Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung; widerstreitende Steuerfestsetzungen
Leitsatz (NV)
1. Führt die Beschwerdebegründung lediglich an, das FG habe gegen die Grundsätze einer gesetzlichen Regelung verstoßen, liegt darin die Rüg eines materiell-rechtlichen Fehlers, mit der kein Revisionszulassungsgrund dargelegt wird.
2. Ist der Steuerpflichtige der Auffassung, dass zu seinen Lasten widerstreitende Steuerfestsetzungen vorgenommen worden sind, muss er eine Änderung des "fehlerhaften Steuerbescheids" (§ 174 Abs. 1 AO 1977) beantragen. Für eine Änderung des anderen ‐ aus Sicht des Steuerpflichtigen zutreffenden ‐ Steuerbescheids fehlt es an einer Rechtsgrundlage.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, § 116 Abs. 3 S. 3; AO 1977 § 174 Abs. 1
Verfahrensgang
FG Münster (Urteil vom 17.07.2003; Aktenzeichen 3 K 1621/00 EW) |
Tatbestand
I. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) ließ in den auf den 1. Januar 1995 bzw. 1997 ergangenen Bescheiden über die Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), einer GmbH & Co. KG, Verbindlichkeiten gegenüber der Komplementär-GmbH (GmbH) unter Berufung auf § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Satz 3 des Bewertungsgesetzes (BewG) unberücksichtigt.
Die Klägerin begehrt einen entsprechenden Abzug als Schuldposten. Sie hat im Klageverfahren behauptet, ihrem Kommanditisten (dem Beigeladenen) bei Gründung der GmbH ein --zinsloses und grundsätzlich unkündbares-- Darlehen in Höhe von 50 000 DM zur Finanzierung der Stammeinlage gewährt zu haben. Anschließend habe die GmbH diesen Betrag darlehensweise der KG überlassen. Das FA hat hierzu vorgetragen, in der Bilanz der Klägerin sei keine Darlehensforderung gegenüber dem Beigeladenen enthalten.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, selbst wenn die Behauptung der Klägerin über das Bestehen der verschiedenen Darlehensverhältnisse zutreffe, stehe der klare Wortlaut des § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Satz 3 BewG dem Abzug einer gegenüber der GmbH bestehenden Verbindlichkeit der Klägerin entgegen.
Mit ihrer Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unzulässig.
Die Klägerin hat den geltend gemachten Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) entsprechenden Weise dargelegt.
Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein (zusammenfassend zu dem seit 2001 geltenden Zulassungsrecht BFH-Beschlüsse vom 10. April 2003 X B 109/02, BFH/NV 2003, 1082, unter 1. a, und vom 10. September 2003 X B 132/02, BFH/NV 2004, 495, unter 1.). Diese Voraussetzungen sind in der Beschwerdebegründung darzulegen (BFH-Beschluss vom 13. März 2003 VII B 153/02, BFH/NV 2003, 1065).
Vorliegend fehlt es bereits an der Herausarbeitung einer für die Entscheidung des Streitfalls rechtserheblichen abstrakten Rechtsfrage (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 14. März 2000 V B 23/00, BFH/NV 2000, 1148). In ihrer Beschwerdebegründung führt die Klägerin lediglich an, das FG habe gegen die gesetzlichen Grundsätze des § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Satz 3 BewG verstoßen. Mit der darin liegenden Rüge eines materiell-rechtlichen Fehlers wird aber kein Revisionszulassungsgrund dargelegt (BFH-Beschluss vom 28. August 2003 VII B 71/03, BFH/NV 2004, 493, unter II. 2. b).
Soweit die Klägerin erstmals im Beschwerdeverfahren vorträgt, der gemeine Wert der Anteile an der GmbH sei wegen der Darlehensgewährung um 50 000 DM zu mindern, fehlt es an hinreichenden Darlegungen dazu, warum dieses Vorbringen angesichts der Bindungswirkung der gesonderten und einheitlichen Feststellung des gemeinen Werts der Anteile (§ 182 Abs. 1 der Abgabenordnung --AO 1977-- i.V.m. § 1 der Anteilsbewertungsverordnung) für das vorliegende Verfahren von Bedeutung sein könnte. Allein der Hinweis auf die Vorschriften des § 174 AO 1977 reicht dafür nicht aus. Denn selbst wenn hier widerstreitende Steuerfestsetzungen gegeben sein sollten, hätte dies nur zur Folge, dass "der fehlerhafte Steuerbescheid" (§ 174 Abs. 1 AO 1977) zu ändern wäre. Dies wäre aber --auf der Grundlage der Rechtsauffassung der Klägerin-- der Bescheid über die Feststellung des gemeinen Werts der Anteile, nicht hingegen der vorliegend angefochtene Einheitswertbescheid.
Fundstellen
Haufe-Index 1343194 |
BFH/NV 2005, 1004 |