Entscheidungsstichwort (Thema)
Abhandenkommen der Klageschrift nach Anbringung beim FA; unzulässige bedingte Klageerhebung
Leitsatz (NV)
1. Wird die Klageschrift fristgerecht in den Hausbriefkasten des FA eingelegt, ist die Klagefrist auch gewahrt, wenn der Schriftsatz später abhanden kommt.
2. Soll das FA einen bei ihm angebrachten Schriftsatz nur dann als Klage ansehen, wenn es trotz der vorgelegten weiteren Unterlagen an seiner Auffassung festhalten sollte, ist der Schriftsatz als unzulässige bedingte Klage zu beurteilen.
Normenkette
FGO §§ 47, 56
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet. Die als grundsätzlich bedeutsam dargelegte Rechtsfrage kann mangels Zulässigkeit der Klage im Revisionsverfahren nicht geklärt werden. Entsprechendes gilt für die die Streitsache selbst betreffenden, von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) geltend gemachten Verfahrensmängel (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 17. Dezember 1987 V B 152/87, BFHE 152, 40, BStBl II 1988, 286).
1. Das Finanzgericht (FG) hat zwar zutreffend angenommen, daß durch das von ihm festgestellte Einlegen des Schriftsatzes vom 31. März 1987 in den Hausbriefkasten des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt - FA -) durch den früheren Prozeßbevollmächtigten der Kläger die Klagefrist (§ 47 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) gewahrt worden ist, unbeschadet des späteren Abhandenkommens dieses Schriftsatzes (Senatsurteil vom 24. September 1985 IX R 47/83, BFHE 145, 299, BStBl II 1986, 268). Gleichwohl war die Klage unzulässig.
a) Die am 31. März 1987 erhobene Klage war unzulässig, weil sie unter einer Bedingung erhoben war. Nach dem Schreiben vom 31. März 1987 sollte das FA dieses nur als Klage ansehen, wenn es trotz der vorgelegten weiteren Unterlagen an seiner Auffassung festhalten sollte. Die Klageerhebung sollte danach von einer Entscheidung des FA über das Begehren der Kläger abhängen. Die Erklärung des früheren Prozeßbevollmächtigten ist eindeutig; ein unbedingter Wille zur Klageerhebung kann nicht unterstellt werden. Das FG ging bei seiner Entscheidung zwar von einer unbedingten Klageerhebung aus. Der BFH ist jedoch als Revisionsgericht nicht daran gebunden; die Nachprüfung von Prozeßhandlungen, insbesondere von Prozeßerklärungen, auf ihren Inhalt gehört zu den Aufgaben des Revisionsgerichts. Eine außerprozessuale Bedingung der Klageerhebung führt aber zur Unzulässigkeit der Klage (vgl. BFH-Urteil vom 12. Mai 1981 VIII R 24/78 - nicht veröffentlicht -; Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 40 Anm. 4; BFH-Beschlüsse vom 22. Juni 1982 VII B 115/81, BFHE 136, 70, BStBl II 1982, 603; vom 16. Juli 1992 VIII B 118/91, BFH/NV 1993, 40 m.w.N.).
b) Daß die Kläger mit dem am 18. Mai 1987 beim FG eingegangenen Schriftsatz vom 15. Mai 1987 erneut - unbedingt - Klage erhoben haben, führt nicht zu deren Zulässigkeit; denn für diese erneute Klage war die Klagefrist (§ 47 Abs. 1 Satz 1 FGO) bereits am 10. April 1987 verstrichen.
c) Die mit Schreiben vom 15. Mai 1987 begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) ist nicht zu gewähren, weil der Bevollmächtigte der Kläger die Klagefrist schuldhaft versäumt hat. Er hätte sich nicht darauf verlassen dürfen, daß sein Schreiben vom 31. März 1987, das er mit einer Bedingung versehen hatte, als Klage wirken werde.
Fundstellen
Haufe-Index 423268 |
BFH/NV 1994, 871 |