Entscheidungsstichwort (Thema)
Zugehörigkeit eines Grundstücks zum Betriebsvermögen nach Genehmigung eines Antrags auf Abriss des darauf stehenden Gebäudes; Divergenz; Verstoß gegen Akteninhalt; Fehlen von Entscheidungsgründen
Leitsatz (NV)
1. Der Zulassungsgrund der Divergenz setzt Vergleichbarkeit der Sachverhalte und Übereinstimmung der zu entscheidenden Rechtsfragen voraus.
2. Ob ein Wirtschaftsgut zum notwendigen Betriebsvermögen gehört, richtet sich danach, welche endgültige Funktion ihm objektiv erkennbar zugewiesen ist.
3. Die bloße Genehmigung, ein Gebäude abzureißen, bewirkt nicht die endgültige Zuweisung der künftigen Funktion eines Grundstücks.
4. Selbst wenn ein bestimmter Schriftsatz nicht in dem angefochtenen Urteil benannt ist, folgt daraus nicht, dass sein Inhalt vom Gericht nicht berücksichtigt worden ist.
5. Hat das FG die Maßstäbe dargelegt, nach denen ein Wirtschaftsgut dem notwendigen Betriebsvermögen zuzuordnen ist, und die objektive Erkennbarkeit der erforderlichen endgültigen Funktionszuweisung verneint, weil es die bloße Willensbekundung im Abrissantrag und in den anschließenden Verfahrensschritten (wie Standsicherheitsnachweis, Grünordnungsplan) nicht hat ausreichen lassen, so ist das angefochtene Urteil mit Entscheidungsgründen versehen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1; FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 2-3, § 116 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
Sächsisches FG (Urteil vom 30.05.2007; Aktenzeichen 2 K 2093/05) |
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geltend gemachten Revisionszulassungsgründe liegen nicht vor.
1. Der Kläger begehrt die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO), weil das angefochtene Urteil von Rechtsgrundsätzen des Bundesfinanzhofs (BFH) abweiche.
a) Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger die sich aus § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO ergebenden Anforderungen an die Darlegung des Zulassungsgrundes der Divergenz erfüllt hat, aus dem angefochtenen Urteil und der behaupteten Divergenzentscheidung (BFH-Urteil vom 9. Februar 1983 I R 29/79, BFHE 138, 63, BStBl II 1983, 451) voneinander abweichende abstrakte Rechtssätze herauszuarbeiten und einander gegenüber zu stellen. Denn es liegt jedenfalls keine Abweichung vor. Nach der Rechtsprechung des BFH ist es für die Annahme von notwendigem Betriebsvermögen (§ 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes) erforderlich, dass dessen Bestimmung zum unmittelbaren Einsatz im Betriebobjektiv erkennbar ist (z.B. Senatsurteil vom 6. März 1991 X R 57/88, BFHE 164, 246, BStBl II 1991, 829). Diese Rechtsprechung hat das Finanzgericht (FG) dem angefochtenen Urteil zugrunde gelegt.
b) Im Übrigen kann das angefochtene Urteil mit dem behaupteten Divergenzurteil wegen der Unterschiedlichkeit der zu entscheidenden Rechtsfragen nicht verglichen werden. Vom FG war zu entscheiden, ob ein längst bestehender Betrieb sein Betriebsvermögen durch Einlage um ein bisher dem Privatvermögen zugehöriges, mit einem Wohngebäude bebautes Grundstück vermehrt hat und welche Handlungen dafür erforderlich waren, ohne dass es auf die Frage des Beginns der gewerblichen Tätigkeit ankam. Dagegen war die Kernfrage in dem angegebenen BFH-Urteil, wann der Beginn einer gewerblichen Tätigkeit anzusetzen ist und ob dafür bereits Vorbereitungshandlungen genügen. Ausschlaggebend war für das FG, dass es in dem Antrag des Rechtsvorgängers des Klägers auf Erteilung einer Genehmigung zum Abriss des Gebäudes noch keine endgültige Zuweisung der künftigen Funktion des Grundstücks gesehen hat. Dagegen hat es die künftige Widmung des Grundstücks und seine spätere Nutzung als noch nicht sicher, sondern als offen betrachtet, zumal sich in der Buchführung keine (gegenteiligen) Anhaltspunkte gefunden hätten.
2. Der Kläger rügt ohne Erfolg, das Urteil des FG leide an einem Verfahrensmangel i.S. des 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO. Er bringt vor, das Urteil beruhe entweder nicht auf dem Gesamtergebnis des Verfahrens, weil es den Akteninhalt übergangen habe und daher gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO verstoße, oder es sei nicht mit Gründen i.S. von § 119 Nr. 6 FGO versehen.
a) Der Kläger bemängelt, das FG habe seinen Schriftsatz vom 12. März 2007 entgegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht berücksichtigt. Es ist ihm zwar zuzugeben, dass dieser Schriftsatz --anders als das Schreiben vom 15. Mai 1997 an die Stadt A-- nicht ausdrücklich im Tatbestand oder in den Entscheidungsgründen des Urteils genannt ist. Jedoch hat das FG den Abrissantrag des Rechtsvorgängers des Klägers genannt, den eingeholten Kostenvoranschlag aufgeführt und das Vorbringen des Klägers zu den Gründen für den beabsichtigten Abriss, den erbrachten Standsicherheitsnachweis, die Planung des Architekten und das prinzipielle Einverständnis des Nachbarn und damit den wesentlichen Inhalt dieses Schriftsatzes wiedergegeben. Das steht der Annahme entgegen, das FG habe den Akteninhalt nicht berücksichtigt. Schließlich fordert das Gesetz nicht, alle im Einzelfall gegebenen Umstände im Urteil zu erörtern (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 7. September 2006 IX B 199/05, BFH/NV 2007, 75; vom 25. Juli 2006 IV B 116/04, BFH/NV 2006, 2270). Vielmehr ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass ein Gericht auch denjenigen Akteninhalt in Erwägung gezogen hat, mit dem es sich in den schriftlichen Entscheidungsgründen nicht ausdrücklich auseinandergesetzt hat (BFH-Entscheidungen vom 19. Februar 2002 IX B 130/01, BFH/NV 2002, 802; vom 15. Dezember 1992 VIII R 52/91, BFH/NV 1993, 684, m.w.N.).
b) Die Rüge, das Urteil sei nicht (ganz oder teilweise) mit Gründen versehen, greift nur, wenn den Prozessbeteiligten die Grundlage entzogen ist, die getroffene Entscheidung auf ihre Richtigkeit und Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen (BFH-Urteil vom 31. August 2006 IV R 53/04, BFHE 214, 550, BStBl II 2006, 906). An einem solchen Mangel leidet das angefochtene Urteil nicht.
Das FG hat die Maßstäbe dargelegt, nach denen ein Wirtschaftsgut dem notwendigen Betriebsvermögen zuzuordnen ist. Es hat auf das Erfordernis einer endgültigen Funktionszuweisung abgestellt und darauf, dass der Funktionszusammenhang objektiv erkennbar gemacht worden sein muss. Anschließend hat das FG die objektive Erkennbarkeit verneint, weil es für die Annahme einer endgültigen und objektiv erkennbaren Funktionszuweisung die bloße Willensbekundung im Abrissantrag und in den anschließenden Verfahrensschritten (wie Standsicherheitsnachweis, Grünordnungsplan) nicht hat ausreichen lassen. Zutreffend hat es darin noch keine endgültige Widmung des Grundstücks erkennen können. Jedenfalls so lange der Rechtsvorgänger des Klägers lediglich einen Kostenvoranschlag für den Abriss eingeholt, jedoch von einer Auftragsvergabe abgesehen hat, kann eine Bestimmung der endgültigen Funktion des Grundstücks, nach dem Abriss des Gebäudes als Betriebsgrundstück zu dienen, nicht bejaht werden. Den Ausführungen des FG zu der buchmäßigen Behandlung des Grundstücks kommt vor diesem Hintergrund keine für den Rechtsstreit entscheidende Bedeutung zu.
Fundstellen
Haufe-Index 1965289 |
BFH/NV 2008, 954 |