Leitsatz (amtlich)

Selbst wenn das Gericht befugt sein sollte, die Vollziehung eines angefochtenen Steuerbescheids einstweilen auszusetzen, so könnte das nur bei besonderer Eilbedürftigkeit für einen kurz bemessenen Zeitraum in Betracht kommen.

 

Normenkette

FGO §§ 69, 155; ZPO § 572 Abs. 3

 

Tatbestand

Zu entscheiden ist in der die Aussetzung der Vollziehung der Bescheide über die einheitlichen Gewinnfeststellungen 1962 bis 1965 der ... KG betreffenden Sache, ob dem Antrag des Beschwerdeführers, die Vollziehung der angefochtenen Bescheide einstweilen auszusetzen, stattzugeben ist.

Das FG wies den Antrag des Beschwerdeführers, die Vollziehung der angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheide nach § 69 FGO auszusetzen, zurück. Dagegen legte der Beschwerdeführer Beschwerde ein und beantragte außerdem, "die Vollziehung der angefochtenen Bescheide einstweilen auszusetzen". Als Begründung für seinen Antrag auf einstweilige Aussetzung der Vollziehung gab er sein "hohes Kostenrisiko" an.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Der Antrag des Beschwerdeführers wird abgelehnt.

Der II. Senat des BFH hielt eine einstweilige Aussetzung der Vollziehung in seinem nichtveröffentlichten Beschluß II S 32/66 vom 13. Juli 1966 für möglich und setzte die Vollziehung eines Kraftfahrzeugsteuerbescheids einschließlich der auf Grund dieses Bescheids ergangenen Vollstreckungsakte bis zur Entscheidung über die Beschwerde des Steuerpflichtigen gegen den die Aussetzung der Vollziehung ablehnenden Beschluß des FG "zunächst längstens bis 30.9.1966" einstweilen aus. In diesem Fall hatte das FA den Lohn des Steuerpflichtigen in voller Höhe des pfändbaren Betrages gepfändet. Auf Anfrage des erkennenden Senats erklärte der II. Senat, er halte die einstweilige Aussetzung der Vollziehung unter besonders gelagerten Umständen für zulässig. Sie sei "der äußerste Notbehelf des Gerichts zur Abwendung eines für den Steuerpflichtigen empfindlichen, für das FA nicht notwendigen Schadens". Voraussetzung sei jedoch, daß die Entscheidung des Gerichts von besonderer Eilbedürftigkeit sei, die über das für die Verfahren nach § 69 Abs. 3 FGO übliche Maß hinausgehe. Im übrigen hätte der Beschluß II S 32/66 nur dahin ergehen sollen, daß auf die Dauer von sechs Wochen die Vollstreckung aus der Pfändungsverfügung einstweilen eingestellt und jede andere Vollstreckung des Steuerbescheids vorläufig untersagt werde. Rechtsgrundlage für eine derartige Entscheidung des Beschwerdegerichts sei § 155 in Verbindung mit § 572 Abs. 3 ZPO.

Der Senat hält es für sehr zweifelhaft, ob eine einstweilige Aussetzung der Vollziehung zulässig ist. Er neigt zu der im Beschluß des BFH VII B 145-147/67 vom 18. Juli 1968 (BFH 93, 217, BStBl II 1968, 744) vertretenen Auffassung, daß für eine einstweilige Regelung keine Rechtsgrundlage bestehe. Er kann diese Frage jedoch dahingestellt sein lassen. Denn im vorliegenden Fall fehlt es an einer besonderen Eilbedürftigkeit, die auch nach Meinung des II. Senats Voraussetzung für eine einstweilige Aussetzung der Vollziehung wäre und die es rechtfertigen könnte, eine einstweilige Anordnung hinsichtlich der allgemeinen Vollziehbarkeit für einen kurz bemessenen Zeitraum zu treffen, der wegen der besonderen Verhältnisse für die Entscheidung nach § 69 FGO benötigt wird. Der Senat braucht deshalb auch nicht darauf einzugehen, ob und unter welchen Voraussetzungen zwar nicht eine einstweilige Aussetzung der Vollziehung, wohl aber eine kurzfristige Beschränkung der Vollstreckung zulässig sein könnte.

 

Fundstellen

Haufe-Index 68235

BStBl II 1969, 80

BFHE 1969, 8

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