Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewährung von Akteneinsicht
Leitsatz (NV)
Dem Prozeßbevollmächtigten wird grundsätzlich zugemutet, sich zur Ausübung des Rechts auf Akteneinsicht zum Gericht zu begeben (Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung).
Normenkette
FGO § 78
Gründe
Die Beschwerde der Klägerin, Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) gegen den Beschluß des Finanzgerichts (FG), mit dem der Antrag auf Übersendung der dem FG in dem anhängigen Rechtsstreit vorliegenden Gerichts- und Steuerakten zur Einsichtnahme in das Büro des Prozeßbevollmächtigten abgelehnt worden ist, ist unbegründet.
Nach § 78 der Finanzgerichtsordnung (FGO) können die Beteiligten die Gerichtsakten und die dem Gericht vorgelegten Akten einsehen und sich durch die Geschäftsstelle auf ihre Kosten Ausfertigungen, Auszüge oder Abschriften erteilen lassen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß ein Rechtsanspruch auf Übersendung der Akten in die Geschäftsräume eines Prozeßbevollmächtigten nicht besteht. Aus § 78 FGO folgt vielmehr ein Regel-Ausnahme-Verhältnis der Art, daß es dem Prozeßbevollmächtigten grundsätzlich zugemutet wird, sich zur Ausübung des Rechts auf Akteneinsicht zum Gericht zu begeben. Die Ausnahmen von diesem Grundsatz sind nach der Rechtsprechung auf eng begrenzte Sonderfälle beschränkt (Beschluß des Senats vom 9. März 1993 VII B 214/92, BFH/NV 1993, 742, und BFH-Beschluß vom 31. August 1993 XI B 31/93, BFH/NV 1994, 187 m. w. N.). Der Senat hält an dieser Rechtsprechung auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens fest.
Die Ablehnung der Aktenübersendung in die Kanzlei des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin, die sich am Ort des Gerichts und nach den Ausführungen der Vorentscheidung in verhältnismäßig geringer Entfernung zu diesem befindet, durch das FG war demnach nicht ermessensfehlerhaft. Gründe, die ausnahmsweise eine Stattgabe des Antrags geboten hätten, sind weder im finanzgerichtlichen Verfahren noch im Beschwerdeverfahren vorgetragen worden.
Der BFH ist in den vorstehend zitierten Entscheidungen auch auf verfassungsrechtliche Einwendungen gegen die Praxis der Gewährung von Akteneinsicht in Verfahren vor den FG und dem BFH, wie sie auch mit der Beschwerde vorgebracht werden (Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes), sowie auf die teilweise abweichende rechtliche Regelung und Verfahrenspraxis in anderen Gerichtszweigen -- insbesondere im Strafprozeß gemäß § 147 Abs. 4 der Strafprozeßordnung -- eingegangen. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die dortigen Ausführungen, insbesondere in seinem Beschluß in BFH/NV 1993, 742, Bezug. Mit der Beschwerde werden darüber hinaus keine Argumente vorgebracht, die eine abweichende Entscheidung oder andere Begründung durch den Senat als gerechtfertigt bzw. als geboten erscheinen lassen.
Fundstellen
Haufe-Index 424369 |
BFH/NV 1995, 812 |