Entscheidungsstichwort (Thema)
Der Grundsatz von Treu und Glauben
Leitsatz (NV)
Der Grundsatz von Treu und Glauben wirkt nur innerhalb eines konkreten Steuerrechtsverhältnisses und erfordert daher eine Identität der Rechtssubjekte.
Normenkette
AO § 4
Verfahrensgang
FG Köln (Urteil vom 31.07.2007; Aktenzeichen 9 K 1649/07) |
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Die Beschwerdebegründung der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an die Darlegung eines Zulassungsgrunds i.S. des § 115 Abs. 2 FGO. Sie haben nicht in der erforderlichen Weise dargetan, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) hat.
1. Wird dieser Grund für die Zulassung der Revision geltend gemacht, dann ist darzulegen, aus welchen Gründen die aufgeworfene Rechtsfrage aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse der Klärung bedarf. Auch ist darzustellen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und strittig ist. Hat der Bundesfinanzhof (BFH) bereits früher über die Rechtsfrage entschieden, dann muss begründet werden, weshalb eine erneute Entscheidung des BFH zu dieser Frage erforderlich ist. Insbesondere ist auszuführen, welche neuen und gewichtigen, vom BFH noch nicht geprüften Argumente in der Rechtsprechung der Finanzgerichte und/oder der Literatur gegen die Rechtsauffassung des BFH vorgebracht worden sind. Auch verlangt die Rechtsprechung, dass sich eine auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO gestützte Nichtzulassungsbeschwerde damit befassen muss, ob die aufgeworfene Rechtsfrage im konkreten Streitfall klärungsfähig ist (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, § 116 Rz 32, 33, 35, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH). Diese Darlegungserfordernisse sind auch im Rahmen von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO i.d.F. des ab dem 1. Januar 2001 geltenden Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze zu beachten (BFH-Beschluss vom 30. August 2001 IV B 79, 80/01, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837).
2. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. In ihr wird die Rechtsfrage aufgeworfen, ob eine Finanzbehörde trotz eingetretener Festsetzungsverjährung nach Treu und Glauben zur Änderung eines Steuerbescheids verpflichtet ist, wenn diese Behörde durch aktives Tun einen Vertrauenstatbestand geschaffen habe. Zur Klärungsbedürftigkeit dieser Rechtsfrage wird in der Beschwerdebegründung im Wesentlichen lediglich ausgeführt, der BFH habe in dem Urteil vom 19. August 1999 III R 57/98 (BFHE 191, 198, BStBl II 2000, 330) die Beantwortung dieser Frage offen gelassen.
Diese Ausführungen der Kläger sind nicht ausreichend. Es ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt, dass der Grundsatz von Treu und Glauben regelmäßig keine Steueransprüche zum Entstehen oder zum Erlöschen bringt. Er hat allenfalls rechtsbeschränkenden Charakter und kann in diesem Fall verhindern, dass eine Forderung oder ein Recht geltend gemacht werden kann (ständige BFH-Rechtsprechung; vgl. z.B. BFH-Urteile vom 8. Februar 1996 V R 54/94, BFH/NV 1996, 733, und vom 30. Juli 1997 I R 7/97, BFHE 184, 88, BStBl II 1998, 33; ebenso z.B. Rößler, Deutsche Steuer-Zeitung 2000, 829, und Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 4 AO, Rz 166). Hiervon ausgehend nimmt die Rechtsprechung an, dass nach Eintritt der Festsetzungsverjährung auch der Grundsatz von Treu und Glauben grundsätzlich keine Änderung der Steuerfestsetzung rechtfertigt (BFH-Urteil in BFHE 191, 198, BStBl II 2000, 330, und BFH-Beschluss vom 13. November 2007 VIII B 85/07, nicht veröffentlicht). Soweit der BFH es in dem zuletzt genannten Urteil offen gelassen hat, ob Abweichendes zu gelten hat, wenn das Finanzamt, von dem die Änderung einer Steuerfestsetzung begehrt wird, durch aktives Tun einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, ist diese Rechtsfrage im vorliegenden Streitfall nicht klärungsfähig. Die Kläger sehen diesen Vertrauenstatbestand darin, dass der Gewinnfeststellungsbescheid 1997 vom 21. Februar 2002 mit dem Hinweis versehen war, der Gewinn und die sonstigen in diesem Bescheid getroffenen Entscheidungen würden der Einkommensteuerveranlagung zugrunde gelegt. Dieser Hinweis wurde aber nicht vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--), sondern vom FA X angebracht, das diesen Gewinnfeststellungsbescheid erlassen hat. Der Grundsatz von Treu und Glauben wirkt jedoch nur innerhalb eines bestehenden konkreten Steuerrechtsverhältnisses und erfordert daher eine Identität der Rechtssubjekte (Senatsurteil vom 5. Mai 1993 X R 111/91, BFHE 171, 400, BStBl II 1993, 817). Mit der weiteren Rechtsfrage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen sich das FA das Handeln des FA X zurechnen lassen muss, befasst sich die Beschwerdebegründung der Kläger nicht.
Fundstellen