Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsbehelf gegen Verwerfung eines Ablehnungsgesuchs
Leitsatz (NV)
Verwirft das FG ein Ablehnungsgesuch in den Urteilsgründen als rechtsmißbräuchlich, so ist hiergegen das Rechtsmittel der Beschwerde nicht gegeben.
Normenkette
FGO § 51 Abs. 1, § 128; ZPO § 46 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) wandte sich mit Einspruch vom 16. August 1986 gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1985 (Streitjahr), mit dem sie u. a. geltend machte, der Grundfreibetrag, der Kinderfreibetrag sowie der Ausbildungsfreibetrag seien aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht ausreichend. Mit Schreiben vom 30. Juli 1990 beantragte sie durch ihren steuerlichen Vertreter (Steuerberater X) ohne Erfolg den Erlaß einer "rechtsbehelfsfähigen Entscheidung". Am 19. Juli 1991 erhob die Klägerin durch X Untätigkeitsklage gemäß § 46 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Durch Beschluß vom 27. Januar 1995 übertrug das Finanzgericht (FG) den Rechtsstreit gemäß § 6 Abs. 1 FGO einem Senatsmitglied als Einzelrichter zur Entscheidung. Mit Schriftsatz vom 29. März 1995 lehnte X den zur Entscheidung des Streitfalles berufenen Richter Y wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Hierzu bezog er sich auf zwei in Ablichtung vorgelegte Schreiben vom 17. Mai 1993 sowie vom 9. Juni 1993, in denen er u. a. das Verhalten von Richter Y in anderen, nicht die Klägerin betreffenden Verfahren beanstandet hatte. Im Termin zur mündlichen Verhandlung erschien für die Klägerin niemand. Das FG verwarf die Klage als unzulässig, da für sie kein Rechtsschutzbedürfnis bestehe. Es sah das Befangenheitsgesuch als rechtsmißbräuchlich an und wies es in den Urteilsgründen zurück. Die Revision zum Bundesfinanzhof ließ es nicht zu.
Gegen das Urteil legte die Klägerin Revision, gegen die Nichtzulassung der Revision legte sie Beschwerde ein. In der Rechtsmittelschrift führte ihr Prozeßbevollmächtigter am Schluß aus, daß er auch gegen die Entscheidung des FG über das Ablehnungsgesuch in Vollmacht der Klägerin Beschwerde einlege. Eine Begründung wollte er nachreichen, sie ging jedoch nicht ein.
Entscheidungsgründe
II. Der erkennende Senat wertet die Ausführungen am Schluß der Rechtsmittelschrift nicht als bloße unselbständige Verfahrensrüge im Rahmen der gegen das Urteil eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde, sondern als selbständige Beschwerde. Zwar hat der Senat mit Beschluß vom 8. Mai 1992 III B 123/92 (BFH/NV 1993, 244) in einem ähnlichen Fall anderer Steuerpflichtiger, die ebenfalls von X vertreten waren, entsprechende Ausführungen wie in der Beschwerdeschrift des Streitfalls aus Kostengründen nicht als selbständiges Rechtsmittel angesehen. Eine solche Auslegung ist hier jedoch nicht möglich. Da X in Kenntnis der erwähnten Senatsentscheidung in BFH/NV 1993, 244 im Streitfall wiederum ausdrücklich neben der Nichtzulassungsbeschwerde und der Revision Beschwerde gegen die Verwerfung des Ablehnungsgesuchs eingelegt hat und auch noch eine eigene Begründung angekündigt hat, kann dies nur so verstanden werden, daß es sich um eine selbständige Beschwerde handeln soll.
III. Die Beschwerde ist unzulässig.
Die Zurückweisung eines Antrags auf Ablehnung eines Richters ist nur dann selbständig mit der Beschwerde anfechtbar, wenn sie durch gesonderten Beschluß erfolgt (vgl. Senatsbeschluß in BFH/NV 1993, 244). Ein solcher gesonderter Beschluß ist nicht erforderlich, wenn das Ablehnungsgesuch mißbräuchlich ist (Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 51 Rz. 57, m. w. N.). In solchen Fällen kann das Gericht in den Urteilsgründen darlegen, daß es das Ablehnungsgesuch für rechtsmißbräuchlich hält. Diese Urteilsgründe können nicht selbständig angefochten werden; sie unterliegen der Prüfung nur im Rahmen von Rechtsmitteln gegen das Urteil.
Im Streitfall hat das FG das Ablehnungsgesuch als rechtsmißbräuchlich angesehen und daher darüber nicht in einem gesonderten Beschluß, sondern in den Urteilsgründen befunden. Die Beschwerde dagegen ist nicht statthaft.
Fundstellen
Haufe-Index 421465 |
BFH/NV 1996, 831 |