Entscheidungsstichwort (Thema)
NZB: Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung, kumulative Urteilsbegründung
Leitsatz (NV)
1. Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache erfordert, dass sich der Beschwerdeführer insbesondere mit der Rechtsprechung des BFH, den Äußerungen im Schrifttum sowie mit den ggf. veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinandersetzt. Wird die Verfassungswidrigkeit einer Norm geltend gemacht, bedarf es einer an den Vorgaben des GG sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des BVerfG orientierten Auseinandersetzung.
2. Stützt das FG sein Urteil auf mehrere Gründe, von denen jeder für sich das Entscheidungsergebnis trägt, muss hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2, § 116 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
Hessisches FG (Urteil vom 13.07.2005; Aktenzeichen 11 K 882/00) |
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Sie wird nach § 132 FGO verworfen.
1. Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erfordert substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich klärbar ist und deren Beurteilung von der Klärung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtslage abhängig ist. Hierzu ist erforderlich, dass sich der Beschwerdeführer insbesondere mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), den Äußerungen im Schrifttum sowie mit den ggf. veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinandersetzt. Es ist zu begründen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und streitig ist (BFH-Beschluss vom 29. Mai 2006 VIII B 191/05, BFH/NV 2006, 1658). Ist über die Rechtsfrage bereits höchstrichterlich entschieden worden, ist zusätzlich darzulegen, weshalb eine erneute Entscheidung des BFH für erforderlich gehalten wird. Eine weitere bzw. erneute Klärung der Rechtsfrage kann z.B. geboten sein, wenn gegen die bisherige Rechtsprechung gewichtige Einwendungen erhoben worden sind, mit denen sich der BFH bislang noch nicht auseinandergesetzt hat. Darüber hinaus ist auf die Bedeutung der Klärung der konkreten Rechtsfrage für die Allgemeinheit einzugehen (BFH-Beschluss vom 19. Januar 2006 VIII B 114/05, BFH/NV 2006, 709, m.w.N.).
Wird die Verfassungswidrigkeit einer Norm geltend gemacht, erfordert die substantiierte Darlegung eine an den Vorgaben des Grundgesetzes (GG) sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) orientierte Auseinandersetzung. In der Beschwerde ist der geltend gemachte Verfassungsverstoß näher zu begründen. Dazu gehört insbesondere eine Auseinandersetzung mit der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und des BFH (BFH-Beschluss vom 31. Januar 2005 III B 59/04, BFH/NV 2005, 1081, m.w.N.).
2. Diesen Anforderungen entspricht die Beschwerdebegründung nicht.
Die Ausführungen der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) erschöpfen sich im Wesentlichen in Einwendungen gegen die sachliche Richtigkeit des Urteils des Finanzgerichts (FG). Damit wird die grundsätzliche Bedeutung der Sache nicht dargetan (Beschluss des Senats vom 24. Februar 2003 III B 117/02, BFH/NV 2003, 810).
Soweit die Klägerin meint, die von ihr geltend gemachten Kinderbetreuungskosten seien für die Streitjahre 1991 bis 1997 über die Grenzen des § 10 Abs. 1 Nr. 8 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in den für die Streitjahre geltenden Fassungen hinaus als Sonderausgaben oder insgesamt als Betriebsausgaben anzuerkennen, fehlt es an einer an der Rechtsprechung des BVerfG unter Einbeziehung der Stimmen im Schrifttum ausgerichteten Darlegung der Klärungsbedürftigkeit. Die Klägerin behauptet insoweit lediglich die Verfassungswidrigkeit, ohne ihre Auffassung näher zu begründen. Insbesondere hat sie nicht anhand der Rechtsprechung des BVerfG näher begründet, inwieweit nach ihrer Meinung das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG durch die der Höhe nach begrenzte Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten Berufstätiger beeinträchtigt sein soll.
Auch soweit die Klägerin ausführt, die vom FA nicht anerkannten Beträge seien in verfassungskonformer Auslegung des § 33c EStG zu berücksichtigen, rechtfertigen ihre Darlegungen nicht die Zulassung der Revision. Allein der Hinweis auf den Beschluss des BVerfG vom 16. März 2005 2 BvL 7/00 (BVerfGE 112, 268) genügt nicht, um die grundsätzliche Bedeutung der Sache darzulegen. Das FG hat diesem Beschluss folgend auch für das Jahr 1997 Kinderbetreuungskosten in Höhe von 4 000 DM --ohne Kürzung um eine zumutbare Belastung-- berücksichtigt.
Im Übrigen ist die Klägerin auf die die Entscheidung des FG ebenfalls tragende Begründung nicht eingegangen, eine höhere Entlastung wegen der Kinderbetreuung als in den Grenzen des § 33c EStG sei auch deshalb nicht möglich, weil nach dem Beschluss des BVerfG vom 10. November 1998 2 BvR 1057/91 u.a. (BVerfGE 99, 216) die für verfassungswidrig gehaltene Regelung jedenfalls für den Streitzeitraum weiterhin anzuwenden war (BFH-Beschluss vom 21. Juli 2004 X R 72/01, BFH/NV 2005, 513). Stützt das FG sein Urteil auf mehrere Gründe, von denen jeder für sich das Entscheidungsergebnis trägt, muss aber hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (BFH-Beschluss vom 4. August 2005 II B 34/04, BFH/NV 2005, 2229).
Fundstellen