Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine AdV bei Verpflichtungsklage
Leitsatz (NV)
Bei Antrag auf Änderung eines bestandskräftigen Verwaltungsaktes im Wege der Verpflichtungsklage kommt eine Aussetzung der Vollziehung nicht in Betracht.
Normenkette
FGO § 69 Abs. 3
Tatbestand
Mit Schreiben vom 22. Oktober 1997 hat der Kläger, Antragsteller und Revisionsbeklagte (Kläger) beantragt, "die Aufhebung der Vollziehung der angefochtenen Bescheide unter Einbeziehung von Zinsfestsetzung und Verspätungszuschlag anzuordnen".
In der Hauptsache ist streitig, ob der Antragsgegner, Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) verpflichtet ist, den Umsatzsteuer-Bescheid vom 24. Juni 1992 gemäß §173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) zu ändern.
Der Kläger war von Ende 1986 bis Anfang 1990 als Rechtsanwalt tätig. Im März 1990 wurde gegen ihn ein vorläufiges Berufsverbot verhängt. Im April 1990 verzichtete er auf seine Zulassung als Rechtsanwalt. Eine Rechtsanwältin wurde bis zum 30. April 1992 als Kanzleiabwicklerin i. S. des §55 der Bundesrechtsanwaltsordnung bestellt. Der Kläger, der mit dem FA unter einer Adresse im Amtsbereich des FA X korrespondierte, teilte mit, daß er seine selbständige Tätigkeit eingestellt habe und daß eine Abwicklerin bestellt worden sei. Im Oktober 1990 wurde der Kläger zur Abgabe der Einkommen- und Umsatzsteuererklärung aufgefordert. Die Aufforderung war an die frühere Adresse des Klägers gerichtet und wurde von der Abwicklerin an den Kläger weitergeleitet. Unter dem 24. Juni 1992 erließ das FA einen Umsatzsteuer-Bescheid für das Kalenderjahr 1989. Mit Schreiben vom 22. Dezember 1992 beantragte der Kläger die Änderung des Bescheides, da er erst seit kurzer Zeit wieder im Besitz der Buchhaltungsunterlagen sei. Auch sei er davon ausgegangen, daß die Steuererklärung durch die Kanzleiabwicklerin abgegeben worden sei. Das FA wies den Antrag auf Änderung mit Verfügung vom 27. Januar 1993 zurück. Der Einspruch wurde zurückgewiesen (Einspruchsentscheidung vom 21. März 1994). Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt; die Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 1997, 1219 veröffentlicht. Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts.
Entscheidungsgründe
Der Antrag auf Aufhebung der Vollziehung hat keinen Erfolg.
Gemäß §69 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Aufhebung der Vollziehung anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Aufhebung der Vollziehung gemäß §69 Abs. 3 FGO kommt nur hinsichtlich vollziehbarer Verwaltungsakte in Betracht, gegen die Anfechtungsklage erhoben ist (vgl. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., 1997, §69 Rz. 5). Im Streitfall hat der Kläger jedoch keine Anfechtungsklage erhoben, sondern er erstrebt die Änderung eines bestandskräftigen Verwaltungsaktes im Wege der Verpflichtugnsklage (§40 Abs. 1 FGO).
Vorläufiger Rechtsschutz bei Verpflichtungsklagen kann nur durch eine einstweilige Anordnung gemäß §114 FGO gewährt werden. Ein solcher Antrag ist nicht gestellt worden; dementsprechend sind auch die entsprechenden Voraussetzungen nicht dargelegt worden.
Fundstellen
Haufe-Index 66490 |
BFH/NV 1998, 615 |