Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe für ein Revisionsverfahren betr. Kindergeldanspruch eines geduldeten Ausländers
Leitsatz (NV)
1. Der BFH hat in seinem Grundsatzurteil vom 15.3.2007 III R 93/03 entschieden, dass Ausländer, die sich im Rahmen einer ausländerrechtlichen Duldung im Inland aufhalten, auch nach der in allen noch offenen Fällen anwendbaren Neuregelung des § 62 Abs. 2 EStG keinen Anspruch auf Kindergeld haben.
2. An dieser Auffassung hält der Senat auch nach erneuter Prüfung unter Einbeziehung der hiervon abweichenden Entscheidungen des FG Köln vom 9.5.2007 10 K 983/04 und 10 K 1690/07, die insoweit keine neuen Gesichtspunkte enthalten, fest.
Normenkette
FGO § 142; ZPO § 114; EStG § 62 Abs. 2
Tatbestand
I. Die Antragstellerin, Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) und die Beiordnung eines Rechtsvertreters für die Durchführung ihres unter dem Az. III R 13/07 beim Senat anhängigen Revisionsverfahrens.
Die Klägerin ist Staatsangehörige der Republik Sierra Leone. Sie reiste am 29. März 1994 von Sierra Leone in die Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) ein. Ihr Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte wurde rechtskräftig abgelehnt. Die Abschiebungsandrohung ist seit dem 6. Januar 2002 vollziehbar. Die Klägerin hat drei Kinder. Ihr Sohn A wurde 1991 in Sierra Leone geboren, ihre Tochter und ihr Sohn B 1996 bzw. 2002 in der Bundesrepublik. Der Ehemann der Klägerin, der zusammen mit ihr einreiste, hält sich seitdem ebenfalls ununterbrochen in der Bundesrepublik auf. Auch sein Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter wurde rechtskräftig abgelehnt.
Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge erteilte der Klägerin am 13. April 1994 eine Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung gemäß § 63 des Asylverfahrensgesetzes, die der Oberkreisdirektor des Kreises C in der Folgezeit --ab dem 20. Juli 2002 als Duldung nach §§ 54, 55 des Ausländergesetzes, ab dem 1. Januar 2005 gemäß § 60a des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG)-- stets verlängerte, zuletzt bis zum 30. September 2005. Er stimmte zugleich der Ausübung einer Erwerbstätigkeit der Klägerin als Gastgewerbehelferin ab dem 20. April 2005 gemäß § 10 der Verordnung über das Verfahren und die Zulassung von im Inland lebenden Ausländern zur Ausübung einer Beschäftigung vom 22. November 2004 zu. Am 15. August 2005 erteilte er der Klägerin, die seit dem 20. Dezember 2004 über einen Pass verfügt, eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG.
Die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) lehnte die Gewährung von Kindergeld für die drei Kinder der Klägerin ab; das Vorverfahren blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage weitgehend als unbegründet ab und sah den Kindergeldanspruch lediglich für die Zeit vom August 2005 bis November 2005 als gegeben an. In der Zeit vor Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG sei die Klägerin nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels gewesen, der einen Kindergeldanspruch begründen würde. Die Klägerin habe mit ihrer Aufenthaltsgestattung bzw. Duldung auch nicht über eine in § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c des Einkommensteuergesetzes (EStG) genannte Aufenthaltserlaubnis verfügt, die einen Anspruch nach Maßgabe von § 62 Abs. 2 Nr. 3 EStG hätte begründen können.
Entscheidungsgründe
II. Der Antrag auf Bewilligung von PKH wird abgelehnt.
Nach § 142 der Finanzgerichtsordnung i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. In dem Antrag ist das Streitverhältnis darzustellen (§ 117 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Dem Antrag sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beizufügen (§ 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
Der Antrag ist bereits deshalb abzulehnen, weil das beabsichtigte Revisionsverfahren keine hinreichenden Erfolgsaussichten bietet.
Der Senat hat in seinem Grundsatzurteil vom 15. März 2007 III R 93/03 (BFH/NV 2007, 1234) entschieden, dass Ausländer, die sich im Rahmen einer ausländerrechtlichen Duldung im Inland aufhalten, auch nach der in allen noch offenen Fällen anwendbaren Neuregelung des § 62 Abs. 2 EStG i.d.F. des Art. 2 des Gesetzes zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss vom 13. Dezember 2006 (BGBl I 2006, 2915, BStBl I 2007, 62) keinen Anspruch auf Kindergeld haben. An dieser Auffassung hält der Senat auch nach erneuter Prüfung unter Einbeziehung der hiervon abweichenden Entscheidungen des FG Köln vom 9. Mai 2007 10 K 983/04 und 10 K 1690/07, die insoweit keine neuen Gesichtspunkte enthalten, fest.
Die Vorinstanz hat im Übrigen die ausländerrechtliche und verfassungsrechtliche Rechtslage zutreffend gewürdigt.
Fundstellen
Haufe-Index 1809774 |
BFH/NV 2007, 2266 |