Entscheidungsstichwort (Thema)
PKH-Antrag des nicht vertretenen Beschwerdeführers
Leitsatz (NV)
1. PKH für die NZB kann nicht gewährt werden, wenn der Antragsteller seine Mittellosigkeit nicht durch eine auf dem vorgeschriebenen amtlichen Vordruck abgegebene Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse dargelegt und durch entsprechende Belege nachgewiesen hat.
2. Der Steuerpflichtige, der sich darauf beruft, Schätzungsbescheide litten offenkundig an einem schweren Fehler i.S.d. § 125 Abs. 1 AO 1977, muss nach der Rechtsprechung des BFH mindestens seine abweichende Schätzung näher belegen oder nachweisen, dass ihm die Erfüllung seiner Steuererklärungspflicht unmöglich gewesen sei.
3. Die Vertagung der mündlichen Verhandlung wegen eines Antrags auf Akteneinsicht ist verfahrensrechtlich nicht geboten, wenn die noch einzusehenden Vorgänge nicht entscheidungserheblich sind.
Normenkette
AO 1977 § 125 Abs. 1; FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-3, §§ 142, 155; ZPO § 78 Abs. 5, §§ 114, 117 Abs. 1-2, 4
Tatbestand
I. Um einen Rechtsanwalt mit der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG), in dem die Revision nicht zugelassen worden ist, beauftragen zu können, hat der Kläger und Antragsteller (Antragsteller) selbst beantragt, ihm wegen Mittellosigkeit als Sozialhilfeempfänger Prozesskostenhilfe (PKH) zu gewähren. Ausführungen, denen sich Zulassungsgründe entnehmen ließen, enthält der Antrag nicht. Eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat der Antragsteller nicht eingereicht.
Entscheidungsgründe
II. Der Antrag auf Gewährung von PKH wird abgelehnt.
1. Nach § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Dem beim Prozessgericht zu stellenden Antrag (§ 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO) sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beizufügen (§ 117 Abs. 2 ZPO). Hierbei hat der Prozessbeteiligte die dafür eingeführten amtlichen Vordrucke zu benutzen (§ 117 Abs. 4 ZPO).
Für den beim Bundesfinanzhof (BFH) als Prozessgericht zu stellenden Antrag auf PKH besteht kein Vertretungszwang (§ 78 Abs. 5, § 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. § 155 FGO; BFH-Beschluss vom 27. Januar 2003 II S 2/01 (PKH), BFH/NV 2003, 793).
2. Dem Antragsteller kann PKH schon deshalb nicht gewährt werden, weil er seine Mittellosigkeit nicht durch eine auf dem vorgeschriebenen amtlichen Vordruck abgegebene Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse dargelegt und durch entsprechende Belege nachgewiesen hat.
3. Zudem hat die vom Antragsteller beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg. Der Antragsteller hat keine die Zulassung der Revision rechtfertigenden Gründe i.S. des § 115 Abs. 2 FGO vorgetragen. Auch bei einer Prüfung von Amts wegen (vgl. dazu Beschlüsse des BFH vom 14. Oktober 2003 X S 9/03 (PKH), BFH/NV 2004, 221, und vom 20. April 2004 III S 1/04 (PKH), juris) sind keine Zulassungsgründe erkennbar.
a) Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO).
Das FG hat die auf Feststellung der Nichtigkeit der Einkommensteuerschätzungsbescheide 1995 und 1996 gerichtete Klage abgewiesen, weil nicht feststellbar sei, dass die angegriffenen Bescheide offenkundig an einem besonders schweren Fehler i.S. des § 125 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) litten, insbesondere nicht erkennbar sei, dass der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) willkürlich zum Nachteil des Antragstellers geschätzt habe. Dem Antragsteller sei es möglich gewesen, seine abweichende Schätzung näher zu belegen oder jedenfalls die behauptete Unmöglichkeit der Erfüllung der Steuererklärungspflicht nachzuweisen. Der pauschale Hinweis auf eine "rechtswidrige Beschlagnahme" aller für die Steuererklärung erforderlichen Unterlagen könne schon deshalb die Nichtigkeit nicht begründen, weil der Antragsteller zum einen keine Bemühung habe erkennen lassen, Einsicht in die erforderlichen Unterlagen zu erhalten oder wenigstens auf die einschlägigen Unterlagen hinzuweisen, zum anderen, weil ihm offensichtlich Unterlagen zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen des Streitzeitraumes zur Verfügung gestanden hätten. Im Übrigen seien die Bescheide nicht nichtig, weil das FA nachvollziehbar auf der Grundlage der Umsatzsteuervoranmeldungen den Gewinn in Anwendung der Richtsatzkartei geschätzt habe.
Diese Ausführungen stehen im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des BFH zu den Voraussetzungen der Nichtigkeit von Schätzungsbescheiden; klärungsbedürftige Rechtsfragen sind insoweit nicht ersichtlich (BFH-Urteil vom 20. Dezember 2000 I R 50/00, BFHE 194, 1, BStBl II 2001, 381, m.w.N.; BFH-Beschluss vom 12. Juni 2003 XI B 8/03, BFH/NV 2003, 1323).
b) Ein die Zulassung der Revision rechtfertigender Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) ist ebenfalls nicht erkennbar. Das FG war entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht gehindert, mündliche Verhandlung anzuberaumen und über die Klage zu entscheiden. Eine Vertagung der mündlichen Verhandlung wegen des Antrags des Antragstellers im Schreiben vom 15. Juni 2004 auf Akteneinsicht war nicht geboten. Der Antragsteller hatte beanstandet, die ihm vorgelegten Akten seien unvollständig. Ihm sei wegen Verstoßes gegen das Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften der für Presseerzeugnisse geltende Steuersatz verweigert worden. Die Akten enthielten keine Hinweise, auf welche Betriebsvorgänge und Titel sich diese Anschuldigung stütze. Er beantrage deshalb, die unvollständigen Akten zum Beispiel um Auskünfte der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien zu ergänzen. Diese Vorgänge sind aber für die im vorliegenden Verfahren streitige Schätzung der Besteuerungsgrundlagen für die Einkommensteuer 1995 und 1996 nicht entscheidungserheblich.
4. Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen. Gerichtsgebühren entstehen nicht (§ 142 FGO, § 118 Abs. 1 Sätze 4 und 5 ZPO; BFH-Beschluss vom 17. September 2002 X S 4/02 (PKH), BFH/NV 2003, 73).
Fundstellen