Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache
Leitsatz (NV)
Wird der Einwand von Treu und Glauben gegenüber der Rückforderung zuviel gezahlten Kindergeldes erhoben, ist im Rahmen einer NZB eine Auseinandersetzung mit der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung erforderlich (vgl. BFH-Urteil vom 14. Oktober 2003 VIII R 56/01, BFHE 203, 472, BStBl II 2004, 123).
Normenkette
AO 1977 § 37 Abs. 2; EStG § 70 Abs. 2; FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2, § 116 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
Niedersächsisches FG (Urteil vom 26.10.2004; Aktenzeichen 9 K 587/03) |
Tatbestand
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) bezog für seine im Mai 1983 geborene Tochter bis Juni 2003 Kindergeld. Die Tochter war ab Oktober 2002 als Tierpflegerin (Pferdetrainerin) tätig. Sie arbeitete 14 Stunden pro Woche und erhielt dafür einen Monatslohn von 325 €. Sie lehnte eine ihr im Oktober von dem Beklagten und Beschwerdegegner (Familienkasse) angebotene Trainingsmaßnahme ab und stand der Arbeitsvermittlung nicht mehr zur Verfügung.
Trotz Kenntnis dieser Umstände zahlte die Familienkasse das Kindergeld noch bis Juni 2003 weiter. Mit Bescheid vom 2. September 2003 hob sie die Kindergeldfestsetzung für die Zeit vom November 2002 bis Juni 2003 auf und forderte das überzahlte Kindergeld von 1 232 € nach § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) zurück.
Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) führte im Wesentlichen aus, die Familienkasse sei nach § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) berechtigt gewesen, die Kindergeldfestsetzung mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben. Für die vom Kläger vertretene Auffassung, § 70 Abs. 2 EStG lasse eine Aufhebung der Kindergeldfestsetzung nicht zu, wenn der Kindergeldberechtigte seiner Mitwirkungspflicht nachgekommen sei, finde sich im Gesetz keine Stütze. Auch der Grundsatz von Treu und Glauben stehe einer Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs nicht entgegen. Es fehle entscheidend an einem Verhalten der Kindergeldkasse, aus dem der Kläger bei objektiver Betrachtung den Schluss hätte ziehen dürfen, dass er nicht mehr in Anspruch genommen werden solle. Allein die Weiterzahlung des Kindergeldes in Kenntnis geänderter Verhältnisse sei nicht geeignet, einen derartigen Vertrauenstatbestand zu begründen.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen.
a) Nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO sind die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO darzulegen. Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO sind substantiierte Ausführungen erforderlich zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärbar ist und deren Beurteilung von der Beantwortung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtsfrage abhängt. Hierzu muss sich der Beschwerdeführer insbesondere mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), den Äußerungen im Schrifttum sowie mit ggf. veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinander setzen.
Ist über die Rechtsfrage bereits entschieden worden, so ist zusätzlich darzulegen, weshalb eine erneute Entscheidung für erforderlich gehalten wird. Eine weitere bzw. erneute Klärung der Rechtsfrage kann z.B. geboten sein, wenn gegen die bisherige Rechtsprechung gewichtige Einwendungen erhoben worden sind, mit denen sich der BFH bislang noch nicht auseinander gesetzt hat (BFH-Beschluss vom 17. August 2004 III B 121/03, BFH/NV 2005, 46, m.w.N.).
b) Der Kläger hat den von ihm geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO nur unzureichend dargelegt.
Es fehlt jegliche Auseinandersetzung mit der zur aufgeworfenen Rechtsfrage bereits ergangenen jüngeren Rechtsprechung des BFH. Nach dem BFH-Urteil vom 14. Oktober 2003 VIII R 56/01 (BFHE 203, 472, BStBl II 2004, 123) steht der Grundsatz von Treu und Glauben der Rückforderung zu viel gezahlten Kindergeldes nicht bereits dann entgegen, wenn die Behörde trotz Kenntnis von Umständen, die zum Wegfall des Kindergeldanspruchs führen, zunächst weiterhin Leistungen erbringt. Erforderlich sind vielmehr besondere Umstände, die die Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs als illoyale Rechtsausübung erscheinen ließen. Eine Auseinandersetzung mit dieser Rechtsprechung wäre im Streitfall umso mehr angezeigt gewesen, als das FG die genannte Entscheidung nicht nur in seinem Urteil zitiert, sondern auch im Vorfeld bereits ausdrücklich in das Verfahren eingeführt hatte.
Abgesehen davon, dass der Kläger im Rahmen der Beschwerdebegründung die genannte Entscheidung nicht erwähnt, fehlt darüber hinaus jeder Hinweis darauf, weshalb ein neuerliches Überdenken dieser Rechtsfrage für erforderlich gehalten wird und welche gewichtige Einwendungen ggf. gegen diese Rechtsprechung erhoben worden sind bzw. werden könnten.
c) Im Kern rügt der Kläger mit seiner Beschwerde eine vermeintlich fehlerhafte Rechtsanwendung des FG, indem er seine Rechtsauffassung an die Stelle derjenigen des FG setzt. Dies vermag die Zulassung der Revision nach ständiger Rechtsprechung nicht zu rechtfertigen. Für einen schwerwiegenden Fehler, der nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO die Revision eröffnen könnte, fehlen jegliche Anhaltspunkte (vgl. BFH-Beschluss vom 29. Oktober 2003 III B 15/03, BFH/NV 2004, 166).
Fundstellen