Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichterhebung von Gerichtskosten wegen unrichtiger Sachbehandlung
Leitsatz (NV)
Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn sie bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären. Dies setzt jedoch ein erkennbares Versehen oder offensichtliche Verstöße gegen eindeutige Vorschriften voraus.
Normenkette
GKG § 21 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
I. Mit Beschluss vom 12. Juli 2007 X B 84/07 hat der Bundesfinanzhof (BFH) die Beschwerde der Kostenschuldner und Erinnerungsführer (Kostenschuldner) gegen eine Entscheidung des Finanzgerichts (FG) kostenpflichtig zurückgewiesen, mit der es ihrem Antrag, gemäß § 86 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) festzustellen, ob die Weigerung einer Gemeinde, ihnen eine Bescheinigung nach § 7h des Einkommensteuergesetzes (EStG) auszustellen, rechtmäßig ist, nicht entsprochen hatte. Daraufhin hat die Kostenstelle des BFH durch Kostenrechnung vom 1. Oktober 2007 nach Nr. 6502 des Kostenverzeichnisses zu § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) die Gerichtskosten mit 50 € gegen die Kostenschuldner angesetzt.
Dagegen haben die Kostenschuldner Erinnerung eingelegt. Zur Begründung führen sie an, Gerichtskosten hätten wegen des fehlenden Streitwerts nicht erhoben werden dürfen. Zudem seien nach § 21 Abs. 1 GKG Kosten nicht zu erheben, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären. Zugleich beantragen sie, die aufschiebende Wirkung der Erinnerung anzuordnen und gemäß § 9 Abs. 1 der Justizbeitreibungsordnung (JBeitrO) die Gerichtskostenfestsetzung des FG aufzuheben.
Entscheidungsgründe
II. Die Erinnerung ist unbegründet.
1. Mit der Erinnerung gemäß § 66 Abs. 1 GKG gegen den Kostenansatz können nur Einwendungen erhoben werden, die sich gegen die Kostenrechnung selbst richten, also gegen Ansatz und Höhe einzelner Kosten oder gegen den Streitwert (BFH-Beschluss vom 1. September 2005 III E 1/05, BFH/NV 2006, 92). Die an die Kostenschuldner gerichtete Kostenrechnung weist in dieser Hinsicht keinen sie belastenden Rechtsfehler auf. Insbesondere war die Angabe eines Streitwerts in der Gerichtskostenrechnung nicht erforderlich, da nach Nr. 6502 des Kostenverzeichnisses der Ansatz der zu erhebenden Festgebühr von 50 € nicht vom Streitwert der Sache abhängt.
2. Soweit die Kostenschuldner begehren, gemäß § 21 Abs. 1 GKG keine Gerichtskosten zu erheben, ist die Erinnerung ebenfalls unbegründet. Zwar kann nach Satz 1 dieser Vorschrift von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn sie bei richtiger Behandlung nicht entstanden wären. Dies setzt jedoch ein erkennbares Versehen oder offensichtliche Verstöße gegen eindeutige Vorschriften voraus (Senatsbeschluss vom 12. Oktober 2005 X E 2/05, BFH/NV 2006, 326). Dafür sind im Streitfall keine Anhaltspunkte ersichtlich. Der angerufene Senat hat die Beschwerde der Kostenschuldner gegen die ablehnende Entscheidung des FG, ein Verfahren nach § 86 Abs. 3 FGO durchzuführen, zu Recht zurückgewiesen. Die Vorschrift bietet keine Handhabe festzustellen, ob die Weigerung einer Gemeinde, eine Bescheinigung nach § 7h EStG auszustellen, rechtmäßig ist (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 18. Juli 2006 X B 39/06, BFH/NV 2006, 1697).
3. Mit der Zurückweisung der Erinnerung erledigt sich der Antrag, nach § 66 Abs. 7 GKG die aufschiebende Wirkung der Erinnerung anzuordnen. Dabei kann auf sich beruhen, inwieweit eine derartige Anordnung bei Erinnerungen überhaupt möglich ist (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl., § 66 GKG Rz 44).
4. Dem Antrag nach § 9 Abs. 1 JBeitrO ist ebenfalls nicht zu entsprechen, da Einwendungen gegen eine Zwangsvollstreckung nicht mit der Erinnerung verfolgt werden können (vgl. Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 13. Februar 1992 V ZR 112/90, Neue Juristische Wochenschrift 1992, 1458). Sollte der Antrag als selbständiger Rechtsbehelf gewollt sein, fehlte es u.a. an einer auf die Zwangsvollstreckung abstellenden Begründung.
5. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei (§ 66 Abs. 8 GKG).
Fundstellen