Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an NZB bei streitigem Billigkeitserlaß
Leitsatz (NV)
- Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann grundsätzlich nicht mit Einwänden gegen die Richtigkeit des FG-Urteils begründet werden.
- Die ordnungsgemäße Darlegung der Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 Satz 3 FGO) verlangt vor allem die Formulierung einander widersprechender tragender abstrakter Rechtssätze.
- Daß systemimmanente Härten der Gesetzesanwendung auch im Rahmen der sachlichen Billigkeitsprüfung nach den §§ 163, 227 AO 1977 prinzipiell hinzunehmen sind, kann als grundsätzlich geklärt gelten.
Normenkette
AO 1977 §§ 163, 227; FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2, Abs. 3 S. 3
Gründe
Das Rechtsmittel ist unzulässig, weil es nicht in der vom Gesetz (§ 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―) geforderten Weise begründet wurde.
Statt substantiiert und in sich schlüssig die geltend gemachten Zulassungsgründe darzulegen, haben die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) im wesentlichen nur in diesem Verfahren unbeachtliche Einwände gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils erhoben (s. dazu näher: z.B. die Beschlüsse des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 24. April 1998 X B 155/97, BFH/NV 1998, 1331, sowie vom 19. August 1998 X B 111/97, BFH/NV 1999, 210, und vom 25. August 1998 IX B 70/98, BFH/NV 1999, 213; Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., 1997, § 115 Rz. 58 und 62 f., jeweils m.w.N.):
1. Die Kläger haben es versäumt, einem tragenden abstrakten Rechtssatz des angefochtenen Urteils einen ebensolchen gegenüberzustellen, auf dem eine der in der Beschwerdebegründung zitierten BFH-Entscheidungen beruht, wie dies im Fall des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO erforderlich ist (BFH-Beschlüsse vom 24. August 1998 VII B 151/98, BFH/NV 1999, 155, und in BFH/NV 1999, 213; Gräber, a.a.O., § 115 Rz. 63, m.w.N.). Zwar ist in der Beschwerdebegründung die Erkenntnis des BFH-Urteils vom 26. Oktober 1994 X R 104/92 (BFHE 176, 3, BStBl II 1995, 297) angesprochen, daß mehrere Umstände, die, jeder für sich betrachtet, auch unter dem Gesichtspunkt der Einzelfallgerechtigkeit hingenommen werden müssen, im Zusammenwirken sachliche Unbilligkeit ergeben können. Aber es fehlt die Formulierung eines divergierenden, das Urteil des Finanzgerichts (FG) tragenden Rechtssatzes. Hierfür ist zudem eine Basis deshalb nicht erkennbar, weil das FG ausdrücklich davon abgesehen hat, die Rechtsgrundsätze des vorgenannten BFH-Urteils zu erörtern, und zwar mit der Begründung, es sei ein anderer Sachverhalt zu beurteilen (näher dazu: Gräber, a.a.O., § 115 Rz. 64).
2. Auch einen Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO haben die Kläger nicht in der vom Gesetz geforderten Weise dargetan. Die Behauptung, eine ―noch dazu nicht konkret herausgearbeitete― Rechtsfrage sei höchstrichterlich noch nicht entschieden, genügt den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht (s. z.B. BFH-Beschluß in BFH/NV 1999, 210). Ein über das Interesse der Kläger am Ausgang dieses Verfahrens hinausreichendes allgemeines Interesse an einer entscheidungserheblichen Problemlösung ist nicht erkennbar. Das liegt auch daran, daß Aussagen zur Billigkeit notwendigerweise in weitaus größerem Maße einzelfallbezogen sind als solche zur Gesetzesanwendung.
Der Einwand schließlich, das FG habe es "unzutreffend abgelehnt", zu untersuchen, ob in der (auf die zeitliche Begrenzung der damals geltenden Vortragsregelung zurückzuführenden) unvollständigen Verlustberücksichtigung eine "korrekturbedürftige steuerliche Einzelungerechtigkeit vorliegt oder nicht", erschöpft sich in einem unbeachtlichen Angriff auf die Richtigkeit des angefochtenen Urteils (BFH-Beschluß in BFH/NV 1999, 210; Gräber, a.a.O., § 115 Rz. 58 und 62).
Das FG hat im übrigen die von den Klägern laut Beschwerdebegründung vermißte Billigkeitsprüfung vorgenommen und die dafür maßgeblichen Kriterien auch in der Urteilsbegründung detailliert offengelegt. Es ist hierbei nur zu dem für die Kläger nachteiligen Ergebnis gekommen, die in der Anwendung der einschlägigen Gesetzesvorschriften liegende Härte sei als systemimmanent auch im Rahmen des § 163 der Abgabenordnung (AO 1977) hinzunehmen. Hinsichtlich dieser Erkenntnis gibt es grundsätzlich keinen Klärungsbedarf (s. z.B. Hübschmann/ Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 163 AO 1977 Rz. 81; § 227 AO 1977 Rz. 141, 254, m.w.N.).
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs).
Fundstellen
Haufe-Index 302301 |
BFH/NV 1999, 1303 |