Entscheidungsstichwort (Thema)
Revision und Nichtzulassungsbeschwerde gesonderte Verfahren; Streitwertbemessung
Leitsatz (NV)
1. Wird Revision eingelegt und wird außerdem beantragt, die Revision zuzulassen, werden dadurch zwei Verfahren ausgelöst.
2. Werden die Einkommensteuerfestsetzungen mehrerer Veranlagungszeiträume angefochten, setzt sich der Streitwert aus der Summe der einzelnen Unterschiedsbeträge zwischen der festgesetzten und der erstrebten Einkommensteuer zusammen.
Normenkette
FGO § 115; GKG § 13
Tatbestand
Die Kostenschuldnerin und Erinnerungsführerin (Kostenschuldnerin) hat im Verfahren wegen Einkommensteuer 1977 bis 1979 gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) Revision eingelegt (Az. des Bundesfinanzhofs - BFH - IX R 183/87) und zugleich Nichtzulassungsbeschwerde erhoben (BFH-Az. IX B 91/87) sowie Revision gegen das Urteil des FG vom selben Tag wegen Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuer 1977 bis 1979 (BFH-Az. IX R 184/87) eingelegt. Der Senat hat die Revision im Verfahren IX R 183/87 als unzulässig verworfen, die Nichtzulassungsbeschwerde in der Sache IX B 91/87 als unbegründet zurückgewiesen und die Revision in dem Verfahren IX R 184/87 ebenfalls als unzulässig verworfen. In allen Verfahren sind der Kostenschuldnerin die Verfahrenskosten auferlegt worden.
In der Revisionssache IX R 183/87 hatte die Kostenschuldnerin beantragt, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in den Jahren 1977 bis 1979 wie erklärt der Besteuerung zugrunde zu legen. Sie hielt ihre Revision für zulässig, weil der Wert des Streitgegenstandes 1 000 DM übersteige. Die Kostenschuldnerin führte in dem die Revision enthaltenden Schriftsatz u. a. weiter aus: ,,Darüber hinaus ist die Revision gemäß Abs. 2 zulässig, da das Urteil des Finanzgerichts von einer Entscheidung des BFH abweicht und auf dieser Abweichung beruht." Sie beantragte in einem weiteren Schriftsatz, das Rechtsmittel ,,auch als Nichtzulassungsbeschwerde auszulegen und die Revision zuzulassen". Der erkennende Senat hat die Erklärungen der Kostenschuldnerin als Einlegung einer Revision und einer Nichtzulassungsbeschwerde beurteilt.
Die Kostenstelle des BFH ist in den Verfahren IX E 1/87 und IX E 2/87 jeweils von einem Streitwert von 299 666 DM und im Verfahren IX E 3/87 von einem solchen von 34 337 DM ausgegangen und hat die von der Kostenschuldnerin zu entrichtenden Gerichtskosten mit 4 356 DM (IX E 1/87), 2 178 DM (IX E 2/87) und 900 DM (IX E 3/87) angesetzt. Die Streitwertberechnung beruhe auf dem Begehren der Kostenschuldnerin, die Einkommensteuer für die Streitjahre 1977 bis 1979 um 299 666 DM zu vermindern. Zahlungen und Verrechnungen seien entgegen der Auffassung der Kostenschuldnerin bei der Bemessung des Streitwerts nicht zu berücksichtigen, weil sie den für die Errechnung des Streitwerts maßgeblichen Unterschiedsbetrag zwischen der festgesetzten und der begehrten Steuerfestsetzung nicht berührten. Im Revisionsverfahren wegen der Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Einkommensteuerbescheide ging die Kostenstelle für die Bemessung des Streitwerts von der Differenz des Betrages der beantragten Aussetzung der Vollziehung vor dem FG und des Betrages der vom FG zugebilligten Aussetzung der Vollziehung aus und setzte hiervon 10 v. H. an.
Die Kostenschuldnerin hat am 26. August 1987 beantragt, die Verfahren IX E 1/87 und IX E 2/87 zu verbinden, weil zu Unrecht ,,zwei Verfahren angelegt worden" seien. Es handele sich in Wirklichkeit um ein Verfahren. Die Kostenschuldnerin will den Hinweis des Senats in dem Verfahren IX R 183/87 vom 10. Juni 1987 nur als Rechtsstandpunkt angesehen haben, ohne daß tatsächlich ein weiteres Verfahren in Gang gesetzt worden sei.
Im Verfahren IX E 1/87 stützt die Kostenschuldnerin ihre Erinnerung darauf, daß der Streitwert unangemessen sei. Zu Unrecht seien zwei volle Gebühren angesetzt worden.
Entscheidungsgründe
1. Die Verfahren IX E 1/87, IX E 2/87 und IX E 3/87 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden (§ 121, § 73 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
2. Die Erinnerungen in den Kostenansatzsachen IX E 1/87, IX E 2/87 und IX E 3/87 sind nicht begründet.
a) Entgegen der Auffassung der Kostenschuldnerin handelt es sich bei den durch ihren Schriftsatz vom 20. Februar 1987 ausgelösten Verfahren um zwei Verfahren.
Der Schriftsatz vom 20. Februar 1987 enthält außer der Revisionseinlegung und dem Revisionsantrag das Begehren, die Revision zuzulassen. Dem entspricht die in diesem Schriftsatz dem Begehren nachfolgend gegebene Begründung, die Vorentscheidung sei vom Urteil des Niedersächsischen FG, das sich auf das Urteil des BFH vom 13. Dezember 1984 VIII R 273/81 (BFHE 143, 238, BStBl II 1985, 394) gestützt habe, abgewichen. Die Ausführungen im Schriftsatz setzen sich mit der Abweichung von der BFH-Entscheidung auseinander. Daraus ergibt sich der Schluß, daß die Kostenschuldnerin Nichtzulassungsbeschwerde wegen Divergenz einlegen wollte.
Das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ist ein selbständiges Verfahren, das mit der Entscheidung über die Zulassung endet (BFH-Urteil vom 30. Januar 1970 IV 2/65, BFHE 98, 326, BStBl II 1970, 383, 384; Tipke / Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Tz. 77). Demgemäß ergeht eine Kostenentscheidung zu Lasten des Beschwerdeführers, wenn die Beschwerde erfolglos bleibt (Gräber, Finanzgerichtsordnung, § 115 Anm. 37 D).
Soweit mit der Erinnerung unrichtige Sachbehandlung gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) in den Verfahren IX R 183/87 und IX B 91/87 gerügt wird, verkennt die Kostenschuldnerin, daß die Vorschrift des § 8 GKG keine Handhabe für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit derjenigen rechtskräftigen Gerichtsentscheidung bietet, welche die dem Kostenansatz zugrundeliegende Kostenentscheidung enthält (BFH-Beschluß vom 31. Juli 1985 III E 1/85, BFH / NV 1986, 110).
Zu Unrecht meint die Kostenschuldnerin, es liege wegen des von ihr erstrebten einheitlichen Zieles nur ein Verfahren vor.
b) Der Ansatz der Streitwerte ist zutreffend.
Die Kostenschuldnerin hat für das Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit Kosten nach dem GKG zu entrichten (§ 1 Abs. 1 Buchst. c GKG). Diese richten sich nach der Höhe des Streitwerts (§ 13 Abs. 1 GKG), der unter Berücksichtigung der Anträge zu bestimmen ist (§§ 13 f. GKG). Hierfür ist der Unterschiedsbetrag zwischen der festgesetzten und der erstrebten Einkommensteuer maßgeblich. Bei mehreren Veranlagungszeiträumen setzt sich der Wert aus der Summe der einzelnen Unterschiedsbeträge in den einzelnen Streitjahren - hier der Jahre 1977 bis 1979 - zusammen.
Ob und welche Beträge auf die Einkommensteuerfestsetzungen durch das FA gezahlt oder verrechnet wurden, ist nicht Gegenstand des Klage- und Revisionsverfahrens (IX R 183/87) gewesen und demgemäß auch nicht bei der Bestimmung des Streitwerts zu berücksichtigen.
c) Die Erinnerung betreffend den Kostenansatz in Sachen der Nichtzulassungsbeschwerde ist sachlich ebenfalls nicht begründet.
Für die Bemessung des Streitwerts in dieser Sache gelten die gleichen Erwägungen wie zum Streitwert in der Revisionssache.
d) Die Erinnerung des Kostenansatzes in der Sache IX R 184/87 ist ebenfalls nicht begründet.
Der Wert des Verfahrens, in dem es um die Aussetzung der Vollziehung von Einkommensteuer geht, wird nach der ständigen Rechtsprechung des BFH mit 10 v. H. des begehrten Aussetzungsbetrages bemessen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 6. Februar 1967 VII B 29/66, BFHE 87, 410, BStBl III 1967, 121, und vom 14. April 1967 IV B 23/66, BFHE 88, 195, BStBl III 1967, 321).
Fundstellen
Haufe-Index 415449 |
BFH/NV 1988, 260 |