Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe - Antrag einer parteifähigen Vereinigung
Leitsatz (NV)
Eine Erbengemeinschaft, die gegen einen an sie gerichteten Umsatzsteuerbescheid klagt, gehört zu den in § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO bezeichneten inländischen parteifähigen Vereinigungen; sie muss deshalb im Verfahren wegen Prozesskostenhilfe darlegen, aus welchen Gründen die Unterlassung der erstrebten Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde.
Normenkette
FGO § 142; ZPO § 116 S. 1 Nr. 2
Tatbestand
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ―eine Erbengemeinschaft― war Eigentümerin eines Grundstücks.
Auf diesem Grundstück errichtete die Miterbin A eine Kaufhalle, die Anfang 1991 eröffnet wurde. Das Unternehmen wurde von Frau A alleine geführt.
1994 verkaufte die Erbengemeinschaft das Grundstück zum Preis von … DM zuzüglich … DM Umsatzsteuer. Laut notariellem Vertrag vom 15. Dezember 1994 wurde der Kaufpreis auf … DM zuzüglich … DM Umsatzsteuer reduziert; privatrechtlich wurde eine weitere Zahlung von … DM vereinbart.
1996 erklärten die Erben den Rücktritt vom Kaufvertrag.
Der Beklagte (das Finanzamt ―FA―) setzte gegen die Klägerin die im Vertrag vom 15. Dezember 1994 ausgewiesene Umsatzsteuer unter Berufung auf die Vorschrift des § 14 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest (Umsatzsteuerbescheid für 1994 vom 4. April 1997).
Das FA wertete ein Schreiben der jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin als Antrag auf Änderung des Umsatzsteuerbescheides und lehnte ihn mit Bescheid vom 20. August 1998 ab.
Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid nach erfolglosem Einspruch Klage ein, die beim Finanzgericht (FG) anhängig ist.
Für diesen Rechtsstreit hat die Klägerin Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. Das FG wies den Antrag unter Hinweis auf die Vorschrift des § 116 Satz 1 Nr. 2 der Zivilprozeßordnung (ZPO) zurück, da die Klägerin nicht dargelegt habe, dass die Unterlassung der Rechtsverfolgung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Beschwerde. Sie bestreitet, eine parteifähige Vereinigung i.S. des § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO zu sein.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unbegründet.
Nach § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO erhält eine inländische juristische Person oder parteifähige Vereinigung PKH, wenn die Kosten weder von ihr noch von dem am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und wenn die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde.
Die Klägerin gehört zu den in § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO bezeichneten inländischen parteifähigen Vereinigungen, da sie als Klägerin (§ 57 Nr. 1 FGO) die Änderung eines gegen sie als Steuerschuldnerin ergangenen Umsatzsteuerbescheides begehrt (entsprechend für Gesellschaft bürgerlichen Rechts in einem Rechtsstreit wegen Investitionszulage, Bundesfinanzhof ―BFH― Beschluss vom 17. September 1998 III S 9/98, BFH/NV 1999, 339).
Ob die Erbengemeinschaft in Zivilrechtsstreitigkeiten als parteifähige Vereinigung i.S. des § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO anzusehen ist, ist unerheblich; umsatzsteuerrechtlich ist sie jedenfalls parteifähig.
Die Klägerin hätte deshalb darlegen müssen, aus welchen Gründen die Unterlassung der erstrebten Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde (vgl. BFH-Beschluss vom 4. April 1995 V S 1/95, BFH/NV 1995, 1008).
Fundstellen