Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegungsanforderungen bei Antrag auf PKH für eine Nichtzulassungsbeschwerde; Revisionszulassung wegen Unrichtigkeit des FG-Urteils; Nichtigkeitsklage gemäß § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, § 116 Abs. 3 S. 3, § 142; ZPO §§ 114, 579 Abs. 1 Nr. 4, § 578 Abs. 1; FGO § 134
Tatbestand
I. Die Entscheidung des Finanzgerichts (FG) ist zu mehreren Streitpunkten ergangen:
1. Wiederaufnahmeklage
Die Antragstellerin und ihr Ehemann hatten Klage gegen die Einkommensteuerbescheide 1991 und 1992 erhoben. Diese Klage wurde von beiden durch Schriftsatz vom 5. September 1995 zurückgenommen. Das Verfahren wurde durch Beschluss des Berichterstatters am 13. September 1995 eingestellt (zur Post am 19. Oktober 1995).
Die Antragstellerin begehrte mit Schriftsatz vom 12. Juli 2000 Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 134 FGO i.V.m. § 579 Abs. 1 Nr. 4 und § 580 Nr. 7 b der Zivilprozessordnung (ZPO).
Das FG hielt die Nichtigkeitsklage für unzulässig. § 134 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 578 ZPO setze den rechtskräftigen Abschluss eines Verfahrens durch Urteil oder Beschluss mit Bindungswirkung voraus. Der gegenteiligen Auffassung von Tipke/Kruse (Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 134 FGO Tz. 7) könne nicht gefolgt werden. Die Klägerin hätte allenfalls die Unwirksamkeit der Rücknahme nachträglich geltend machen können. Dies hätte innerhalb eines Jahres nach Einstellung des Verfahrens 1995 geschehen müssen. Die Nichtigkeitsklage sei aber erst im Jahr 2000 erhoben worden.
Die Restitutionsklage wurde abgetrennt und ausgesetzt (§ 578 Abs. 2 ZPO).
2. Nichtigkeitsklage
Nach Rücknahme der o.g. Klage haben die Antragstellerin und ihr Ehemann versucht, ihr Ziel im Wege einer Billigkeitsmaßnahme zu erreichen. Etwa einen Monat vor der mündlichen Verhandlung in dieser Sache haben sie Prozesskostenhilfe (PKH) und die vorschussweise Kostenerstattung für Fahrten zur mündlichen Verhandlung beantragt. Dies lehnte das FG mangels hinreichender Erfolgsaussichten ab. Es sei auch nicht ersichtlich, weshalb die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung zur Gewährung rechtlichen Gehörs erforderlich sei. Die hiergegen erhobene Beschwerde verwarf der Bundesfinanzhof (BFH). Die Klage wurde rechtskräftig abgewiesen.
Die Antragstellerin begehrte Wiederaufnahme.
Das FG hielt die Nichtigkeitsklage zwar für zulässig, nicht aber für begründet. § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO bezwecke den Schutz einer Partei, die ihre Angelegenheiten nur mit Hilfe eines Dritten regeln könne. Sie diene aber nicht zur nochmaligen Überprüfung einer bereits bestandskräftigen Ablehnung von PKH und Reisekostenvorschuss. Die Antragstellerin sei durch ihren Ehemann als Prozessbevollmächtigten ordnungsgemäß vertreten gewesen, auch wenn dieser aus Kostengründen nicht an der mündlichen Verhandlung teilgenommen habe.
Die Restitutionsklage wurde abgetrennt, das Verfahren insoweit ausgesetzt.
3. Feststellung der Nichtigkeit sämtlicher Einkommensteuerbescheide, die seit dem 13. Februar 1998 ergangen sind
Die Antragstellerin und ihr Ehemann lebten seit September 1996 getrennt und teilten dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt ―FA―) am 8. August 1997 die neue Anschrift der Antragstellerin mit. Für die streitigen Jahre (Einkommensteuer 1993 bis 1997) wählten die Eheleute die Zusammenveranlagung und erklärten sich mit einer Bekanntgabe der Bescheide einschließlich der Änderungsbescheide an den jeweils anderen Ehepartner einverstanden. Das FA sandte die Einkommensteuerbescheide ―nach mehrmaligen Änderungen― ausweislich der Feststellungen im FG-Urteil jeweils an die Anschrift der Antragstellerin.
Die Antragstellerin begehrte Feststellung der Nichtigkeit der Bescheide. Es fehle ihr gegenüber an einer ordnungsgemäßen Bekanntgabe.
Das FG wies die Klage auch in diesem Punkt ab. Die Bescheide seien nach § 155 Abs. 4 der Abgabenordnung (AO 1977) wirksam bekannt gegeben worden. Sie seien ab Oktober 1998 direkt an die Anschrift der Antragstellerin gesandt worden. Eine Klage gegen die diesen Änderungsbescheiden vorausgegangenen Einkommensteuerbescheide sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, weil die Änderungsbescheide bestandskräftig geworden seien.
4. Klage gegen Anordnung einer Lohnsteueraußenprüfung
Am 22. Juli 1997 erging eine Prüfungsanordnung, adressiert an den Ehemann der Antragstellerin, betreffend Lohnsteuer 1. Januar 1993 bis 30. Juni 1997. Der Gewerbebetrieb, in dem die zu prüfenden Arbeitslöhne gezahlt worden waren, war aufgrund Vertrages vom 31. Juli 1996 der Antragstellerin zur Sicherheit übereignet worden (Eintragung im Handelsregister am … April 1997).
Die Antragstellerin begehrte Feststellung der Nichtigkeit der Prüfungsanordnung.
Das FG wies diese Klage mangels Beschwer ab. Die Prüfungsanordnung habe sich allein gegen den Ehemann gerichtet. Sie habe keine unmittelbare Auswirkung auf die Antragstellerin.
5. Klage auf Feststellung eines Verwertungsverbotes bezüglich der aufgrund der Prüfungsanordnung festgestellten Tatsachen
Ferner wurde eine Betriebsprüfung betreffend Einkommen/Gewerbe/Umsatzsteuer 1993 bis 1995 angeordnet. Diese richtete sich nach Aktenlage ausschließlich an den Ehemann der Antragstellerin.
Die Antragstellerin begehrte festzustellen, dass "die im Ergebnis der Außenprüfung … gewonnenen Erkenntnisse des Finanzamts gemäß Prüfungsberichte Lohnsteuer … unzulässig erworben und einem Verwertungsverbot unterliegen".
Das FG verwarf diese Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses. Die Verwertung der Prüfungsfeststellungen könne durch Anfechtung der darauf beruhenden Steuerbescheide verhindert werden.
6. Antrag auf Änderung bestandskräftiger Bescheide
Die Antragstellerin trat dem Antrag ihres Ehemannes vom 30. September 1999 auf Änderung von bestandskräftigen Bescheiden bei und meint, dass ein Vorverfahren ihrerseits entbehrlich sei, weil das FA bereits einen entsprechenden Antrag ihres Ehemannes abgelehnt habe und noch andere Einspruchsentscheidungen ausstünden.
Das FG verwarf die Klage mangels Vorverfahrens. Ein solches sei auch im Rahmen des § 44 Abs. 1 FGO für eine Verpflichtungsklage notwendig. Eine Sprungklage nach § 45 FGO scheide aus, weil die Antragstellerin beim FA keinen Antrag auf Änderung der Bescheide gestellt habe.
Der Ehemann der Antragstellerin beantragte in deren Namen PKH für die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde und Beiordnung eines Fachanwalts. Zur Begründung verweist er im Wesentlichen zur Vermeidung von Wiederholungen vollumfänglich auf den Klagevortrag in erster Instanz und meint, dass die angefochtenen Bescheide grob rechtswidrig, teilweise auch nichtig seien. Dasselbe gelte für das Urteil des FG, das die Klagen abgewiesen habe. Insbesondere hätten die Nichtigkeitsklagen nicht als unzulässig abgewiesen werden dürfen. Insoweit seien in der Literatur streitige Rechtsfragen zu klären. Auch sei die Antragstellerin beschwert, soweit das FA in deren Vermögen vollstrecke und sie als Sicherungseigentümerin des Betriebes ihres Ehemannes nach §§ 25 des Handelsgesetzbuchs (HGB), 45 AO 1977 hafte. Die Untätigkeitsklage sei in die Zulässigkeit hineingewachsen.
Namens der Antragstellerin ist ferner von einer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt worden. Diese ist wie folgt begründet worden:
Die Revision betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens … sei nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen. Wie dem FG-Urteil zu entnehmen sei, sei die Rechtsfrage, ob eine Nichtigkeitsklage nach Klagerücknahme zulässig sei, in der Literatur streitig. Eine Schließung der Gesetzeslücke sei geboten. Das Allgemeininteresse an der Klärung der Rechtsfrage ergebe sich daraus, dass die Entscheidung nicht von tatsächlichen Besonderheiten des Einzelfalles abhänge und im Interesse der Rechtssicherheit eine Entscheidung des BFH über die streitige Frage geboten sei.
Die Revision sei auch zuzulassen, weil das FG von der Entscheidung des BFH vom 24. März 1998 V B 158/97 (BFH/NV 1998, 1237) abgewichen sei. Dort habe der BFH die Wiederaufnahme einer fristgebundenen Klage trotz Rücknahme für zulässig erachtet. Aufgrund des bewussten Abweichens des FG bestehe eine Wiederholungsgefahr und es drohe die Verfestigung einer vom BFH abweichenden Rechtsprechung.
In Sachen Wiederaufnahme des Verfahrens … stütze sich die Nichtzulassungsbeschwerde auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO und auf Verletzung rechtlichen Gehörs. § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO sichere das Grundrecht auf rechtliches Gehör. Reisekosten gehörten nach § 122 ZPO zu den gerichtlichen Auslagen. Zur Vertretung einer Partei in der mündlichen Verhandlung sei deren Anreise bzw. die Anreise ihres Bevollmächtigten notwendig. Die Partei habe Anspruch auf Bewilligung einer Reiseentschädigung. Zu klären sei, inwieweit die Unterbindung einer prozessualen Vertretung einer Partei durch die Nichtgewährung des Reisekostenvorschusses eine Verletzung des rechtlichen Gehörs darstelle. Dies sei bisher nicht entschieden. Stimmen in der Literatur befürworteten eine analoge Anwendung von § 122 ZPO für den Fall, dass ein Prozessbevollmächtigter einen Vorschuss auf die Reisekosten gemäß § 126 der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO) verlange. Diese Frage habe grundsätzliche Bedeutung.
Betreffend Feststellung der Nichtigkeit von Einkommensteuerbescheiden liege eine Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO vor. Das FG Niedersachsen vertrete in seinem Urteil vom 14. März 1986 IX 497/84 (Entscheidungen der Finanzgerichte ―EFG― 1987, 219) eine von der Vorentscheidung abweichende Rechtsauffassung.
Die Beschwerde in Sachen Lohnsteuerprüfung stütze sich auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO. Im Interesse der Rechtsfortbildung sei zu klären, ob eine falsch adressierte Prüfungsanordnung unmittelbare Auswirkungen für einen Steuerpflichtigen haben könne, der ein Unternehmen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übernommen habe. Stimmen in der Literatur verträten die Ansicht, dass in den Fällen, in denen ein Verwaltungsakt einem Dritten unmittelbare Duldungspflichten auferlege, für den Dritten eine Klagebefugnis bestehe.
Die Beschwerde werde betreffend Verwertungsverbot werde auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO gestützt. Es sei zu klären, ob auf dem von der Antragstellerin eingeschlagenen Weg rechtswidrige Bescheide, die unter Verletzung gravierender Verfahrensvorschriften zustande gekommen seien, nachträglich beseitigt werden könnten.
Die Nichtzulassungsbeschwerde betreffend Beitritt zum Verfahren in Sachen Verpflichtungsklage des Ehemannes stütze sich auf § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO. Das Gericht habe die gebotenen verfahrensfördernden Hinweise nicht gegeben. Ein nochmaliger Antrag der Antragstellerin auf Änderung der Bescheide sei in Anbetracht der Ablehnung des Antrags ihres Ehemannes entbehrlich gewesen. Zudem sei das FG nach § 45 Abs. 2 Satz 1 FGO verpflichtet gewesen, die Sache an das FA abzugeben.
Entscheidungsgründe
II. Das Verfahren betreffend Prüfungsanordnung vom 22. Juli 1997 in Sachen Lohnsteuer einschließlich Verwertungsverbot ist abzutrennen und an den zuständigen Senat abzugeben (Geschäftsverteilungsplan des BFH Teil A, VI. Senat Nr. 2, Ergänzende Regelungen I. Nr. 4, 5).
Der Antrag auf PKH ist, soweit der erkennende Senat hierüber zu entscheiden hat, abzulehnen. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet auch unter Berücksichtigung der von einem Rechtsanwalt eingelegten und begründeten Nichtzulassungsbeschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 142 FGO i.V.m. § 114 ZPO).
Die Rechtsverfolgung verspricht nur dann hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn für seinen Eintritt bei summarischer Prüfung eine zumindest gewisse Wahrscheinlichkeit spricht (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 142 Rdnr. 11, m.w.N.). Wird wie im Streitfall PKH für die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde beantragt, muss ―ggf. in nur laienhafter Weise― ein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 1. Februar 2000 X S 6/99, BFH/NV 2000, 962, m.w.N.).
Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision kann die Zulassung gemäß § 115 Abs. 2 FGO nur erreicht werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Wie der abschließenden Aufzählung der Zulassungsgründe in § 115 Abs. 2 FGO zu entnehmen ist, kann allein die Behauptung, das Urteil des FG sei unrichtig, nicht zur Zulassung der Revision führen. Das gilt auch für die Neufassung der Zulassungsgründe seit 1. Januar 2001. Danach kommt die Zulassung der Revision wegen Unrichtigkeit des FG-Urteils nur in Betracht, wenn dem FG bei Auslegung und Anwendung des Rechts Fehler unterlaufen sind, die von so erheblichem Gewicht sind, dass sie, würden sie von einem Rechtsmittelgericht nicht korrigiert werden, geeignet wären, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 19. Februar 2002 IX B 130/01, BFH/NV 2002, 802). Der Fehler muss im Grundsatz offenkundig sein (z.B. BFH-Beschluss vom 23. Januar 2002 V B 102/01, juris STRE2002503176).
Bei summarischer Prüfung der vorgetragenen Gründe besteht keine Möglichkeit, die Revision gegen das Urteil des FG zuzulassen.
1. Nichtigkeitsklage
Die von der Antragstellerin aufgeworfene und in der Literatur streitige Rechtsfrage, ob eine Nichtigkeitsklage nach Klagerücknahme und Einstellung des Verfahrens (§ 72 FGO) gemäß § 134 FGO i.V.m. § 579 Abs. 1 Nr. 4, § 578 Abs. 1 ZPO zulässig ist, könnte im Revisionsverfahren nicht geklärt werden. Sie hat daher weder grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO noch könnte die Zulassung der Revision i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO der Fortbildung des Rechts dienen. Der Wiederaufnahmeantrag war unschlüssig (vgl. hierzu z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 1998, 1237).
Nach § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO findet die Nichtigkeitsklage statt, wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat. Die Antragstellerin hat nicht schlüssig dargelegt, dass sie im Verfahren … nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen sei. Sie hat in diesem Verfahren ihre Rechte selbst wahrgenommen und die Klage persönlich zurückgenommen (vgl. Schriftsatz vom 5. September 1995). Soweit sie sich auf mangelnde Vertretung beruft, weil ihr Ehemann und Prozessvertreter mangels Gewährung von PKH nicht zur mündlichen Verhandlung anreisen konnte, betrifft dies offensichtlich nicht das Verfahren …, in dem die Klage zurückgenommen wurde.
Das FG ist im Übrigen auch nicht vom BFH-Beschluss in BFH/NV 1998, 1237 abgewichen. Der BFH hat dort die Frage ausdrücklich offen gelassen, ob ein nach Klagerücknahme durch Beschluss eingestelltes Verfahren wieder aufgenommen werden kann (vgl. Leitsatz 1).
2. Nichtigkeitsklage
Die Fragen, ob bei rechtswidriger Versagung von PKH Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verletzt ist (vgl. hierzu z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 128 Rz. 11; Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts ―BVerwG― vom 8. März 1999 VI B 121/98, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht - Rechtsprechungsreport Zivilrecht ―NVwZ-RR― 1999, 587) und die Voraussetzungen des § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO erfüllt sind, könnten in einem Revisionsverfahren nicht geklärt werden, weil auch insoweit die Gründe für eine Nichtigkeitsklage nicht schlüssig dargelegt worden sind.
Der Senat kann offen lassen, ob ―wie die Antragstellerin meint― § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eingreift, wenn den Beteiligten vor der Entscheidung kein rechtliches Gehör gewährt worden ist (vgl. zur Streitfrage z.B. Zöller/Greger, Zivilprozessordnung, 23. Aufl., § 579 Rz. 7, m.w.N.). Eine Nichtigkeitsklage kommt jedenfalls auch für diesen Fall nur in Betracht, wenn eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör schlüssig dargetan wird. Soweit sich die Antragstellerin darauf beruft, dass ihrem Ehemann und Prozessvertreter mangels PKH die Anreise zur mündlichen Verhandlung unmöglich gewesen sei, hätte sie daher Ausführungen dazu machen müssen, dass das FG im Verfahren … zu Unrecht PKH versagt habe. Entsprechendes gilt für den vom FG geprüften und abgelehnten Anspruch auf Reisekostenvorschuss außerhalb eines PKH-Verfahrens. Hierzu enthält aber weder der Antrag auf PKH noch die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde Ausführungen.
3. Feststellung der Nichtigkeit von Einkommensteuerbescheiden betreffend 1993 bis 1997
Die von der Antragstellerin gerügte Divergenz liegt nicht vor. Die Zulassung der Revision wegen sich widersprechender Gerichtsentscheidungen ist nur dann gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO "erforderlich", wenn die Gerichte jeweils über vergleichbare Sachverhalte zu entscheiden hatten. Der Sachverhalt der Vorentscheidung ist aber offenkundig nicht mit dem zu vergleichen, der dem Urteil des FG Niedersachsen vom 14. März 1986 IX 497/84 (EFG 1987, 219) zugrunde lag.
Die Vorinstanz hat über die Frage entschieden, ob die angegriffenen Einkommensteuerbescheide der Antragstellerin gemäß § 155 Abs. 4 AO 1977 in der damals geltenden Fassung wirksam bekannt gegeben wurden. Das Niedersächsische FG hatte hingegen über eine unrichtige Bezeichnung des Bescheidsadressaten zu entscheiden.
4. Klage betreffend Prüfungsanordnung und Verwertungsverbot
Der Senat geht zugunsten der Antragstellerin davon aus, dass PKH auch für eine Beschwerde betreffend Prüfungsanordnung in Sachen Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuer (vgl. auch Klageantrag Nr. 2) und die Verwertung der entsprechenden Prüfungsfeststellungen begehrt wird. Auch wenn der Senat die Ausführungen zur Prüfungsanordnung in Sachen Lohnsteuer entsprechend heranzieht, ist kein Grund für eine Revisionszulassung ersichtlich:
Der Betriebsprüfungsbericht vom … Januar 1998 betrifft die Veranlagungszeiträume 1993 bis 1995. Die Antragstellerin hat das Unternehmen ihres Ehemannes im Wege der Sicherungsübereignung aber erst im Jahr 1996 übernommen (vgl. hierzu z.B. auch Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 75 AO Tz. 28). Eine Gesamtrechtsnachfolge, die nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen eintritt (vgl. z.B. Tipke/Kruse, a.a.O., § 45 AO Tz. 5) liegt entgegen ihrer Auffassung nicht vor. Auch setzt § 25 HGB die tatsächliche Fortführung des Unternehmens durch den Erwerber voraus (vgl. z.B. Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, § 25 Rz. 6). Im Streitfall war das Unternehmen nach eigenem Vortrag aber nur zur Sicherung von Darlehensforderungen der Antragstellerin übereignet worden. Dem Hinweis auf Pecher (Rechtsprechung zum Drittschutz im öffentlichen Baurecht in Juristische Schulung 1996, 887 zur Schutznormtheorie) lässt sich ein Klärungsbedarf für das Verfahren zur Anordnung einer Außenprüfung nicht entnehmen. Soweit auf Grund der Außenprüfung die Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Rahmen der Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer erhöht worden sein sollten, die Antragstellerin also als Ehefrau mittelbar von der Prüfungsanordnung betroffen war, hatte sie die Möglichkeit, die ihr persönlich bekannt gegebenen Bescheide anzufechten, ggf. Aufteilung der Steuerschuld zu beantragen (§ 268 AO 1977).
5. Klage betreffend Beitritt zur Verpflichtungsklage des Ehemannes auf Änderung von Einkommensteuerbescheiden
Die erhobene Verfahrensrüge ist unschlüssig (vgl. z.B. Gräber/ Ruban, a.a.O., § 116 Rdnr. 48, m.w.N.).
Das FG hat die Klage verworfen, weil die Antragstellerin keinen Antrag auf Bescheidsänderung gestellt hatte und ―dementsprechend― ihrer Klage kein außergerichtliches Vorverfahren vorausgegangen war. Es ist nicht ersichtlich aus welchen Gründen ―ausgehend von der Rechtsauffassung des FG (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz. 68 )― mittels richterlicher Hinweise die Unzulässigkeit der Klage hätte abgewendet werden können. Nach § 40 Abs. 2 FGO ist eine Verpflichtungsklage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsaktes in seinen Rechten verletzt zu sein. Es bedarf einer vorausgegangenen negativen Verwaltungsentscheidung gegenüber dem jeweiligen Kläger (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 16. Januar 2002 II R 52/00, BFH/NV 2002, 1053; Gräber/von Groll, a.a.O., § 40 Rz. 21).
Fundstellen