Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung sowie des Erfordernisses einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts und zur Wahrung der Rechtsprechungseinheit
Leitsatz (NV)
1. Macht der Beschwerdeführer die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend, so muss er zunächst eine bestimmte, für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausarbeiten, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Darüber hinaus muss er substantiiert darauf eingehen, weshalb die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Zur schlüssigen Darlegung der Klärungsbedürftigkeit muss er außerdem begründen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und streitig ist. Dazu gehört auch, dass sich der Beschwerdeführer mit der zu dieser Rechtsfrage bereits vorhandenen Rechtsprechung auseinandersetzt und substantiiert darlegt, weshalb nach seiner Ansicht diese Rechtsprechung keine Klärung herbeigeführt habe.
2. Zur Darlegung einer Abweichung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO muss der Beschwerdeführer tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen FG-Urteil einerseits und aus der mutmaßlichen Divergenzentscheidung andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen, um so eine Abweichung zu verdeutlichen.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2, § 116 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 13.09.2007; Aktenzeichen 6 K 1603/06) |
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig, weil ihre Begründung nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entspricht. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben weder die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (unten 1.) noch das Erfordernis einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts (unten 2.) und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (unten 3.) substantiiert dargelegt.
1. a) Macht der Beschwerdeführer die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend, so muss er zunächst eine bestimmte, für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausarbeiten, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Darüber hinaus muss er u.a. substantiiert darauf eingehen, weshalb die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Zur schlüssigen Darlegung der Klärungsbedürftigkeit muss er außerdem begründen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und streitig ist. Dazu gehört auch, dass sich der Beschwerdeführer mit der zu dieser Rechtsfrage bereits vorhandenen Rechtsprechung auseinandersetzt und substantiiert darlegt, weshalb nach seiner Ansicht diese Rechtsprechung keine Klärung herbeigeführt habe (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 32, m.w.N. aus der Rechtsprechung).
b) Diesen Erfordernissen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Die Kläger haben es bereits unterlassen, einen bestimmten abstrakten, über den Einzelfall hinausgehenden Rechtssatz zu formulieren. Ihre pauschalen und unbestimmten Äußerungen, die "Rechtssache (sei) … von grundsätzlicher Bedeutung" und bei "dem anstehenden Problem (handele) es sich um eine erhebliche Rechtsfrage, die nicht auf den Einzelfall beschränkt (sei), sondern eine Vielzahl von Steuerpflichtigen (betreffe)" sowie es bestehe "eine allgemeine Klärungsbedürftigkeit", reichen hierfür nicht aus.
Abgesehen davon gehen die Kläger selbst davon aus, dass der BFH in den von ihnen zitierten Urteilen vom 16. März 2004 VIII R 33/02 (BFHE 205, 270, BStBl II 2004, 927) und vom 31. Oktober 1990 I R 3/86 (BFHE 163, 478, BStBl II 1991, 610) die von ihnen thematisierte Frage, ob "der Steuerpflichtige nach § 176 AO und § 242 BGB einen die Gerichte bindenden Rechtsanspruch" (auf Vertrauensschutz) habe, bereits beantwortet habe.
2. Aus denselben Gründen kommt die Zulassung der Revision auch nicht wegen des Erfordernisses einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) in Betracht (zur Qualifikation dieses Zulassungsgrundes als speziellen Tatbestand der "Grundsatzrevision" vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 38).
3. Des Weiteren vermochten die Kläger auch nicht substantiiert darzulegen, dass eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO erforderlich ist.
a) Die Zulassung der Revision wegen dieses Erfordernisses ist insbesondere dann geboten, wenn das angefochtene Urteil des Finanzgerichts (FG) in seinen tragenden Gründen von einer Entscheidung des BFH oder eines anderen Gerichts abweicht (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 41). Zur schlüssigen Darlegung einer solchen Abweichung muss der Beschwerdeführer tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen FG-Urteil einerseits und aus den mutmaßlichen Divergenzentscheidungen andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen, um so eine Abweichung zu verdeutlichen.
b) Daran fehlt es im Streitfall. Die Kläger haben es unterlassen, einen abstrakten und entscheidungserheblichen Rechtssatz aus dem angegriffenen FG-Urteil zu formulieren, der von den von ihnen zitierten Divergenzurteilen des BFH in BFHE 205, 270, BStBl II 2004, 927 und in BFHE 163, 478, BStBl II 1991, 610 sowie des FG des Saarlandes vom 8. August 2007 1 V 1152/07 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 21) abweichen soll.
Das FG hat im Übrigen ausdrücklich hervorgehoben, dass der Vertrauensschutz nach § 176 der Abgabenordnung (AO) "auch für formell bestandskräftige Steuerbescheide (gelte), durch die die Steuer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt (worden sei)". Es hat lediglich im Hinblick auf die im Streitfall vorliegenden Besonderheiten mit ausführlicher Begründung angenommen, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Vertrauensschutz gemäß § 176 Abs. 2 AO in Verbindung mit dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 20. Dezember 1990 IV B 2 -S 2240- 61/90 (BStBl I 1990, 884, insbesondere unter Tz. 8) nicht gegeben seien. Selbst wenn das FG den Streitfall unrichtig entschieden haben sollte, würde dies eine Zulassung der Revision wegen Abweichung nicht erfordern. Eine Abweichung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO liegt nicht vor, wenn das FG --wie im hier zu beurteilenden Fall-- erkennbar von den in der bisherigen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ausgeht, diese aber fehlerhaft auf den konkreten Fall anwendet. Nicht die Unrichtigkeit des Urteils im Einzelfall, sondern nur mehr die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen rechtfertigt die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO (ständige Rechtsprechung; vgl. hierzu die Nachweise bei Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 55).
Fundstellen