Entscheidungsstichwort (Thema)
NZB: Verfahrensmangel, Wohnflächenermittlung, FA-Mietspiegel
Leitsatz (NV)
- Weder die abweichende rechtliche Beurteilung (Nutzung zu Wohnzwecken) noch die abweichende tatsächliche Würdigung (Schwimmbad keine Bauruine) unstrittiger Sachverhalte stellen ‐ angesichts möglicher Feststellungen ‐ Verfahrensmängel dar.
- Nach der BFH-Rechtsprechung besteht für das FG nur dann Veranlassung, über die von der Finanzverwaltung vorgelegten Mietspiegel hinaus von sich aus auf die einzelnen Vergleichsobjekte zurückzugreifen, wenn substantiiertes Vorbringen des Klägers, das das FG nicht widerlegt hat, dies für geboten erscheinen lässt. Das FG darf, ohne sich selbst eine eigene Überzeugung zu verschaffen, davon ausgehen, dass der vom FA aufgestellte Mietspiegel auf der Ermittlung und Auswertung einer repräsentativen Zahl von Vermietungsfällen beruht und deren zusammengefasstes Ergebnis darstellt.
Normenkette
FGO § 76 Abs. 1-2, § 96 Abs. 2, § 115 Abs. 2 Nr. 3; EStG § 21 Abs. 2
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Soweit die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) pauschal die Abweichung des finanzgerichtlichen Urteils von der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) rügen, fehlt es an einer die Abweichung erkennbar machenden Gegenüberstellung tragender abstrakter Rechtssätze des finanzgerichtlichen Urteils und einer davon divergierenden Entscheidung des BFH (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 1. Oktober 1998 X B 89/96, BFH/NV 1998, 473; vom 16. April 2002 X B 140/01, BFH/NV 2002, 1046).
2. Die geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―), die Verletzungen des Rechts auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren darstellen (vgl. Bundesverfassungsgericht ―BVerfG― in Deutsches Verwaltungsblatt ―DVBl― 1994, 41, 42; BVerfGE 69, 126, 140), sind nicht gegeben. Das Finanzgericht (FG) hat weder seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 76 Abs. 1, 2 FGO) noch das rechtliche Gehör der Kläger (§ 96 Abs. 2 FGO) verletzt, insbesondere hat es nicht Beweisantritte der Kläger zu Unrecht übergangen.
a) Das FG hatte mit Schreiben vom 6. Mai 2002 die Kläger vom Eingang der Einheitswertakten unterrichtet, so dass die Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 10. Mai 2002 Gelegenheit hatten, dazu Stellung zu nehmen und erforderlichenfalls Akteneinsicht zu beantragen.
b) Zur Ermittlung der maßgeblichen Wohn-/Nutzflächen geht das FG vom tatsächlichen Zustand der Dachgeschossräume aus, wie ihn die Kläger geschildert und durch Fotos dokumentiert haben. Es beurteilt diesen ―der Sache nach unstrittigen― Zustand der Räume allerdings steuerrechtlich anders als die Kläger, indem es ausführt, auch das Abstellen von Möbeln oder Regalen bedeute eine Nutzung zu Wohnzwecken. Demgegenüber schließen die Kläger aus der baurechtlichen Unzulänglichkeit der Räume, dass diese Räume auch steuerrechtlich für die Aufteilung der Wohn-/Nutzflächen nicht angesetzt werden dürften. Gegenstand der unterschiedlichen Auffassungen ist mithin die rechtliche Beurteilung des unstrittigen Sachverhalts. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit eine Ortsbesichtigung oder andere Tatsachenfeststellungen des FG an dieser Beurteilung etwas geändert haben könnten.
c) Auch die Einbeziehung des Schwimmbades in die Wohnflächenermittlung ist verfahrensfehlerfrei. Die tatsächliche Würdigung des FG, es habe sich insoweit um keine "Bauruine" gehandelt, wegen des Alters des Gebäudes seien die erforderlichen Investitionen durch Abnutzung und durch den technischen Fortschritt bedingt, ist nach den getroffenen Feststellungen möglich und damit für das Revisionsgericht bindend (vgl. § 118 Abs. 2 FGO).
d) Die ortsübliche Marktmiete hat das FG ebenfalls verfahrensfehlerfrei ermittelt. Es ist dazu von der Rechtsprechung des BFH ausgegangen. Danach besteht für das FG nur dann Veranlassung, über die von der Finanzverwaltung vorgelegten Mietspiegel hinaus von sich aus auf die einzelnen Vergleichsobjekte zurückzugreifen, wenn substantiiertes Vorbringen der Kläger, das der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) nicht widerlegt hat, dies für geboten erscheinen lässt (vgl. BFH-Beschluss vom 24. September 1976 III B 12/76, BFHE 120, 270, BStBl II 1977, 196). Das FG darf, ohne sich selbst eine eigene Überzeugung zu verschaffen, davon ausgehen, dass der vom FA aufgestellte Mietspiegel auf der Ermittlung und Auswertung einer repräsentativen Zahl von Vermietungsfällen beruht und deren zusammengefasstes Ergebnis darstellt (BFH-Urteil vom 17. Februar 1999 II R 48/97, BFH/NV 1999, 1452).
Nach diesen Maßstäben bestand für das FG kein Anlass, im Streitfall den vom FA erstellten Mietspiegel durch eigene Ermittlungen zu überprüfen. Die Kläger haben lediglich eingewandt, sie hätten sich nach bestem Wissen zur Ermittlung der Miete an Zeitungsinseraten und an der Miete des Vormieters orientiert. Diese Einwendungen konnte das FG ohne Rechtsverstoß als unsubstantiiert ansehen; denn die Kläger zeigen damit nicht methodische Unzulänglichkeiten des Mietspiegels der Finanzverwaltung auf, sondern verdeutlichen nur ihre Absicht, die 50 %-Grenze des § 21 Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung einzuhalten.
Fundstellen
Haufe-Index 951291 |
BFH/NV 2003, 1086 |