, 552 unvereinbar wäre. Eine Gegenüberstellung unvereinbarer Rechtssätze, aus denen die Abweichung erkennbar wird, ist aber zur Darlegung einer Divergenz i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO erforderlich (BFH-Beschlüsse vom 1. August 1990 II B 36/90, BFHE 161, 418; vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479).
Der Kläger behauptet eine Abweichung nur. Sein Vorbringen ergibt letztlich, dass er der Meinung ist, das FG habe nach Grundsätzen der Entscheidung des BFH in BFHE 164, 215, BStBl II 1991, 552 falsch entschieden. Mit der Darlegung, dass das FG Grundsätze aus einer bezeichneten Entscheidung des BFH im Streitfall unrichtig angewendet habe, wird jedoch keine Abweichung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO bezeichnet.
b) Abgesehen davon liegt eine Abweichung im Streitfall schon deswegen nicht vor, weil der Kläger nicht gehindert war, die für die Zurücknahme des Haftungsbescheids vorgebrachten Gründe schon im Einspruchsverfahren vorzubringen. Wenn ihm die Grundlagen für die Inanspruchnahme als Haftungsschuldner nicht bekannt waren, hätte er nach § 364 AO 1977 beantragen können, dass sie ihm im Einspruchsverfahren mitgeteilt und erläutert werden. Im Übrigen brauchte das FA den Haftungsbescheid nach § 121 Abs. 2 Nr. 3 AO 1977 nicht zu begründen, weil es dem Kläger die Haftungsgrundlagen durch Schreiben vom 11. März 1993 (Umsatzsteuerakten Bl. 4) mitgeteilt hatte.
c) Soweit der Kläger die Zulassung der Revision auch wegen einer Abweichung des FG-Urteils von der Entscheidung des BFH vom 25. Februar 1997 VII R 15/96 (BFHE 182, 480, BStBl II 1998, 2) beantragt haben sollte, genügen seine Ausführungen den geschilderten Zulassungsvoraussetzungen nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO ebenfalls nicht. Der Kläger rügt, dass sich das FA nach Bekanntgabe der Vorentscheidung nicht an die erwähnte Entscheidung des BFH halte.
2. Im Übrigen ergeht die Entscheidung ohne weitere Begründung (Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs).
Fundstellen