Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine grundsätzliche Bedeutung einer nicht klärungsfähigen Rechtsfrage
Leitsatz (NV)
1. Eine Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und rechtfertigt auch keine Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts, wenn sie in einem künftigen Revisionsverfahren nicht klärungsfähig ist.
2. Die Rechtsfrage, ob die Anerkennung von Behandlungskosten (hier wegen einer Lese- und Rechtschreibschwäche) als außergewöhnliche Belastungen i.S. von § 33 EStG die Vorlage eines vor Beginn einer medizinischen Behandlung erstellten amtsärztlichen Attestes voraussetzt, ist nicht klärungsfähig, wenn das FG aufgrund vorgelegter Unterlagen einen Krankheitswert, der eine Therapie erfordert, verneint hat.
Normenkette
EStG § 33; FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2, § 116 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg. Es kann offen bleiben, ob die geltend gemachten Zulassungsgründe in einer den gesetzlichen Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genügenden Weise dargelegt sind. Denn die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet. Die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung für eine Zulassung der Revision liegt nicht vor. Auch eine Entscheidung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist nicht erforderlich.
1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss im konkreten Fall klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein (ständige Rechtsprechung, z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Oktober 2007 VI B 33/07, BFH/NV 2008, 44; vom 12. Oktober 2007 VI B 161/06, BFH/NV 2008, 45; vom 24. Juli 2008 VI B 7/08, BFH/NV 2008, 1838). Eine Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, wenn sie bereits durch die Rechtsprechung des BFH hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den BFH erforderlich machen (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 28). An der Klärungsfähigkeit fehlt es u.a. dann, wenn nach § 118 Abs. 2 FGO bindende tatsächliche Feststellungen des Finanzgerichts (FG) unabhängig von der Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage zu dem vom FG vertretenen Ergebnis führen (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 30); auch genügt es für die Zulassung nicht, dass die Klärung der Rechtsfrage theoretisch möglich ist; vielmehr muss zu erwarten sein, dass es tatsächlich zu einer Klärung der Grundsatzfrage kommt. Daran fehlt es, wenn das FG seine Entscheidung kumulativ auf mehrere Gründe gestützt hat, von denen jeder für sich gesehen die Entscheidung trägt (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 31, m.w.N.).
Nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO ist die Revision zur Fortbildung des Rechts zuzulassen, wenn über bisher ungeklärte Rechtsfragen zu entscheiden ist, die klärungsbedürftig, entscheidungserheblich und klärbar sind (z.B. BFH-Beschlüsse vom 7. Oktober 2008 VI B 92/07, BFH/NV 2009, 148, und vom 13. November 2007 VI B 160/06, BFH/NV 2008, 341, m.w.N.).
Die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO setzt u.a. voraus, dass das Urteil des FG in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage von der Auffassung anderer Gerichte abweicht (z.B. BFH-Beschluss vom 2. Oktober 2008 VI B 102/07, BFH/NV 2009, 148).
2. Die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage, ob die Anerkennung von Behandlungskosten als außergewöhnliche Belastungen i.S. von § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) die Vorlage eines vor Beginn einer medizinischen Behandlung erstellten amtsärztliches Attestes voraussetzt, ist jedenfalls im vorliegenden Rechtsstreit nicht klärungsfähig. Schon deshalb sind die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 bzw. Nr. 2 1. Alternative FGO nicht gegeben.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ist für den von den Klägern begehrten Abzug von Behandlungskosten nachzuweisen, dass eine Lese- und Rechtschreibschwäche Krankheitswert hat und eine Therapie erfordert (BFH-Urteil vom 3. März 2005 III R 64/03, BFH/NV 2005, 1286, m.w.N.). Das FG hat indes in seiner angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass weder dem von den Klägern vorgelegten Attest noch der eingereichten Bescheinigung zu entnehmen sei, dass es sich im Streitfall um eine Lese- und Rechtschreibschwäche mit Krankheitswert handele, die eine medizinische Behandlung erfordert. Auf die von den Klägern in ihrer Beschwerdebegründung aufgeworfene Rechtsfrage kam es demnach nicht entscheidungserheblich an; denn selbst wenn die von den Klägern vorgelegten Unterlagen als formell ordnungsgemäßer Nachweis anzusehen wären, so sind ihnen nach der tatrichterlichen Würdigung des FG die materiellen Voraussetzungen für einen Abzug nach § 33 EStG nicht zu entnehmen. Diese Würdigung haben auch die Kläger in ihrer Beschwerdebegründung nicht beanstandet. Im Übrigen beträfe ein Vorbringen gegen die vom FG vorgenommene Tatsachen- und Beweiswürdigung einen die Zulassung der Revision grundsätzlich nicht rechtfertigenden vermeintlichen materiell-rechtlichen Mangel der Vorentscheidung (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom 25. Januar 2000 VI B 384/98, BFH/NV 2000, 868, und vom 14. März 2008 VI B 122/07, juris, m.w.N.).
3. Die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO kommt nicht in Betracht, weil die angefochtene Entscheidung höchstrichterlicher Rechtsprechung entspricht. Etwas anderes haben auch die Kläger nicht vorgetragen.
Fundstellen