Entscheidungsstichwort (Thema)
Bezugnahme in FGEntscheidungen auf andere Entscheidungen
Leitsatz (NV)
Das FG darf zur Begründung seiner Entscheidung auf sein Urteil in der Hauptsache Bezug nehmen, wenn die in Bezug genommene, zwischen denselben Beteiligten ergangene Entscheidung entweder gleichzeitig mit der angefochtenen Entscheidung verkündet oder zugestellt oder schon zu einem früheren Zeitpunkt zugestellt worden ist.
Normenkette
FGO § 116 Abs. 1 Nr. 5
Tatbestand
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt - HZA -) forderte von der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) Eingangsabgaben an. Die Klage dagegen wies das Finanzgericht ab. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wies der Senat zurück.
Die Klägerin beantragte beim HZA die Aussetzung der Vollziehung der genannten Bescheide. Das HZA lehnte den Antrag ab. Die nach erfolgloser Beschwerde erhobene Klage mit dem Antrag, die Vollziehung der Bescheide auszusetzen, wies das FG mit folgender Begründung ab:
Es sei wie in einem Verfahren nach § 69 der Finanzgerichtsordnung (FGO) aufgrund summarischer Prüfung zu entscheiden, ob ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide bestünden, deren Vollziehung ausgesetzt werden solle. Die Beurteilungsmaßstäbe hierfür seien in der Beschwerdeentscheidung des HZA zutreffend und gründlich dargestellt worden. Das FG folge der dort getroffenen rechtlichen Würdigung, weil sich Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide nicht ergeben hätten. Zur Begründung im einzelnen verweise das FG auf die Ausführungen in seinem Urteil zur Hauptsache. Aus den dort angeführten Gründen habe dem Aussetzungsbegehren der Klägerin nicht entsprochen werden können.
Mit ihrer Revision stellt die Klägerin den Antrag, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen. Zur Begründung führt sie aus: Die Vorentscheidung sei nicht mit Gründen versehen (§ 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO). Der Hinweis auf das Urteil in der Hauptsache könne nicht als ausreichende Begründung angesehen werden, weil sich daraus nicht ersehen lasse, inwieweit das FG geprüft habe, ob das HZA bei seiner Entscheidung über den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung den gegebenen Ermessensspielraum voll ausgeschöpft habe. In der Hauptsache drehe es sich darum, ob für nicht ordnungsgemäß eingeführte Waren als Folge der Verletzung von Gestellungspflichten auch für Gemeinschaftsware i. S. der Art. 8 und 9 (gemeint wohl Art. 9 und 10) des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWGV) ein Zoll mit Strafcharakter erhoben werden könne. Da zu der entscheidungserheblichen Frage einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) nicht vorliege, seien Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide vorstellbar. Eine derartige Entscheidung des EuGH würde zudem die Gefahr voneinander abweichender Gerichtsentscheidungen in der Gemeinschaft einschränken.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig.
Das FG hat die Revision nicht zugelassen. Nichtzulassungsbeschwerde hat die Klägerin nicht eingelegt. Daher wäre die Revision nur zulässig, wenn eine der Voraussetzungen des § 116 FGO erfüllt wäre. Das aber ist nicht der Fall.
Zu Unrecht rügt die Klägerin, die Vorentscheidung sei nicht mit Gründen versehen (vgl. § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO). Sie sieht diesen Verfahrensmangel darin, daß das FG zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen auf sein Urteil in der Hauptsache Bezug genommen hat. Eine solche Bezugnahme ist aber nicht zu beanstanden, wenn die in Bezug genommene, zwischen denselben Beteiligten ergangene Entscheidung entweder gleichzeitig mit der angefochtenen Entscheidung verkündet oder zugestellt oder schon zu einem früheren Zeitpunkt zugestellt worden ist (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 119 Anm. 23, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH -). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Im Zeitpunkt der Zustellung der Vorentscheidung lag dem Prozeßbevollmächtigten bereits die in der Begründung der Vorentscheidung in Bezug genommene Entscheidung des FG in der Hauptsache vor. Beide Entscheidungen sind zwischen denselben Prozeßparteien ergangen.
Die weiteren Ausführungen der Klägerin zur Begründung ihrer Revision vermögen die zulassungsfreie Revision nach § 116 FGO nicht zu eröffnen. Aus ihnen ergibt sich nicht, daß eine der Voraussetzungen für eine zulassungsfreie Revision nach § 116 FGO erfüllt ist. Entscheidungsgründe fehlen nicht schon dann, wenn sich die Vorinstanz zu einem einzelnen Punkt nicht geäußert hat; sie ist dazu nicht verpflichtet. Überdies ergibt sich aus der in der Vorentscheidung in Bezug genommenen Entscheidung des FG in der Hauptsache in ausreichender Weise, warum das FG das HZA nicht für verpflichtet gehalten hat, die Vollziehung der beiden Steuerbescheide auszusetzen.
Fundstellen
Haufe-Index 417189 |
BFH/NV 1991, 463 |