Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung bei einer Nichtzulassungsbeschwerde
Leitsatz (NV)
1. Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage setzt die Darlegung der Möglichkeit voraus, daß die als grundsätzlich angesehene Rechtsfrage im Revisionsverfahren geklärt werden kann.
2. Wird die grundsätzliche Bedeutung einer vom Finanzgericht (FG) angenommenen verdeckten Gewinnausschüttung geltend gemacht, die sich jedoch nicht auf die tarifliche Körperschaftsteuer, sondern nur auf die Herstellung der Ausschüttungsbelastung ausgewirkt hat, so setzt die formgerechte Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung die Darlegung der Möglichkeit voraus, daß das FG die Ausschüttungsbelastung zu Unrecht oder falsch hergestellt hat.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2-3; KStG 1977 § 27 ff.
Verfahrensgang
Tatbestand
Das FG wies die Klage der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) wegen Aussetzung der Vollziehung (AdV) der Körperschaftsteuerbescheide 1980 bis 1982 als unbegründet zurück, ohne die Revision zuzulassen. Deshalb erhob die Klägerin Nichtzulassungsbeschwerde, der das FG nicht abgeholfen hat und der folgender Sachverhalt zugrunde liegt.
Die Klägerin ist eine GmbH, deren alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer T war. T war außerdem alleiniger Geschäftsführer einer weiteren GmbH (T-GmbH). Am 31. Dezember 1979 schlossen die Klägerin und die T-GmbH einen Gewinn- und Verlustübernahmevertrag ab. Darin wurde vereinbart, daß die T-GmbH ihren gesamten Gewinn nach Verrechnung mit Verlustvorträgen an die Klägerin abführen sollte. Die Klägerin verpflichtete sich ihrerseits zur Übernahme evtl. Verluste der T-GmbH.
In ihrem Jahresabschluß 1980 wies die Klägerin die Gewinnübernahme von der T-GmbH in Höhe von 20 000 DM als Einnahme aus. Das FA erkannte diese Gewinnübernahme nicht an. Deshalb stornierte die Klägerin die Übernahme des Gewinns 1980 in Höhe von 20 000 DM in 1981 dergestalt, daß sie ihren Verlust 1981 um 20 000 DM erhöhte, jedoch gleichzeitig den Betrag außerhalb der Bilanz wieder abzog. Das FA sah in der Rückübertragung eine verdeckte Gewinnausschüttung und setzte diese im Körperschaftsteuerbescheid 1981 an.
Nach einer Außenprüfung wurden für die Wirtschftsjahre 1980 bis 1982 weitere verdeckte Gewinnausschüttungen festgestellt, die jedoch weder dem Grunde noch der Höhe nach mit der Nichtzulassungsbeschwerde angefochten werden.
Der Einspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg. Die Klage in der Hauptsache ist noch beim FG anhängig. Die Klage auf AdV der Körperschaftsteuerbescheide wies das FG - wie eingangs erwähnt - ab. Die Klägerin stützt ihre Nichtzulassungsbeschwerde auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und auf Divergenz.
Sie beantragt, die Revision zuzulassen.
Entscheidungsgründe
A. Die Beschwerde ist zwar statthaft; sie ist jedoch nicht formgerecht eingelegt, soweit sie sich gegen die Abweisung der Klage wegen Aussetzung der Vollziehung der Körperschaftsteuerbescheide 1980 bis 1982 durch die Vorentscheidung richtet. Deshalb ist die Beschwerde insoweit als unzulässig zu verwerfen (§ 115 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Nach § 115 Abs. 3 FGO kann die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils angefochten werden. In der Beschwerdeschrift muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) dargelegt oder die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH), von der das FG-Urteil abweicht (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder der Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) bezeichnet werden. Die Beschwerdeschrift der Klägerin vom 1. August 1986 erfüllt diese Voraussetzungen nicht, soweit sie sich auf die Aussetzung der Vollziehung der Körperschaftsteuerbescheide 1980 und 1982 bezieht.
2. a) In der Beschwerdeschrift wird die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in den Rechtsfragen gesehen, ob der Gewinn- und Verlustübernahmevertrag vom 31. Dezember 1979 ,,steuerrechtlich anzuerkennen" und wie die Stornierung der Gewinnübernahme körperschaftsteuerrechtlich zu würdigen ist. Der Gewinn- und Verlustübernahmevertrag vom 31. Dezember 1979 und die Stornierung der Gewinnübernahme wirken sich jedoch auf die Festsetzung der Körperschaftsteuer 1980 und 1982 nicht aus. Die Klägerin erzielte in beiden Jahren kein positives Einkommen. Die dennoch festgesetzten Körperschaftsteuern 1980 und 1982 sind durch die Herstellung der Ausschüttungsbelastungen (§§ 27 ff. des Körperschaftsteuergesetzes - KStG - 1977) ausgelöst, wobei die angenommenen verdeckten Gewinnausschüttungen in keinem Sachzusammenhang mit dem Gewinn- und Verlustübernahmevertrag vom 31. Dezember 1979 bzw. mit der Stornierung der Gewinnübernahme stehen. Mithin kann die Rechtsfrage, bezüglich derer die Klägerin eine grundsätzliche Bedeutung geltend macht, nicht entscheidungserheblich sein. Damit fehlt es an der Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung.
b) Entsprechendes gilt, soweit die Klägerin eine Divergenz zwischen der Vorentscheidung und den BFH-Urteilen vom 24. Juni 1957 I 143/56 U (BFHE 65, 433, BStBl III 1957, 400) und vom 12. April 1961 II 1/60 U (BFHE 72, 697, BStBl III 1961, 255) geltend macht. Auch insoweit fehlt es an der Darlegung, daß die Vorentscheidung auf der Divergenz beruht.
B. Im übrigen ist die Beschwerde unbegründet. Sie war insoweit zurückzuweisen (§ 115 Abs. 5 Satz 1 FGO).
1. Das verbleibende Beschwerdeverfahren betrifft nur die Aussetzung der Vollziehung des Körperschaftsteuerbescheides 1981. In ihm ist deshalb nur darüber zu entscheiden, ob bezüglich der Rechtmäßigkeit des Körperschaftsteuerbescheides 1981 ernstliche Zweifel i. S. des § 361 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung (AO 1977) bestehen. Deshalb müssen sich die von der Klägerin darzulegenden Zulassungsgründe ebenfalls auf die Bejahung bzw. Verneinung ernstlicher Zweifel beziehen (vgl. dazu Beschluß des Großen Senats vom 28. November 1977 GrS 4/77, BFHE 124, 43, BStBl II 1978, 229).
2. Im Streitfall ist die festgesetzte Körperschaftsteuer 1981 ausschließlich durch die Herstellung der Ausschüttungsbelastung gemäß §§ 27 ff. KStG 1977 ausgelöst. Das FG wird erst im Verfahren zur Hauptsache abschließend darüber zu entscheiden haben, ob das FA die §§ 27 ff. KStG 1977 zutreffend angewendet hat. Die Klägerin hat als Beschwerdebegründung keine Gründe vorgetragen, weshalb bezüglich der Herstellung der Ausschüttungsbelastung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Körperschaftsteuerbescheides 1981 bestehen und weshalb diesen ernstlichen Zweifeln grundsätzliche Bedeutung zukommt.
3. Soweit die Klägerin eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfragen behauptet, ob der Gewinn- und Verlustübernahmevertrag vom 31. Dezember 1979 steuerrechtlich anzuerkennen sei und wie die Stornierung der Gewinnübernahme in 1981 steuerrechtlich zu beurteilen sei, ist die Revision schon deshalb nicht zuzulassen, weil die Rechtsfragen entscheidungsunerheblich sind. Sie beziehen sich nur auf die tarifliche Körperschaftsteuer 1981. Diese beträgt jedoch in jedem Fall 0 DM und ist auch aus Gründen eines Verlustvortrages mit diesem Betrag festgesetzt worden. Die tarifliche Körperschaftsteuer 1981 würde auch dann 0 DM betragen, wenn der o. g. Vertrag steuerrechtlich anzuerkennen wäre.
4. Das FG ist nicht von den von der Klägerin zitierten BFH-Entscheidungen abgewichen. Beide zitierten Urteile betreffen die Herstellung der Ausschüttungsbelastung gemäß §§ 27 ff. KStG 1977 überhaupt nicht. Sie sind schon deshalb nicht geeignet, eine Divergenz i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zu begründen.
Im übrigen hat der erkennende Senat in seinen Urteilen vom 10. April 1962 I 65/61 U (BFHE 74, 690, BStBl III 1962, 255) und vom 30. November 1966 I 310/62 (BFHE 87, 394, BStBl III 1967, 152) die von der Klägerin zitierte Rechtsprechung dahin eingeschränkt, daß die verdeckte Gewinnausschüttung bis zur Aufstellung der Bilanz rückgängig gemacht sein muß, damit die Rückgängigmachung steuerrechtlich anerkannt werden kann. Die Klägerin hat jedoch nach den Feststellungen des FG die Gewinnübernahme 1980 erst im Jahresabschluß 1981 storniert.
Fundstellen
Haufe-Index 415042 |
BFH/NV 1987, 799 |