Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Leitsatz (NV)
Vom Eintritt in die Fachbearbeitung an trägt der Prozessbevollmächtigte die volle Verantwortung für die fristgerechte Bearbeitung. Mit der Vorlage einer Streitsache zur Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde muss er deshalb nicht nur die Einhaltung der Beschwerdefrist, sondern auch die Dauer der Frist zur Begründung der Beschwerde selbst prüfen.
Normenkette
FGO § 56
Verfahrensgang
FG München (Urteil vom 25.11.2008; Aktenzeichen 6 K 2681/05) |
Tatbestand
I. Die Klage der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) wurde vom Finanzgericht (FG) abgewiesen. Das Urteil wurde der Klägerin am 28. November 2008 zugestellt. Hiergegen legte die Klägerin mit dem am Montag, 29. Dezember 2008, beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangenen Schriftsatz fristgerecht Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision ein. Die Beschwerdebegründung reichte sie am 29. Januar 2009 und damit einen Tag nach Ablauf der Begründungsfrist gemäß § 116 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ein. Mit Schreiben des Vorsitzenden des Senats, zugestellt am 5. Februar 2009, wurde der Prozessbevollmächtigte der Klägerin darauf hingewiesen, die Beschwerdebegründung sei verspätet eingegangen.
Mit dem am 20. Februar 2009 eingegangenen Schriftsatz beantragt die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist.
Zur Begründung ihres Wiedereinsetzungsantrags trägt der Prozessbevollmächtigte der Klägerin unter Bezugnahme auf seine eidesstattliche Versicherung sowie die eidesstattliche Versicherung seiner Steuerfachgehilfin vor: Fristgebundene eingehende Vorgänge würden montags mit donnerstags von seiner Steuerfachgehilfin, am Freitag von ihm selbst im Fristenkontrollbuch mit dem Ablaufdatum und einer einwöchigen Vorfrist erfasst. Gleichzeitig würden für jeden fristgebundenen Vorgang ein Fristenzettel mit den Angaben Mandant, Steuernummer, Bescheid, Bescheiddatum, Eingangsdatum, Vorfrist und Fristende erstellt. Die weitere Bearbeitung der fristgebundenen Vorgänge werde auf dem Fristenzettel dokumentiert. Nach Bearbeitung des Vorgangs gehe die gesamte Akte an die Steuerfachgehilfin, damit diese die Frist austragen könne. Die Fristberechnungen kontrolliere er entweder anlässlich der Bearbeitung des Vorgangs oder freitags, wenn er selbst für den Posteingang zuständig sei. Die Häufigkeit richte sich danach, wer den Posteingang registriert habe. Die Fristenberechnungen der Steuerfachgehilfin habe er nach deren Einstellung zunächst lückenlos, dann, weil die Berechnungen zuverlässig durchgeführt worden seien, mit abnehmender Häufigkeit überprüft.
Im Streitfall habe er am Tag der Zustellung des FG-Urteils an einem Seminar teilgenommen. Seine Steuerfachgehilfin habe ihn wegen der durch die Entscheidung ausgelösten Fristen telefonisch kontaktiert. Mangels Eilbedürftigkeit habe er dann die Fristen am folgenden Montag mit seiner Mitarbeiterin berechnet. Die Frist für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde habe er selbst, die Frist für die Beschwerdebegründung habe seine Mitarbeiterin eingetragen, während er das Empfangsbekenntnis ausgefertigt habe. Es habe kein Anlass bestanden, die Fristeintragung durch seine Mitarbeiterin zu kontrollieren, da diese seine Anweisungen stets korrekt ausgeführt habe. Weshalb seine Mitarbeiterin bei Eintragung der Frist für die Beschwerdebegründung die Frist für die Einlegung der Beschwerde um einen Monat verlängert habe, sei nicht erklärbar.
Die Klägerin rügt mit ihrer Beschwerde die Notwendigkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts und Verfahrensfehler. Sie beantragt, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) beantragt, die Beschwerde zu verwerfen.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unzulässig.
1. Die Beschwerdebegründung ist am 29. Januar 2009 beim BFH und damit nach Ablauf der Frist für die Begründung der Beschwerde eingegangen. Nach § 116 Abs. 3 Sätze 1 und 2 FGO ist die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils des FG durch einen beim BFH einzureichenden Schriftsatz zu begründen. Ausweislich des Empfangsbekenntnisses ist das angefochtene Urteil vom 25. November 2008 dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 28. November 2008 zugestellt worden. Die zweimonatige Begründungsfrist endete somit am 28. Januar 2009 (§ 54 Abs. 2 FGO i.V.m. § 222 Abs. 1 der Zivilprozessordnung --ZPO-- und § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Bei Einreichung der Beschwerdebegründung war die Zweimonatsfrist bereits abgelaufen. Einen Antrag auf Verlängerung der Begründungsfrist um einen weiteren Monat gemäß § 116 Abs. 3 Satz 4 FGO hatte die Klägerin nicht gestellt.
2. Der Klägerin kann die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden. Nach § 56 Abs. 1 FGO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn der Beteiligte ohne Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat indes nicht schlüssig dargelegt, dass ihn an der Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist kein Verschulden traf. Vielmehr hat er die Fristversäumnis selbst verursacht. Die von ihm unterzeichnete Beschwerdeschrift trägt das Datum vom 29. Dezember 2008. Spätestens an diesem Tage ist die Beschwerde von ihm sachlich bearbeitet worden. Sobald indes in einer Sache das Stadium der Fachbearbeitung erreicht ist, können sich etwaige Büroversehen grundsätzlich nicht mehr auswirken bzw. trotz ordnungsgemäßer Büroorganisation eine Fristversäumung nicht entschuldigen. Denn der Berufsträger ist verpflichtet, den Fristablauf eigenverantwortlich zu kontrollieren, wenn und sobald ihm eine Fristsache zur Vorbereitung einer fristgebundenen Handlung vorgelegt wird (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 14. März 2003 III B 157/02, BFH/NV 2003, 933, m.w.N). Mit der Vorlage einer Fristsache trifft den Prozessbevollmächtigten die volle Verantwortung für die fristgerechte Bearbeitung. Er hätte daher bei Vorlage der Streitsache zur Beschwerdeeinlegung nicht nur die Einhaltung der Beschwerdefrist, sondern auch die Dauer der Frist zur Begründung der Beschwerde selbst prüfen müssen. Am 29. Dezember 2008, dem Tag der Unterzeichnung der Beschwerde, hätte der Prozessbevollmächtigte die von ihm dargelegte fälschliche Eintragung der Beschwerdebegründungsfrist durch seine Steuerfachangestellte aufdecken und noch fristwahrend tätig werden können.
Das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten muss sich die Klägerin zurechnen lassen (§ 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO).
3. Im Übrigen hätte die Beschwerde auch in der Sache keinen Erfolg. Zutreffend hat das FG bei der Bemessung des Ertragsanteils der Berufsunfähigkeitsrenten des Ehemanns der Klägerin auf den Ablauf der Versicherungen (Vollendung des 65. Lebensjahres, 1. Juni 2007 bzw. 1. Juli 2012) abgestellt. Verfahrensfehlerfrei hat das FG zudem den Vertagungsantrag abgelehnt, da erhebliche Gründe für die Terminsverlegung nicht vorgetragen wurden.
Fundstellen