Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert für einheitliche Gewinnfeststellung
Leitsatz (NV)
Nach ständiger Rechtsprechung ist für das Verfahren, das die Rechtmäßigkeit einer einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung zum Gegenstand hat, der Streitwert nach der vermutlichen einkommensteuerlichen Auswirkung zu schätzen. Grundsätzlich ist von einem Prozentsatz von 25 v. H. auszugehen, sofern die Feststellung des laufenden und nicht des tarifbegünstigten Gewinns streitig ist.
Je nach den mutmaßlichen Auswirkungen eines solchen Rechtsstreits auf die beteiligten Mitunternehmer können im Einzelfall auch abweichende Pauschsätze angemessen sein, wenn nämlich nach den erkennbaren Umständen der Schluß gerechtfertigt ist, daß die angestrebten Gewinnminderungen entsprechend höhere einkommensteuerliche Auswirkungen haben können. Werden höhere Verlustanteile festgestellt, die auf ein höheres Einkommen der Gesellschafter hindeuten, gilt Entsprechendes.
Normenkette
AO 1977 § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a; GKG § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 4 S. 1, § 11 Abs. 2 S. 1, § 13 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Die Kostenschuldnerin und Erinnerungsführerin (Erinnerungsführerin) ist eine GmbH & Co. KG, an welcher ein Komplementär mit 92,5 v. H. und seine Ehefrau als Kommanditistin mit 7,5 v. H. beteiligt waren.
Mit der Klage gegen die gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderten einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsbescheide begehrte die Erinnerungsführerin Aufwendungen im Rahmen von Differenzgeschäften als betrieblich veranlaßt zu berücksichtigten. Sie beantragte, den Gewinn aus Gewerbe betrieb für 1979 um 75 541 DM gemindert auf 334 106 DM und für 1980 um 93 594,64 DM (für Wechselspesen und die Bildung einer Rückstellung) auf . /. 15 660,64 DM festzustellen.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage in vollem Umfang als unbegründet ab. Die auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage nach der betrieblichen Veranlassung von Aufwendungen im Zusammenhang von sog. Risikogeschäften gestützte Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision hat der erkennende Senat mit Beschluß vom 22. Dezember 1993 ... als unzulässig verworfen.
Die Kostenstelle des Bundesfinanzhofs (BFH) hat anschließend mit Kostenrechnung vom 17. Februar 1994 die Gerichts kosten für das Beschwerdeverfahren bei einem ermittelten Streitwert von 65 848 DM auf 702 DM festgesetzt. Mit der Erinnerung vom 23. März 1994 wendet sich die Erinnerungsführerin gegen den von der Kostenstelle zugrunde gelegten Streitwert. Der streitige Gewinn betrage für 1979 75 541 DM und für 1980 1 991 DM. Die Erhöhung des üblichen Pauschalsatzes von 25 v. H. auf 50 v. H. sei überhöht. Im Beschwerdeverfahren sei für das Streitjahr 1980 zudem nur noch ein Betrag von 1 991 DM streitig gewesen. Bei einer im Hinblick auf die den Betrag von jeweils 15 000 DM übersteigenden Gewinnanteile der Beteiligten angemessenen Erhöhung auf 40 v. H. ergäben sich ein Streitwert von 31 012,80 DM und Gerichtsgebühren von 414 DM.
Entscheidungsgründe
Die Erinnerung ist unbegründet. Sie war deshalb zurückzuweisen.
Der Kostenbeamte des BFH hat den Streitwert im Rahmen des Kostenansatzverfahrens nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) zu Recht mit 65 848 DM ermittelt.
1. a) Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ist der Streitwert (vgl. § 13 Abs. 1 GKG) für ein Verfahren, das die Rechtmäßigkeit einer gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung zum Gegenstand hat, nach der vermutlichen einkommensteuerlichen Auswirkung zu schätzen. Grundsätzlich ist, sofern die Feststellung des laufenden, nicht tarifbegünstigten Gewinns streitig ist, von einem Prozentsatz von 25 v. H. auszugehen. Je nach den mutmaßlichen Auswirkungen eines solchen Rechtsstreits auf die beteiligten Mitunternehmer können im Einzelfall jedoch abweichende Pauschsätze angemessen sein, wenn nach den erkennbaren Umständen der Schluß gerechtfertigt ist, daß die angestrebten Gewinnminderungen entsprechend höhere einkommensteuerliche Auswirkungen haben können (Beschluß des erkennenden Senats vom 17. November 1987 VIII R 346/83, BFHE 152, 5, BStBl II 1988, 287, 289). Werden höhere Verlustanteile festgestellt, die auf ein entsprechend hohes Einkommen der Gesellschafter hindeuten, gilt Entsprechendes (vgl. BFH-Beschlüsse vom 12. August 1992 IV E 3/92, BFH/NV 1993, 376, 377; vom 3. Oktober 1989 VIII R 226/84, BFH/NV 1990, 725, 726; vom 7. Dezember 1988 IV E 2/88, BFH/NV 1990, 51). Im Rahmen der zu schätzenden einkommensteuerlichen Auswirkungen kommt es auch nicht allein entscheidend auf den Antrag an (vgl. Beschluß des erkennenden Senats vom 22. Januar 1990 VIII S 10/89, BFH/NV 1990, 449).
Eine genaue Ermittlung der einkommensteuerlichen Auswirkungen bei den einzelnen Mitunternehmen ist auch im Hinblick auf die Wahrung des Steuergeheimnisses ausgeschlossen (BFH-Beschlüsse vom 1. Juni 1989 IV R 95/88, BFH/NV 1990, 183, 184; vom 23. Februar 1978 IV E 2/78, BFHE 125, 10, BStBl II 1978, 435, 436). Daß sich bei einzelnen Gesellschaftern ein abweichender Steuersatz ergeben könnte, steht der Schätzung eines erhöhten Pauschsatzes nicht entgegen; denn sie ist zwangsläufige Folge einer pauschalierten Betrachtungsweise (vgl. Beschlüsse des erkennenden Senats vom 18. Oktober 1991 VIII E 4/91, BFH/NV 1992, 620, 621 m. w. N.; in BFHE 152, 5, BStBl II 1988, 287, 290).
b) Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren über die Nichtzulassung der Revision gegen ein die Klage in vollem Umfang abweisendes Urteil des FG entspricht im Regelfall dem Streitwert des Klageverfahrens, weil dieser regelmäßig auch dem voraussichtlichen Streitwert des angestrebten Revisionsverfahrens entspricht (§ 11 Abs. 2 Satz 1 GKG; BFH-Beschlüsse vom 4. Januar 1994 III E 1/93, BFH/NV 1994, 572, 573; vom 6. Juni 1989 X E 3/88, BFH/NV 1990, 184), sofern der Beschwerdeführer nicht erkennbar macht, daß er das Klagebegehren nur noch eingeschränkt weiterzuverfolgen beabsichtigt (BFH/NV 1994, 572, 573; BFH-Beschluß vom 7. August 1989 VII S 20/89, BFH/NV 1990, 257 m. w. N.).
2. Die Streitwertermittlung der Kostenstelle des BFH entspricht diesen Rechtsgrundsätzen.
Für das Streitjahr 1979 begehrte die Erinnerungsführerin eine Gewinnminderung um 75 541 DM auf 334 106 DM. Da allein die Eheleute vermögensmäßig an der KG beteiligt waren, wurde der Gewinn auf die beiden Gesellschafter, nicht jedoch zu gleichen Teilen auf sämtliche Gesellschafter unter Einschluß der GmbH, verteilt (vgl. Schreiben des Kostenbeamten vom 3. Juni 1994 an die Prozeßbevollmächtigten). Die Erinnerungsführerin hat keine nachvollziehbaren Einwendungen gegen die sich aus dem Gewinnanteil des Komplementärs voraussichtlich ergebende Einkommensteuerbelastung von mindestens 50 v. H. geltend gemacht. Auch im Falle der Zusammenveranlagung der beteiligten beiden Gesellschafter als Eheleute durfte der Kostenbeamte bei der Höhe des Gesamtgewinns von einer einkommensteuerlichen Auswirkung mit dem Spitzensteuersatz ausgehen.
Für das Streitjahr 1980 hat der Kostenbeamte zu Recht angenommen, daß die im Klageverfahren begehrte Gewinnminderung von . /. 1 991 DM für Wechselspesen und . /. 91 603,64 DM für die Bildung einer Rückstellung unverändert im Falle der Zulassung der Revision weiterverfolgt werden sollte. Die Erinnerungsführerin hat im Beschwerdeverfahren keine Einschränkung ihres künftigen Begehrens erkennbar gemacht. Allein aus dem Umstand, daß Zulassungsrügen nur entsprechend den revisionsrechtlichen Besonderheiten nach § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung erhoben werden können, läßt sich nicht hinreichend deutlich ableiten, daß sämtliche nicht ausdrücklich gerügten Sachverhalte etwa in einem künftigen Revisionsverfahren nicht mehr weiterverfolgt werden sollten.
Die erstrebte Gewinnminderung für 1980 rechtfertigt die vom Kostenbeamten vorgenommene maßvolle Anhebung des Regelpauschsatzes von 25 v. H. auf 30 v. H.
Die Berechnung des Streitwerts anhand der Pauschsätze und der Kostenansatz nach § 11 Abs. 2 i. V. m. Anlage 2 GKG i. d. F. des Gesetzes zur Änderung von Kostengesetzen vom 9. Dezember 1986 (BGBl I, 2326) ist im übrigen rechtsfehlerfrei.
Fundstellen
Haufe-Index 423655 |
BFH/NV 1995, 254 |