Leitsatz (amtlich)

Gemäß Art. 177 Abs. 1 und 3 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vom 25. März 1957 wird dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Verstößt es gegen Art. 37 Abs. 2 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, wenn ein Mitgliedstaat, in welchem die Einfuhr von Branntwein einem staatlichen Monopol unterliegt, auf aus einem anderen Mitgliedstaat eingeführte weinhaltige Getränke, z. B. Wermutwein, hinsichtlich des eine gewisse Grenze übersteigenden Weingeistes ab 1. April 1966 eine Abgabe zum Ausgleich der Steuerbelastung inländischen Branntweins erhebt, während bis dahin eine solche Abgabe regelmäßig nur erhoben wurde, wenn durch Zusatz von Weingeist das ursprüngliche Erzeugnis, z. B. Wein, seinen Charakter als solches verloren hatte?

 

Normenkette

BrMonG § 1 Nr. 3; BrMonG § 3; BrMonG § 151 Abs. 1-2; BrMonG § 152 Abs. 3; EWGVtr Art. 37 Abs. 2

 

Tatbestand

I.

Für die Klägerin wurden auf ihren Antrag vom 11. Oktober 1967 beim Zollamt (ZA) am gleichen Tage 200 Kartons mit insgesamt 1 200 l Wermutwein französischen Ursprungs als Saarkontingentsware zur bleibenden Zollgutverwendung abgefertigt. Der Wermutwein hatte nach Angabe der Klägerin einen Weingeistgehalt von 15,7 Raumhundertteilen. Dementsprechend wurde der Wein der Stelle 22.06 - A - I des Deutschen Gebrauchszolltarifs (DGebrZT) 1967 zugewiesen. Neben der Ausgleichsteuer wurde für den 10,5 Raumhundertteile übersteigenden Weingeistgehalt gemäß § 151 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 152 Abs. 3 des Branntweinmonopolgesetzes (BrMonG) mit formlosem Steuerbescheid vom 11. Oktober 1967 Monopolausgleich in Höhe von 806,83 DM erhoben. Der Einspruch, mit dem die Klägerin Freistellung vom Monopolausgleich begehrte, weil dessen Erhebung gegen Art. 37 Abs. 2 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWGV) verstoße, hatte keinen Erfolg, auch nicht die Klage. Das Finanzgericht (FG) vertrat die Auffassung, daß Art. 37 Abs. 2 EWGV hier nicht zum Zuge komme, weil das Branntweinmonopol auf die Einfuhr von Wermutwein weder unmittelbar noch mittelbar einen Einfluß ausübe. Der Monopolausgleich sei nicht als Abgabe zollgleicher Wirkung im Sinne von Art. 12 ff. EWGV anzusehen, weil nicht einseitig nur die eingeführte Ware belastet sei. Es handle sich um eine inländische Abgabe im Sinne des Art. 95 EWGV, deren Erhebung mit dieser Vorschrift im Einklang stehe.

II.

Mit ihrer Revision beantragt die Klägerin, die entscheidungserheblichen Auslegungsfragen des EWGV gemäß Art. 177 EWGV dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EGH) zur Vorabentscheidung vorzulegen.

Sie vertritt die Auffassung, daß die Erhebung des Monopolausgleichs Art. 37 Abs. 2 EWGV widerspreche, weil durch die erstmalige Erhebung des Monopolausgleichs auf Wermutwein nach jahrelanger Nichterhebung eine indirekte Beeinflussung der Einfuhr von Wermutwein vorliege. Die Erhebung des Monopolausgleichs verstoße auch gegen Art. 12 EWGV, weil es sich um eine zollgleiche Abgabe handle.

Das Hauptzollamt (HZA) und der Bundesminister der Finanzen (BdF) hallen den Monopolausgleich für eine inländische Abgabe im Sinne des Art. 95 EWGV. Die Erhebung des Monopolausgleichs verletze diese Vorschrift nicht. Art. 12 und 37 Abs. 2 EWGV könnten auf den Monopolausgleich keine Anwendung finden.

 

Entscheidungsgründe

III.

Die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Erhebung des Monopolausgleichs auf die hier in Rede stehende Ware hängt – unbeschadet der Frage der Vereinbarkeit des Monopolausgleichs mit den Art. 12 und 95 EWGV – von der Beantwortung der im Tenor gestellten Frage ab.

In der Bundesrepublik Deutschland (BRD) unterliegt die Einfuhr von Branntwein mit Ausnahme von Rum, Arrak, Kognak und Likör einem staatlichen Monopol (§ 1 Nr. 3, § 3 BrMonG). Der im Inland erzeugte Branntwein unterliegt der Branntweinsteuer oder dem Branntweinaufschlag (§§ 84, 78 BrMonG). Branntwein und weingeisthaltige Erzeugnisse, die in das Monopolgebiet eingeführt werden, unterliegen gemäß § 151 Abs. 1 BrMonG einer Abgabe, die der Belastung des inländischen Branntweins entspricht (Monopolausgleich). Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte entschieden, daß auch Waren, wie z. B. Wein, die als solche nicht weingeisthaltige Erzeugnisse im Sinne des § 151 BrMonG sind, dann zu derartigen Erzeugnissen werden, wenn sie durch den Zusatz von Weingeist ihren ursprünglichen Charakter als Wein usw. verloren haben (vgl. Urteile VII 172/57 S vom 27. März 1963, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 76 S. 794, BStBl III 1963, 290, und VII 36/60 vom selben Tage, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1963 S. 370). Durch das Haushaltssicherungsgesetz vom 20. Dezember 1965 (BGBl I, 2065, BZBl 1965, 1146) wurde in § 151 BrMonG ein neuer Absatz 2 eingefügt, der mit Wirkung vom 1. April 1966 bestimmte, daß als weingeisthaltige Erzeugnisse auch Wein, weinhaltige Getränke und dem Weine ähnliche Getränke gelten, deren Weingeist ganz oder teilweise auf dem Zusatz von Alkohol beruht; gleichzeitig wurde in § 152 BrMonG festgelegt, daß der Monopolausgleich bei (solchen) Weinen und dem Weine ähnlichen Getränken von der Weingeistmenge, die sich aus dem 14 Raumhundertteile übersteigenden Weingeistgehalt, bei weinhaltigen Getränken von der Weingeistmenge, die sich aus einem 10,5 Raumhundertteile übersteigenden Weingeistgehalt ergibt, berechnet wird. Durch das Steueränderungsgesetz 1966 vom 23. Dezember 1966 (BGBl I 1966, 702, BZBl 1967, 258) wurde mit Wirkung vom 1. April 1967 der Abs. 2 des § 151 BrMonG neu gefaßt. Er bestimmte nunmehr, daß als weingeisthaltige Erzeugnisse (schlechthin) auch Wein und dem Weine ähnliche – auch aromatisierte – Getränke mit einem Weingeistgehalt von mehr als 14 Raumhundertteilen und weinhaltige Getränke mit einem Weingeistgehalt von mehr als 10,5 Raumhundertteilen gelten.

 

Fundstellen

Haufe-Index 514692

BFHE 1970, 381

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