Entscheidungsstichwort (Thema)
Gebührenklage, Rechtsweg, Verweisung und Zurückverweisung
Leitsatz (NV)
1. Für die Gebührenklage eines Rechtsanwalts (Steuerberaters) für die Vertretung des Mandanten vor dem FG ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben.
2. Das FG ist an die Entscheidung des ordentlichen Gerichts, das den zu ihm beschrittenen Rechtsweg nicht für gegeben hält und die Sache an das FG verweist, gebunden.
3. Die Bindungswirkung (2.) kann aber in Ausnahmefällen entfallen, wenn die Verweisung auf Willkür beruht oder jeglicher gesetzlichen Grundlage entbehrt. In diesem Falle ist eine Zurückverweisung an das Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit zulässig.
Normenkette
FGO §§ 33-34; GVG §§ 13, 17; BRAGO § 19
Tatbestand
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) klagte vor dem Landgericht (LG) gegen die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Beklagte) u. a. wegen Gebühren für eine Tätigkeit des Klägers als Prozeßbevollmächtigter in einem finanzgerichtlichen Verfahren. Das LG erklärte durch Beschluß hinsichtlich dieser Gebührenklage den zu ihm beschrittenen Rechtsweg für unzulässig und verwies die Sache ,,auf Antrag des Klägers im erklärten Einverständnis der Beklagten an das zuständige Finanzgericht". Durch Beschluß des Finanzgerichts (FG) wurde die Sache an das LG zurückverwiesen.
Das FG führt aus, die Bindung der FG gemäß § 34 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an eine Entscheidung eines Gerichts der ordentlichen Gerichtsbarkeit, das den zu ihm beschrittenen Rechtsweg zuvor für unzulässig erklärt habe, gelte dann nicht, wenn der Entscheidung über die Unzulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs jede gesetzliche Grundlage fehle, die Verweisung also offensichtlich gesetzwidrig sei. So liege es im Streitfall; denn die Zulässigkeit des Rechtswegs zu einem Gericht der Finanzgerichtsbarkeit sei unter keinem denkbaren Aspekt gegeben.
Die Gebührenklage eines Rechtsanwalts oder Steuerberaters gegen seinen Mandanten sei auch dann keine öffentlich-rechtliche Streitigkeit i. S. des § 33 FGO, wenn für den Rechtsstreit, in dessen Rahmen der Gebührenanspruch entstanden sei, der Finanzrechtsweg gegeben sei. In der Einverständniserklärung der Beklagten mit dem Verweisungsantrag des Klägers könne keine gesetzlich zulässige Rechtswegvereinbarung gesehen werden. Das LG sei an den Verweisungsantrag des Klägers nicht gebunden gewesen und hätte ihn zurückweisen müssen. Die Verweisung sei auch nicht unter dem Aspekt des § 19 der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO) gerechtfertigt gewesen. Der Grundsatz des Vorrangs der Gebührenfestsetzung (durch den Urkundsbeamten des Prozeßgerichts) vor der Gebührenklage habe hier nicht zum Tragen kommen können, weil die Beklagte bereits im Verfahren vor dem LG mit ihrem Hinweis auf eine Gebührenvereinbarung Einwände geltend gemacht habe, die eine Gebührenfestsetzung im Antragsverfahren vor dem FG gemäß § 19 BRAGO ausgeschlossen hätten. Da der Verweisung an das FG somit jegliche gesetzliche Grundlage fehle, könne ihr keine Bindungswirkung zukommen, so daß das FG nicht gehindert sei, den Rechtsstreit an das LG, dessen Zuständigkeit außer Frage stehe, zurückzuverweisen.
Mit der Beschwerde macht der Kläger geltend, der Zurückverweisungsbeschluß des FG, mit dem er sich - entgegen den Ausführungen des Gerichts - nicht einverstanden erklärt habe, verstoße gegen die Bindungswirkung, die dem landgerichtlichen Verweisungsbeschluß nach § 17 Abs. 1 Satz 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) zukomme. Zwar werde vereinzelt die Auffassung vertreten, daß bei Willkür des Verweisungsbeschlusses das Gericht, an das verwiesen werde, an den Beschluß nicht gebunden sei. Selbst wenn aber für die Entscheidung von Gebührenklagen von Prozeßbevollmächtigten im finanzgerichtlichen Verfahren das Zivilgericht normalerweise zuständig sei, so sei eine davon abweichende Rechtsauffassung noch nicht willkürlich. Willkür würde voraussetzen, daß das Gericht entgegen seiner Überzeugung die Sache an ein anderes Gericht verweise, um sich nicht mit ihr beschäftigen zu müssen. Davon könne aber bei dem Verweisungsbeschluß des LG keine Rede sein. Folge man der Rechtsauffassung des FG, wonach das Gericht, an welches verwiesen worden sei, schon bei abweichender Auffassung über den Rechtsweg die Sache zurückverweisen könne, so würde damit das gesetzgeberische Anliegen (vgl. § 17 GVG), möglichst schnell Klarheit über den Rechtsweg zu schaffen, zunichte gemacht.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Das FG hat die Sache zu Recht an das LG zurückverwiesen. Für die vom Kläger erhobene Gebührenklage gegen seine Mandantin, die Beklagte, ist nicht der Finanzrechtsweg (§ 33 FGO), sondern der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten (§ 13 GVG) gegeben. Durch den Verweisungsbeschluß des LG ist eine Bindungswirkung für das FG nicht eingetreten, da die Verweisung - wie die Vorentscheidung zu Recht ausgeführt hat - jeglicher gesetzlichen Grundlage entbehrte.
1. Innerhalb der verschiedenen Gerichtsbarkeiten entscheidet das jeweils angerufene Gericht über die Zulässigkeit des zu ihm beschrittenen Rechtswegs (§ 34 Abs. 1 Satz 1 FGO, § 17 Abs. 1 Satz 1 GVG, § 41 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung, § 52 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 48 a Abs. 1 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes). Hat ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit - wie im Streitfall - den zu ihm beschrittenen Rechtsweg zuvor rechtskräftig für unzulässig (oder für zulässig) erklärt, so sind die Gerichte der Finanzgerichtsbarkeit an diese Entscheidung gebunden (§ 34 Abs. 2 FGO, vgl. auch § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG und die entsprechenden Regelungen in den anderen Verfahrensordnungen). Das ordentliche Gericht, das den zu ihm beschrittenen Rechtsweg nicht für gegeben hält, verweist in dem Urteil, in dem es den Rechtsweg für unzulässig erklärt, zugleich auf Antrag des Klägers, die Sache an das Gericht des ersten Rechtszugs, zu dem es den Rechtsweg für gegeben hält (§ 17 Abs. 3 Satz 1 GVG; entsprechend § 34 Abs. 3 Satz 1 FGO, wenn ein FG den Finanzrechtsweg nicht für gegeben erachtet). Hat sich der Beklagte mit dem Verweisungsantrag des Klägers einverstanden erklärt, so kann das angerufene Gericht - wie es das LG im Streitfall bei der Verweisung an das FG getan hat - die Sache durch Beschluß verweisen (§ 17 Abs. 4 GVG, § 34 Abs. 4 FGO).
Hinsichtlich der Bindungswirkung eines Verweisungsurteils/ -beschlusses ist umstritten, ob das Gericht, an das verwiesen ist (Adressatgericht), an eine andere (dritte) Gerichtsbarkeit weiterverweisen kann, ob also die Verweisung ,,aufdrängende" oder nur ,,abdrängende" Wirkung hat. Die überwiegende Meinung bejaht die Möglichkeit einer Weiterverweisung und damit eine nur relative Bindung des Gerichts, an das verwiesen worden ist (Nachweise bei Gräber / Koch, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 34 Rdnr. 25, und Kissel, Gerichtsverfassungsgesetz, § 17 Rdnr. 46). Die abdrängende Wirkung der Verweisung - um die es im Streitfall geht - ist dagegen in Rechtsprechung und Schrifttum vom Grundsatz her unumstritten. Das bedeutet, daß das Gericht, an das verwiesen ist, daran gehindert ist, den Rechtsweg zu dem Gericht, das die Verweisung ausgesprochen hat, anzunehmen. Eine Zurückverweisung an das zunächst angerufene verweisende Gericht ist nicht zulässig. Diese Bindungswirkung tritt auch dann ein, wenn die Verweisung sachlich nicht gerechtfertigt war, das verweisende Gericht also zu Unrecht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg für unzulässig erklärt und deswegen die Verweisung an den anderen Gerichtszweig ausgesprochen hat oder wenn die Verweisung auf einem Verfahrensfehler beruht (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - vom 6. Juni 1967 IV C 216/65, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1967, 2128; Beschluß des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 2. Mai 1955 I ARZ 213/54, BGHZ 17, 168; Tipke / Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 13. Aufl., § 34 FGO Tz. 3 a. E.; Gräber / Koch, a. a. O., § 34 Rdnr. 23; Kissel, a. a. O., § 17 Rdnr. 46, 49; Eyermann / Fröhler, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 9. Aufl., § 41 Rdnr. 16 a; Redeker / von Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, 9. Aufl., § 41 Rdnr. 3). Das Adressatgericht hat nunmehr die volle Rechtsschutzfunktion zu übernehmen, das einschlägige materielle Recht anzuwenden und, wenn ihm mehrere Klage- oder Verfahrensarten nach seiner Prozeßordnung zur Verfügung stehen, in derjenigen Verfahrensart zu entscheiden, die am meisten dem Rechtsschutzbegehren des Klägers entspricht (BVerwG-Urteil in NJW 1967, 2128; Eyermann / Fröhler, a. a. O., § 41 Rdnr. 16 a).
2. a) In bestimmten Ausnahmefällen soll aber auch die relative Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses für das Adressatgericht entfallen mit der Folge, daß eine Zurückverweisung an das verweisende Gericht - wie sie das FG vorgenommen hat - zulässig ist. Hinsichtlich der Voraussetzungen für die Durchbrechung dieser Bindungswirkung werden unterschiedliche Auffassungen vertreten. Die Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses entfällt nach überwiegender Ansicht jedenfalls dann, wenn dieser mit den Grundprinzipien der rechtsstaatlichen Ordnung in Widerspruch steht, wenn er also auf Willkür des verweisenden Gerichts beruht (BGH-Urteil vom 13. Februar 1980 3 StR 5/80, NJW 1980, 1586; Gräber / Koch, a. a. O., § 34 Rdnr. 24; Tipke / Kruse, a. a. O., § 34 FGO Tz. 3 a. E.; Kissel, a. a. O., § 17 Rdnr. 49). Auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) sieht eine Verletzung des Grundsatzes, daß niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden darf (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes - GG -), der bei fehlerhaften Verweisungsbeschlüssen in Betracht kommt, dann als gegeben an, wenn die Entscheidung des Gerichts von willkürlichen Erwägungen bestimmt ist. Von Willkür kann danach aber nur die Rede sein, wenn die Entscheidung eines Gerichts sich bei der Auslegung und Anwendung einer Zuständigkeitsnorm so weit von dem sie beherrschenden verfassungsrechtlichen Grundsatz des gesetzlichen Richters entfernt hat, daß sie nicht mehr zu rechtfertigen ist. Dies bedeutet, daß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG auch durch eine gerichtliche Entscheidung verletzt wird, die bei verständiger Würdigung der das GG beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (BVerfG-Beschluß vom 30. Juni 1970 2 BvR 48/70, BVerfGE 29, 45, 149 m. w. N.). Ferner ist ein Verweisungsbeschluß nicht bindend, wenn er unter Verletzung des in Art. 103 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf rechtliches Gehör ergangen ist (Beschluß des Bundesarbeitsgerichts - BAG - vom 17. Februar 1971 5 AR 376/70, Betriebs-Berater - BB - 1973, 754; Beschluß des Oberlandesgerichts - OLG - Düsseldorf vom 20. Januar 1975 19 AR 21/74, Der Deutsche Rechtspfleger - Rpfleger - 1975, 142) oder wenn er jeglicher gesetzlichen Grundlage entbehrt (BGH-Urteil vom 18. November 1958 VIII ZR 131/57, BGHZ 28, 349, 350; BAG-Beschluß vom 12. April 1972 5 AR 98/72, NJW 1972, 1216; Kissel, a. a.O., § 17 Rdnr. 49).
Zweifelhaft erscheint, ob die Bindungswirkung - wie zum Teil angenommen wird - auch dann schon entfällt, wenn die Verweisungsentscheidung ,,offensichtlich unrichtig" bzw. ,,offenbar gesetzwidrig" ist ( so BAG-Beschlüsse vom 4. November 1971 5 AR 329/71, und vom 12. April 1972 5 AR 98/72, BB 1973, 754; Schleswig-Holsteinisches FG, Beschluß vom 14. April 1975 I 166/74, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1975, 482). Hier dürfte im Interesse der Rechtssicherheit unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Verweisungsbestimmungen, im Interesse der Rechtsuchenden Verzögerungen bei der Gewährung von Rechtsschutz zu vermeiden, eine Zurückverweisung der Sache an das verweisende Gericht ausgeschlossen sein (ebenso: Gräber, Finanzgerichtsordnung, 1. Aufl., § 34 Anm. 8; Rederker/ von Oertzen, a. a. O., § 41 Rdnr. 3; Kissel, a. a. O., § 17 Rdnr. 49 a. E.). Das gilt jedenfall dann, wenn die offenbare Unrichtigkeit des Verweisungsbeschlusses auf einem Subsumtionsirrtum des verweisenden Gerichts oder einer fehlerhaften Auslegung der maßgeblichen Rechtswegnorm beruht (vgl. BVerfG in BVerfGE 29, 45, 50; ebenso auch Schleswig-Holsteinisches FG in EFG 1975, 482).
b) Im Streitfall ist das FG nach den vorstehenden Grundsätzen zu Recht davon ausgegangen, daß es an den Verweisungsbeschluß des LG nicht gebunden war und deshalb die Sache an das LG zurückverweisen konnte. Für die Verweisung an das FG fehlte jegliche gesetzliche Grundlage, da die Gebührenklage eines Rechtsanwalts, Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers gegen seinen Mandanten, den er im FG-Prozeß vertreten hat, eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit darstellt, für die - wie das FG zutreffend ausgeführt hat - nur der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben sein kann (§ 13 GVG; vgl. auch Hartmann, Kostengesetze, 23. Aufl., BRAGO § 19 Anm. 1 C. b). Der Finanzrechtsweg nach § 33 FGO scheidet für die Gebührenklage von vornherein aus, da weder der Rechtsstreit zwischen zwei Personen des Privatrechts als öffentlich-rechtliche Streitigkeit noch der auf dem privatrechtlichen Dienstvertrag beruhende Gebührenanspruch als Abgabenangelegenheit i. S. des § 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 FGO definiert werden kann.
Der Verweisungsbeschluß des LG beruht aber auch nicht auf einer fehlerhaften Auslegung der Rechtswegnormen (§ 13 GVG, § 33 FGO), sondern - wie aus dem Sitzungsprotokoll vom 25. April 1989 zu entnehmen ist - darauf, daß der Einzelrichter für die Vergütung des Klägers vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit die Zuständigkeit des FG gemäß § 45 der Steuerberatergebührenverordnung (StBGebV), § 19 BRAGO für gegeben ansah. Bei Anwendung dieser Voschriften konnte aber die beim LG anhängige Gebührenklage unter keinem denkbaren Aspekt an das FG verwiesen werden. Die Verweisung im Hinblick auf das vor dem Prozeßgericht durchzuführende Antragsverfahren nach § 19 BRAGO verstieß gegen die Grundprinzipien der Verfassung, indem sie nämlich eine richterliche Entscheidung über das Rechtsschutzbegehren des Klägers ablehnte und damit diesen seinem gesetzlichen Richter entzog (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG). Die Vorschrift des § 19 BRAGO stellt dem Rechtsanwalt - gemäß § 45 StBGebV in entsprechender Anwendung auch dem Steuerberater - für die gesetzliche Vergütung, die ihm als Prozeßbevollmächtigter gegenüber seinem Auftraggeber zusteht, ein vereinfachtes Kostenfestsetzungsverfahren zur Verfügung (vgl. Hartmann, a. a. O., BRAGO § 19 Anm. 1).
Die gesetzliche Vergütung des Prozeßbevollmächtigten wird auf Antrag des Rechtsanwalts (Steuerberaters) oder des Auftraggebers durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Prozeßgerichts - also des FG in finanzgerichtlichen Verfahren - festgesetzt (§ 19 Abs. 1 BRAGO). Das Antragsverfahren nach § 19 BRAGO erübrigt im Regelfall eine Gebührenklage. Da das Verfahren aber nur für die gesetzliche Vergütung gilt, muß die Gebührenklage vor dem ordentlichen Gericht erhoben werden, wenn - wie offenbar im Streitfall - der Prozeßbevollmächtigte eine vertraglich vereinbarte Vergütung verlangt (Pauschalvereinbarung) oder der Auftraggeber Einwendungen oder Einreden erhebt, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben (§ 19 Abs. 4 BRAGO; Hartmann, a. a. O., BRAGO § 19 Anm. 1 C. b und c).
Maßgeblich für die unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten gegebene Unhaltbarkeit des im Streitfall ergangenen Verweisungsbeschlusses ist aber, daß das Kostenfestsetzungsverfahren gemäß § 19 BRAGO, das der Einzelrichter des LG für anwendbar gehalten hat, kein streitiges Verfahren darstellt. In ihm wird nicht von einem Richter, sondern vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Prozeßgerichts über die festzusetzende Vergütung entschieden. Daraus folgt, daß das ordentliche Gericht über eine bei ihm anhängige Gebührenklage stets selbst entscheiden muß, ggf. mit dem Ergebnis, daß diese im Hinblick auf das vereinfachte Kostenfestsetzungsverfahren als unzulässig abzuweisen ist. Nach Klageerhebung kommt aber eine Verweisung an das jeweilige Prozeßgericht zur Festsetzung der Vergütung des vor diesem aufgetretenen Prozeßbevollmächtigten nach § 19 BRAGO schon deshalb nicht in Betracht, weil auf diesem Wege das Klageverfahren einer richterlichen Entscheidung ganz entzogen würde. Eine Verweisungsentscheidung, durch die der Kläger, der eine gerichtliche Entscheidung begehrt, in ein Antragsverfahren abgedrängt wird, das vom Urkundsbeamten eines Gerichts zu entscheiden wäre, ist nach dem verfassungsrechtlich garantierten Grundsatz des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) offensichtlich unhaltbar und somit willkürlich. Da eine richterliche Entscheidung des FG unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht kam, konnte somit das FG mangels Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses die Gebührenklage wieder an das LG zurückverweisen.
3. Es kann dahinstehen, ob es auch für den (Zurück-)Verweisungsbeschluß des FG eines Verweisungsantrags bedarf; denn der Verweisungsantrag des Klägers und die Einverständniserklärung der Beklagten (vgl. § 34 Abs. 3 und 4 FGO) lagen vor. Der Kläger hat - entgegen seinem Vorbringen im Beschwerdeverfahren - im Schriftsatz seines Prozeßbevollmächtigten an das FG hilfsweise den Antrag auf Verweisung an das Zivilgericht gestellt. Daß dieser Antrag nur hilfsweise gestellt worden ist, ist unschädlich, da Verweisungsanträge ihrer Natur nach Hilfsanträge sind (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 4. Juni 1970 V R 92/66, 10/67, BFHE 99, 185, BStBl II 1970, 648; Gräber / Koch, a. a. O., § 34 Rdnr. 15).
Fundstellen
Haufe-Index 417766 |
BFH/NV 1991, 619 |