Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert bei Gewinnfeststellung: Keine Berücksichtigung fehlender Steuerbelastung beim Beteiligten infolge ausgleichsfähiger Verluste
Leitsatz (NV)
Der Streitwert für eine Nichtzulassungsbeschwerde betreffend Gewinnfeststellung ist auch dann mit einem Pauschalsatz (hier 25 v.H.) zu berechnen, wenn im Feststellungsverfahren bekannt ist, dass bei einem Beteiligten der streitige Gewinn infolge ausgleichsfähiger Verluste keine Auswirkungen auf die Höhe der Einkommensteuer hat.
Normenkette
GKG § 14 Abs. 1, 3
Tatbestand
Der Erinnerungsführer war Gesellschafter einer OHG, für die ein nach § 129 der Abgabenordnung (AO 1977) berichtigter Bescheid zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte 1991 erging. Mit diesem Bescheid wurde ein von dem Betriebsprüfer übersehener Veräußerungsgewinn in Höhe von 306 396 DM zusätzlich erfasst. Dagegen erhob der Erinnerungsführer erfolglos Klage. Die anschließende Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision wies der Bundesfinanzhof (BFH) durch Senatsbeschluss vom 22. September 1999 IV B 29/99 (nicht veröffentlicht ―NV―) als unbegründet zurück.
Die Kostenstelle des BFH setzte mit Kostenrechnung vom 6. Dezember 1999 Gerichtskosten in Höhe von 835 DM fest. Dabei ging sie von einem Streitwert in Höhe von 76 599 DM aus.
Mit der Erinnerung macht der Erinnerungsführer geltend, es sei nur von einem Streitwert in Höhe von 2 075 DM auszugehen. In dieser Höhe sei für 1991 eine Einkommensteuerbelastung bei ihm durch die Berücksichtigung des streitigen Veräußerungsgewinns eingetreten. Dieser geringe Betrag sei auf vorhandene Verlustvorträge zurückzuführen, die sich im Fall des Obsiegens in der Hauptsache noch erhöht hätten. Für die Jahre 1992 bis 1997 seien infolge weiterer Verluste keine Steuern festgesetzt worden. Angesichts des Verlustvortrags und der persönlichen Vorsorgeaufwendungen sei nicht absehbar, ob in späteren Jahren mit Steuerfestsetzungen zu rechnen sei.
Der Erinnerungsführer beantragt, den Streitwert auf 2 075 DM festzusetzen.
Die Vertreterin der Staatskasse (Erinnerungsgegnerin) beantragt, die Erinnerung, der die Kostenstelle nicht abgeholfen hat, als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Erinnerung ist nicht begründet und war daher zurückzuweisen. Der Streitwert ist zutreffend mit 76 599 DM bemessen worden.
Im Verfahren der einheitlichen Gewinnfeststellung ist der (Kosten-)Streitwert für das Revisionsverfahren nach den vermutlichen einkommensteuerlichen Auswirkungen bei den Feststellungsbeteiligten auf der Grundlage des Antrags des Rechtsmittelführers zu schätzen (§ 14 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes ―GKG―). Dieser Streitwert ist auch für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zu Grunde zu legen (§ 14 Abs. 3 GKG). In ständiger Rechtsprechung geht der BFH davon aus, dass die einkommensteuerlichen Auswirkungen grundsätzlich 25 v.H. des streitigen Gewinns oder Verlusts betragen. Der Ansatz eines höheren oder niedrigeren Prozentsatzes kommt nur in Betracht, wenn ohne besondere Ermittlungen im Gewinnfeststellungsverfahren erkennbar ist, dass der Pauschalsatz von 25 v.H. den tatsächlichen einkommensteuerlichen Auswirkungen nicht gerecht wird (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 23. Februar 1978 IV E 1/78, BFHE 125, 7, BStBl II 1978, 409; s. auch Senatsurteil vom 11. März 1982 IV R 46/79, BFHE 135, 457, BStBl II 1982, 542, zum Revisionsstreitwert; weiter Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. 1997, Vor § 135 Rz. 35 "Einheitliche Gewinnfeststellung"; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, Vor § 135 FGO Tz. 199).
An dieser pauschalen Ermittlung des Streitwerts ist auch dann festzuhalten, wenn im Verfahren über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung die tatsächlichen einkommensteuerlichen Auswirkungen bei den Feststellungsbeteiligten bekannt geworden sind (Senatsbeschluss vom 16. Dezember 1998 IV E 1/98, BFH/NV 1999, 807, m.w.N.). Das gilt selbst dann, wenn der streitige Gewinn aufgrund ausgleichsfähiger Verluste im Streitjahr keine Auswirkungen auf die Einkommen- oder Körperschaftsteuer eines Beteiligten hat. Die pauschale Streitwertermittlung soll nämlich u.a. auch Ermittlungen über die Auswirkungen von Verlustvorträgen in Folgejahren entbehrlich machen (Senatsbeschluss in BFH/NV 1999, 807).
Vorliegend betraf der Rechtsstreit einen Veräußerungsgewinn, der dem ermäßigten Steuersatz des § 34 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes 1990 unterliegt. Bei einem solchen Streitgegenstand legt der BFH grundsätzlich einen pauschalen Streitwert von 15 v.H. des streitigen tarifbegünstigten Gewinns zugrunde (Senatsurteil vom 2. Februar 1967 IV 224/64, BFHE 88, 23, BStBl III 1967, 274). Bei hohen Gewinnen ist dieser Satz angemessen bis auf 25 v.H. zu erhöhen (Senatsbeschluss vom 12. August 1992 IV E 3/92, BFH/NV 1993, 376, für einen Gewinn von 777 871 DM; BFH-Beschluss vom 14. August 1997 VIII B 153/94, BFH/NV 1998, 348, für einen Gewinn von 244 800 DM). Bei dem vorliegend streitigen Betrag von 306 396 DM sind danach die Voraussetzungen für eine Erhöhung des Satzes auf 25 v.H. erfüllt.
Fundstellen