Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerruf der Bestellung wegen Vermögensverfalls
Leitsatz (NV)
Die im Zusammenhang mit dem sog. Entlastungsbeweis stehenden Rechtsfragen sind geklärt. Beim Vorliegen des Vermögensverfalls des Steuerberaters ist grundsätzlich davon auszugehen, dass dadurch die Interessen seiner Auftraggeber gefährdet sind; nur in Ausnahmefällen ist ein Absehen von dem gebotenen Widerruf der Bestellung gestattet. Ob dieser Nachweis gelungen ist, ist eine Frage der dem Tatrichter vorbehaltenen Tatsachenwürdigung. Die Darlegungs- und Feststellungslast obliegt insoweit dem betroffenen Steuerberater.
Normenkette
StBerG § 46 Abs. 2 Nr. 4; FGO § 116 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
FG Düsseldorf (Urteil vom 08.11.2006; Aktenzeichen 2 K 5448/05 StB) |
Tatbestand
I. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) gegen den Widerruf seiner Bestellung als Steuerberater wegen Vermögensverfalls (§ 46 Abs. 2 Nr. 4 des Steuerberatungsgesetzes --StBerG--) durch den Bescheid der Beklagten und Beschwerdegegnerin (Steuerberaterkammer) als unbegründet abgewiesen. Das FG hat die Voraussetzungen für den Widerruf der Bestellung als Steuerberater als gegeben angesehen, da über das Vermögen des Klägers das Insolvenzverfahren eröffnet und die daraus folgende Vermutung des Vermögensverfalls vom Kläger nicht widerlegt worden sei. Der Kläger habe auch nicht den Nachweis erbracht, dass in seinem Fall ausnahmsweise eine Gefährdung der Interessen der Auftraggeber durch den Vermögensverfall ausgeschlossen sei. Das pflichtwidrige Verhalten des Klägers in eigenen Steuerangelegenheiten sowie bei der Entrichtung fälliger Sozialversicherungsbeiträge seiner Praxismitarbeiter zeige vielmehr, dass Mandanteninteressen gefährdet seien. Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung habe das Insolvenzverfahren noch angedauert und habe die aus dem Vermögensverfall folgende Vermutung der Gefährdung der Auftraggeberinteressen weiter fortbestanden.
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, welche er auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) stützt.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unzulässig, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund nicht schlüssig dargelegt ist, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO verlangt.
Die Beschwerde bezeichnet bereits keine klärungsbedürftige Rechtsfrage, sondern wendet sich lediglich gegen die materielle Richtigkeit der finanzgerichtlichen Entscheidung, indem sie ausführt, dass das FG zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass der Kläger den sog. Entlastungsbeweis, dass durch den Vermögensverfall die Interessen seiner Auftraggeber nicht gefährdet seien, nicht erbracht habe.
Im Übrigen sind die im Zusammenhang mit dem Entlastungsbeweis stehenden Rechtsfragen durch die Rechtsprechung des beschließenden Senats geklärt.
Bei einem Vermögensverfall des Steuerberaters sieht § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG den Widerruf der Bestellung zwingend vor, es sei denn, die Interessen der Auftraggeber sind dadurch nicht gefährdet. Das Gesetz geht damit beim Vorliegen des Vermögensverfalls des Steuerberaters grundsätzlich davon aus, dass dadurch die Interessen seiner Auftraggeber gefährdet sind und gestattet nur in Ausnahmefällen ("es sei denn") ein Absehen von dem gebotenen Widerruf der Bestellung; aus diesem Regel-Ausnahme-Verhältnis folgt zugleich, dass die Darlegungs- und Feststellungslast für diesen gesetzlichen Ausnahmetatbestand dem betroffenen Steuerberater obliegt (Senatsurteil vom 22. September 1992 VII R 43/92, BFHE 169, 286, BStBl II 1993, 203; Senatsbeschluss vom 8. Februar 2000 VII B 245/99, BFH/NV 2000, 992).
Der Nachweis der Nichtgefährdung der Auftraggeberinteressen bezieht sich auf die nach den Besonderheiten des Einzelfalls zu beurteilende konkrete Gefährdungssituation für die Mandanten des in Vermögensverfall geratenen Steuerberaters, da ansonsten --beim Abstellen auf jede denkbare potenzielle Gefährdung von Mandanteninteressen-- der Entlastungsbeweis nicht geführt werden könnte (Senatsurteil in BFHE 169, 286, BStBl II 1993, 203). Erforderlich ist ein substantiierter und glaubhafter Vortrag, aufgrund dessen mit hinreichender Gewissheit die grundsätzlich beim Vermögensverfall zu unterstellende Gefahr ausgeschlossen werden kann, dass der Steuerberater seine Berufspflichten unter dem Druck seiner desolaten Vermögenslage verletzen wird (Senatsurteil vom 6. Juni 2000 VII R 68/99, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2000, 741; Senatsbeschluss vom 4. März 2004 VII R 21/02, BFHE 204, 563, BStBl II 2004, 1016). Die Beantwortung der Frage, ob dieser Entlastungsbeweis gelungen ist, erfordert eine dem Tatrichter vorbehaltene zusammenfassende Beurteilung der komplexen Verhältnisse des Einzelfalls, bei der eine Reihe gesetzlich nicht abschließend festgelegter Kriterien zu berücksichtigen ist, die je nach dem Einzelfall in unterschiedlicher Gewichtung für oder gegen die Möglichkeit einer Gefährdung von Auftraggeberinteressen sprechen können; diese Tatsachenwürdigung kann revisionsrechtlich nur daraufhin überprüft werden, ob das FG von zutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen, seine Entscheidung insoweit nachvollziehbar begründet und nicht durch Denkfehler oder die Verletzung von Erfahrungssätzen beeinflusst ist (ständige Rechtsprechung, Senatsurteile in BFHE 169, 286, BStBl II 1993, 203, und in HFR 2000, 741; Senatsbeschlüsse vom 28. August 2003 VII B 79/02, BFH/NV 2004, 90 und in BFHE 204, 563, BStBl II 2004, 1016).
Im Streitfall hat das FG ausführlich und nachvollziehbar begründet, weshalb es in Anbetracht des Verhaltens des Klägers in der Vergangenheit, insbesondere seiner Unzuverlässigkeit in eigenen Angelegenheiten und den Angelegenheiten seiner Praxismitarbeiter (vgl. dazu Senatsurteil in HFR 2000, 741; Senatsbeschluss in BFHE 204, 563, BStBl II 2004, 1016), sowie in Anbetracht seiner jetzigen Vermögenssituation und der Gestaltung seiner beruflichen Tätigkeit in der Steuerberatungsgesellschaft eine Gefährdung von Auftraggeberinteressen durch den weiterhin andauernden Vermögensverfall des Klägers als nicht ausgeschlossen angesehen hat. Das Vorbringen der Beschwerde, dass das FG lediglich pauschal angenommen habe, dass der Vermögensverfall die Gefährdung der Interessen der Auftraggeber indiziere, und es keine Möglichkeit zugelassen habe, den Entlastungsbeweis zu erbringen, trifft nicht zu. Die Beschwerde würdigt insoweit lediglich die Tatsachen anders, als es das FG getan hat. Grundsätzlich klärungsbedürftige Rechtsfragen zeigt die Beschwerde jedoch nicht auf.
Fundstellen
Haufe-Index 1799041 |
BFH/NV 2007, 2150 |