Entscheidungsstichwort (Thema)
Tatbestandsberichtigung
Leitsatz (NV)
Die Tatbestandsberichtigung nach §108 FGO ist vom Gesetzgeber nur mit Rücksicht auf die urkundliche Beweiskraft des Tatbestands (§§105, 118 Abs. 2 FGO) zugelassen worden; es soll verhindert werden, daß ein unrichtig beurkundeter Prozeßstoff Grundlage für die Entscheidung des Revisionsgerichts wird. Ist das finanzgerichtliche Urteil unanfechtbar und auch sonst nicht mehr änderbar, entfällt auch der Zweck der Tatbestandsberichtigung.
Normenkette
FGO §§ 108, 105, 118 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klage der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) wurde vom Finanzgericht (FG) mit Urteil vom 8. November 1996 abgewiesen. Das Urteil wurde dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 21. Dezember 1996 zugestellt. Gegen das Urteil wurde kein Rechtsmittel eingelegt.
Mit Schriftsatz vom 21. Dezember 1996 beantragte der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin, den Tatbestand des Urteils "wegen Unrichtigkeit oder Unklarheit" zu berichtigen. Auf Seite 10 des Urteils müsse es statt "Aufhebungs- und Verlegungsantrags" richtigerweise "Aufhebungs- oder Verlegungsantrags" heißen.
Das FG hat den Antrag mit Beschluß vom 28. Februar 1997 abgelehnt. Zur Begründung führte es aus, für den Antrag auf Tatbestandsberichtigung nach §108 der Finanzgerichtsordnung (FGO) fehle das erforderliche Rechtsschutzinteresse, da das Urteil rechtskräftig sei und die Klägerin daher keine Änderung der Entscheidung erreichen könne.
Die Klägerin hat gegen die Ablehnung des Antrags Beschwerde eingelegt, der das FG nicht abgeholfen hat.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Nach §108 Abs. 2 Satz 2 FGO ist der Beschluß über den Antrag auf Berichtigung des Tatbestands eines finanzgerichtlichen Urteils grundsätzlich unanfechtbar. Nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung (zuletzt Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 30. November 1993 V B 161/93, BFH/NV 1995, 310, m. w. N.) ist die Beschwerde jedoch ausnahmsweise dann zulässig, wenn das FG -- wie im Streitfall -- den Berichtigungsantrag ohne Sachprüfung als unzulässig abgewiesen hat.
2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Das FG hat den Antrag zu Recht abgelehnt. Der Klägerin fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für eine Berichtigung des Tatbestands der Vorentscheidung.
Die Tatbestandsberichtigung nach §108 FGO ist vom Gesetzgeber nur mit Rücksicht auf die urkundliche Beweiskraft des Tatbestands (§§105, 118 Abs. 2 FGO) zugelassen worden; es soll verhindert werden, daß ein unrichtig beurkundeter Prozeßstoff Grundlage für die Entscheidung des Revisionsgerichts wird (vgl. BFH-Beschluß vom 24. August 1967 IV 410/61, BFHE 89, 565, BStBl III 1967, 730). Ist die Entscheidung unanfechtbar und auch sonst nicht mehr änderbar, entfällt auch der Zweck der Tatbestandsberichtigung (BFH-Beschlüsse vom 22. September 1992 VIII R 9/87, BFH/NV 1993, 184; vom 20. Dezember 1995 XI E 1/95, BFH/NV 1996, 559, und in BFH/NV 1995, 310).
So ist es im vorliegenden Fall. Die Klägerin hat gegen das Urteil des FG vom 8. November 1996 kein Rechtsmittel eingelegt. Es ist nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich, daß die Klägerin unter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erfolgreich Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Vorentscheidung einlegen könnte. Die Voraussetzungen einer Nichtigkeits- oder Restitutionsklage (§134 FGO, §§578f. der Zivilprozeßordnung) sind von der Klägerin weder vorgetragen noch nach Aktenlage erkennbar. Ein Fall des §109 FGO (Übergehen eines gestellten Antrags) ist offensichtlich nicht gegeben.
Im übrigen war der Antrag der Klägerin entgegen seinem Wortlaut nicht auf eine Berichtigung des Tatbestands des finanzgerichtlichen Urteils gerichtet, sondern auf eine nicht statthafte Änderung der Begründung. Das Gesetz sieht eine Änderung oder Ergänzung der Urteilsbegründung nicht vor; das gilt selbst für den Fall, daß der Antrag gemäß §108 Abs. 1 FGO begründet ist (BFH in BFH/NV 1993, 184).
Fundstellen