Entscheidungsstichwort (Thema)

Ablehnung eines Antrages auf Prozeßkostenhilfe

 

Leitsatz (NV)

1. Macht bei einer im übrigen unübersichtlichen Verfahrenslage ein Beschwerdeführer (Bf.) mit der Beschwerde wegen Ablehnung des Antrages auf Prozeßkostenhilfe geltend, der unter seiner Beteiligung (Komplementär) geschlossene Vertrag über die Errichtung einer KG, die vom FA umsatzsteuerlich in Anspruch genommen wird, sei niemals vollzogen worden, geschäftlich aufgetreten sei stets er selbst unter seiner Einzelfirma, so kann das Vorbringen dahin zu würdigen sein, daß der Bf. in erster Linie im eigenen Namen einen Rechtsschein auf Grund der gegen die KG erlassenen Bescheide bekämpfen und nur hilfsweise namens der KG gegen die betreffenden Bescheide vorgehen will.

2. Unter diesen Umständen ist Prozeßkostenhilfe weder für das Haupt- noch für das Hilfsbegehren zu gewähren, wenn die zu berücksichtigenden Umstände, insbesondere die Angaben über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Bf., nicht zur Verneinung der Möglichkeit führen, daß der Bf. die Prozeßkosten aufbringen könne.

 

Normenkette

FGO § 142; ZPO § 114 S. 1, §§ 115, 116 S. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

FG Berlin

 

Tatbestand

Im Juli 1978 ließ der Bf. durch seinen damaligen steuerlichen Berater beim FA die X-KG mit Sitz in Berlin anmelden. Die KG sollte zu Gesellschaftern haben: den Bf. als persönlich haftenden Gesellschafter und seine Ehefrau als Kommanditistin. Auf Aufforderung legte der Bf. einen Gesellschaftsvertrag vom 27. Januar 1978 vor.

Bezüglich des Jahres 1978 wurde für die Kommanditgesellschaft eine ,,vorläufige" USt-Erklärung eingereicht.

Für 1979 und 1980 wurden USt-Erklärungen nicht abgegeben. Das FA hat daraufhin mit Bescheiden vom 9. Februar 1982 aufgrund geschätzter Besteuerungsgrundlagen die USt festgesetzt. Der Einspruch blieb erfolglos.

Hierauf wurde namens der KG Klage erhoben. Außerdem ist Prozeßkostenhilfe beantragt worden. Dazu wurde ein - vertretungsweise vom Prozeßbevollmächtigten unterzeichneter - Vordruck zur Abgabe der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Bf. vorgelegt.

Den Antrag auf Prozeßkostenhilfe hat das FG mit der Begründung abgelehnt, die Rechtsverfolgung der KG biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen durch das FA unterliege auch bei Berücksichtigung der dagegen vorgebrachten Einwendungen keinen durchschlagenden Bedenken.

Gegen den Beschluß ist Beschwerde eingelegt worden. Der Bf. macht geltend, der die KG betreffende Gesellschaftsvertrag sei niemals vollzogen worden. Geschäftlich aufgetreten und in Anspruch genommen worden sei stets er, der Bf. unter seiner Einzelfirma. Er, der Bf., sei jedoch für die Streitjahre bereits vom FA Y zur USt veranlagt worden. Außerdem sei die Steuerfestsetzung der Höhe nach fehlerhaft.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet. Das FG hat im Ergebnis zu Recht den Antrag auf Prozeßkostenhilfe der KG abgelehnt. Auch dem Bf. selbst steht Prozeßkostenhilfe nicht zu.

1. Gemäß § 142 Abs. 1 FGO gelten im finanzgerichtlichen Verfahren die Vorschriften der ZPO über die Prozeßkostenhilfe sinngemäß. Danach wird in Verfahren vor den Finanzgerichten einem Beteiligten auf Antrag Prozeßkostenhilfe gewährt, wenn er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 114 Satz 1 ZPO). Der Beteiligte hat vor der Inanspruchnahme von Prozeßkostenhilfe in den vom Gesetz gezogenen Grenzen sein Einkommen und gegebenenfalls im Rahmen des § 115 Abs. 2 ZPO sein Vermögen einzusetzen.

Gemäß § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO erhalten auf Antrag eine inländische juristische Person oder parteifähige Vereinigung Prozeßkostenhilfe, wenn die Kosten weder von ihr noch von den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und wenn die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde.

2. Bei Würdigung des Beschwerdevorbringens zur beabsichtigten Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung ergibt sich, daß der Bf. nicht länger in erster Linie namens der KG gegen die Höhe der Steuerfestsetzungen durch die angefochtenen Bescheide vorgehen will. Dem Bf. geht es nunmehr vor allem darum, vor Gericht geltend zu machen, die KG habe nie bestanden und er selbst habe, belastet durch den von den Bescheiden ausgehenden Rechtsschein, ein anerkennenswertes Interesse an der Aufhebung der Bescheide. Offenbar nur hilfsweise sollen die angefochtenen Bescheide namens der KG in Beziehung auf die Steuerhöhe prozessual bekämpft werden.

3. Unter Berücksichtigung des veränderten Verfahrenszieles kommt es sowohl beim Haupt- als auch beim Hilfsbegehren für die Entscheidung über den Antrag auf Prozeßkostenhilfe auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Bf. an. In Beziehung auf das Hauptbegehren (Klage im eigenen Namen wegen des mit den Bescheiden verbundenen Rechtsscheins) ergibt sich die Entscheidungserheblichkeit der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Bf. aus § 142 Abs. 1 FGO in Verbindung mit § 114 Satz 1 ZPO, wonach Prozeßkostenhilfe nur gewährt wird, wenn der Beteiligte die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann. Für das Hilfsbegehren (Klage namens der Kommanditgesellschaft wegen der Höhe der Steuerfestsetzungen) sind die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Bf. im Hinblick darauf entscheidungserheblich, daß nach § 142 Abs. 1 FGO in Verbindung mit § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Gewährung von Prozeßkostenhilfe u. a. davon abhängig ist, ob die Kosten der Prozeßführung vom Bf. als einem wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können.

4. Der Bf. hat nicht hinreichend dargelegt, daß seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse es ausschlössen, die Kosten der Prozeßführung aufzubringen. Für den Bf. hat zwar der Prozeßbevollmächtigte einen entsprechenden Vordruck (Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse) ausgefüllt und - vertretungsweise - unterzeichnet, demzufolge der Bf. weder Einkünfte noch Vermögen hat. Selbst wenn die vertretungsweise unterschriebene Erklärung anzuerkennen sein sollte, stellt sie keine Grundlage für eine stattgebende Entscheidung dar. Die in ihr enthaltenen Angaben vermitteln kein zuverlässiges Bild von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Bf.

Wie den Ausführungen des Prozeßbevollmächtigten während des Klageverfahrens und im Beschwerdevorbringen entnommen werden kann, ist der Prozeßbevollmächtigte mit den Einzelheiten der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Bf. nicht gut vertraut, weil er Schwierigkeiten hat, sich mit dem Bf. in Verbindung zu setzen. Schon hierwegen begegnen die Angaben im Vordruck gewissen Bedenken. Ihre Tauglichkeit, ein zuverlässiges Bild von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Bf. zu vermitteln, wird weiter dadurch in Frage gestellt, daß sich Widersprüche zu dem übrigen Vorbringen im Beschwerdeverfahren ergeben. Im Rahmen der Beschwerdebegründung hat der Prozeßbevollmächtigte nämlich vorgetragen, der Bf. und seine Ehefrau verkauften auf Märkten . . . Dies ist mit den Angaben des Bf., ihm fehle jegliches Einkommen, nicht, jedenfalls nicht ohne zusätzliche Erläuterungen, zu vereinbaren. Angesichts dessen kann der Senat weder den Angaben in dem erwähnten Vordruck folgen, daß der Bf. weder Einkommen noch Vermögen habe, noch kann der Senat sonstwie ausschließen, daß der Bf. aufgrund seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse imstande ist, die Prozeßkosten aufzubringen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413807

BFH/NV 1986, 111

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