Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässigkeit einer NZB wegen fehlender Bezeichnung der Divergenz
Leitsatz (NV)
Eine Divergenz ist nicht ausreichend bezeichnet, wenn die vom Beschwerdeführer bezeichneten abstrakten Rechtssätze weder der Entscheidung des FG noch der Rechtsprechung des BFH entnommen werden können.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 S. 3; AO 1977 § 170 Abs. 2 Nr. 1
Gründe
Die Beschwerde der Kläger und Beschwerdeführer zu 1 bis 4 (Kläger) ist unzulässig, da die von ihnen geltend gemachte Divergenz nicht hinreichend bezeichnet ist (§ 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
1. Eine Abweichung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO liegt vor, wenn das Finanzgericht (FG) in der angefochtenen Vorentscheidung einen die Entscheidung tragenden Rechtssatz aufgestellt hat, der von einem ―ebenfalls tragenden― abstrakten Rechtssatz in einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) abweicht (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 13. Juli 1998 VIII B 82/97, BFH/NV 1999, 38, m.w.N.). Zur Bezeichnung der Divergenz i.S. von § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO muss der Beschwerdeführer die abstrakten Rechtssätze des vorinstanzlichen Urteils und der Divergenzentscheidung des BFH so genau benennen, dass eine Abweichung erkennbar wird. Dabei ist erforderlich, dass sich die in der Beschwerdeschrift aufgeführten Rechtssätze aus den Entscheidungen hinreichend deutlich ergeben (vgl. BFH-Beschlüsse vom 7. Juli 1999 VIII B 37/99, BFH/NV 1999, 1625; vom 31. Oktober 1996 VIII B 42/96, BFH/NV 1997, 490).
2. Diesen Anforderungen entspricht die Beschwerdebegründung nicht. Denn die von den Klägern genannten abstrakten Rechtssätze lassen sich der Entscheidung des FG bzw. der Rechtsprechung des BFH nicht entnehmen.
Das FG hat keinen Rechtssatz aufgestellt, nach dem der Vorläufigkeitsvermerk ein selbständiger Verwaltungsakt sei; vielmehr hat es sich zur Rechtsnatur des Vorläufigkeitsvermerks nicht geäußert. Das Gleiche gilt für den von den Klägern der Entscheidung des FG entnommenen Rechtssatz bezüglich der Grundsätze von Treu und Glauben. Tatsächlich hat das FG weder ausdrücklich noch konkludent eine Aussage zu Treu und Glauben getroffen, sondern die Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Nr. 1, 2. Halbsatz der Abgabenordnung (AO 1977) allein mit der nach seiner Auffassung unzureichenden bzw. unvollständigen Feststellungserklärung begründet. Dem Urteil des FG kann schließlich auch nicht der Rechtssatz entnommen werden, dass eine Ungewissheit bei Rechtsfragen eine Vorläufigkeitsregelung i.S. von § 165 AO 1977 rechtfertige. Das FG hat vielmehr ausdrücklich ausgeführt, dass die Unklarheit in tatsächlicher Hinsicht bestanden hätte; es sei nämlich unklar gewesen, wie der Kläger zu 4 und der Rechtsvorgänger der Kläger zu 1 bis 3 die Geschäftsanteile an der P-GmbH und E-GmbH sowie das der X-GmbH gewährte Darlehen im Rahmen der Mitunternehmerschaft eingesetzt hätten und welche Vorteile dies ggf. für die Personengesellschaft bzw. für die Unternehmerstellung der Gesellschafter gehabt hätte.
Schließlich hat auch der BFH (Urteil vom 26. Oktober 1988 I R 189/84, BFHE 155, 8, BStBl II 1989, 130) entgegen der Auffassung der Kläger nicht den abstrakten Rechtssatz aufgestellt, dass sich der Umfang der Vorläufigkeit aus dem Wortlaut des Vorläufigkeitsvermerks ergebe und nicht durch Auslegung ermittelt werden dürfe. Der BFH hat in der genannten Entscheidung nämlich ausdrücklich ausgeführt, dass der Umfang der Vorläufigkeit durch Auslegung ermittelt werden könne (Urteil in BFHE 155, 8, BStBl II 1989, 130, unter 3. der Gründe).
Im Übrigen ergeht der Beschluss nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne weitere Begründung.
Fundstellen
Haufe-Index 508827 |
BFH/NV 2000, 1486 |