Entscheidungsstichwort (Thema)
Verdeckte Gewinnausschüttung: Abfindung eines "lästigen" Gesellschafters; Umsatztantieme
Leitsatz (NV)
1. Ausgaben einer Kapitalgesellschaft, die dazu dienen, einen ihr lästigen Gesellschafter zum Ausscheiden aus der Gesellschaft zu bewegen, können betrieblich veranlaßt sein.
2. Es ist grundsätzlich davon auszugehen, daß die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Umsatztantieme betrieblich und nicht gesellschaftlich veranlaßt ist, geklärt ist.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2; KStG § 8 Abs. 3 S. 2
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist als unbegründet zurückzuweisen.
1. Einer Rechtssache ist grundsätzliche Bedeutung i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beizumessen, wenn die für die Beurteilung des Streitfalles maßgebende Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Gesamtheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Es muß sich um aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Fragen handeln. Die Zulassung kommt dabei nur in Betracht wegen einer im Revisionsverfahren klärungsbedürftigen und klärungsfähigen Rechtsfrage (so ständige Rechtsprechung; vgl. z. B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 27. Februar 1991 II B 27/90, BFHE 163, 495, BStBl II 1991, 465 m. w. N.; vom 27. Juni 1985 I B 23/85, BFHE 144, 133, BStBl II 1985, 605).
a) Die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) aufgeworfene Frage, ob es zutreffend sein könne, "daß eine aus dem Arbeitsverhältnis resultierende Abfindungszahlung -- im Gegensatz zur Regelung bei anderen Arbeitnehmern, bei denen die Zulassung zum Betriebsausgabenabzug unzweifelhaft ist -- anders zu beurteilen und immer dann der Gesellschafterebene zuzuordnen ist, wenn diese Abfindungszahlung auf Wunsch des Betriebes an einen vorzeitig aus dem Dienstvertrag ausscheidenden Gesellschafter-Geschäftsführer gezahlt wird, der mit 50 % an einer 2-Personen- GmbH (Pattsituation) beteiligt ist und nach seinem Ausscheiden als Geschäftsführer dieser Gesellschaft auch als Gesellschafter ausscheidet", wäre in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig, weil nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) die im Streitfall gezahlte Abfindung nicht aus dem Arbeitsverhältnis resultiert. Das FG hat unter Würdigung einer Reihe von Umständen festgestellt, daß die streitige Abfindung nicht anläßlich der Auflösung des Geschäftsführeranstellungsvertrages, sondern anläßlich der Veräußerung des Gesellschaftsanteils des A an W gezahlt wurde. Es handelt sich hierbei um eine Feststellung tatsächlicher Art, an die der Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist. Verfahrensrügen hat die Klägerin zu diesem Punkt nicht geltend gemacht.
b) Die weitere von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob eine Abfindung nach den Grundsätzen zum sog. lästigen Gesellschafter als Betriebsausgaben abzugsfähig sein kann, ist weder klärungsbedürftig noch klärungsfähig. Zumindest hat die Klägerin nicht gemäß § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO dargetan, inwieweit diese Frage einer erneuten Klärung bedarf. Es besteht Übereinstimmung in Rechtsprechung und Literatur, daß Aufwendungen einer Kapitalgesellschaft abzugsfähig sind, die dazu dienen, einen der Kapitalgesellschaft (nicht den Gesellschaftern!) lästigen Gesellschafter zum Ausscheiden aus der Gesellschaft zu bewegen (vgl. BFH-Urteile vom 11. Juli 1961 I 226/60 U, BFHE 73, 541, BStBl III 1961, 463; vom 16. Juli 1965 VI 71/64 U, BFHE 83, 325, BStBl III 1965, 618; vom 9. August 1963 VI 72/ 60 U, BFHE 77, 366, BStBl III 1963, 454; Streck, Körperschaftsteuergesetz, 4. Aufl., § 8 Anm. 150 "Lästiger Gesellschafter"; Dösch/Ebersberg/Jost/Witt, Körperschaftsteuergesetz, Anhang 3 zu § 8 "Lästiger Gesellschafter"). Anhaltspunkte für eine erneute Überprüfung der von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfrage liegen nicht vor. Da ferner das FG in tatsächlicher Hinsicht festgestellt hat, daß die streitige Zahlung verdeckter Kaufpreis und nicht Abfindung eines lästigen Gesellschafters ist, könnte die aufgeworfene Rechtsfrage letztlich auch im Revisionsverfahren keiner Klärung zugeführt werden. Wegen der Behandlung der Beraterkosten wird auf das BFH-Urteil vom 20. März 1956 I 178/55 U (BFHE 62, 482, BStBl III 1956, 179) hingewiesen.
c) Die von der Klägerin angesprochene Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen die an einen Gesellschafter-Geschäftsführer gezahlte Umsatztantieme verdeckte Gewinnausschüttung ist, ist zuletzt mit Urteil des Senats vom 19. Mai 1993 I R 83/92 (BFH/NV 1994, 124 m. w. N.) beantwortet worden. Auch insoweit besteht in rechtlicher Hinsicht kein Klärungsbedarf. Ein besonderer Grund für die Zusage einer Umsatztantieme kann -- nach der zitierten Entscheidung -- darin liegen, daß die mit der variablen Vergütung angestrebte Leistungssteigerung durch eine Gewinntantieme nicht zu erreichen wäre. Diesen Rechtsgrundsatz mit Feststellungen tatsächlicher Art auszufüllen, ist Sache des FG, nicht des Revisionsgerichts. Es ist auch nicht Angelegenheit des Revisionsgerichts festzustellen, wann eine Aufbau- oder Übergangsphase endet. Dies richtet sich jeweils nach der Situation des Einzelfalles.
d) Die weitere von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob variable Vergütungen, die auf den Rohgewinn oder Deckungsbeitrag abstellen, zur Vermeidung verdeckter Gewinnausschüttungen wie Umsatztantiemen zu beurteilen sind, ist im Streitfall nicht klärungsfähig. Nach den Feststellungen des FG bemaß sich im Streitfall die Tantieme nicht an derartigen Bemessungsgrundlagen, sondern am Nettoumsatz.
2. Soweit die Klägerin Divergenz rügt, ist die Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig.
Für eine verfahrensrechtlich ordnungsgemäße Divergenzrüge i. S. des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO ist notwendig, daß der Beschwerdeführer voneinander abweichende abstrakte Rechtssätze des BFH einerseits und des FG andererseits darlegt (ständige Rechtsprechung; vgl. z. B. BFH-Beschluß vom 16. November 1993 I B 115/93, BFH/NV 1994, 551; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 115 Rdnr. 63 m. w. N.). Diesen Anforderungen entspricht die Nichtzulassungsbeschwerde nicht. Im übrigen wird die Klägerin darauf hingewiesen, daß das FG nicht -- wie der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) -- die Angemessenheit der Gesamtvergütung überprüft, sondern die Umsatztantieme als solche als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt hat.
3. Die Behauptung der Klägerin, das FG habe seine Amtsermittlungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) verletzt, hat die Klägerin nicht näher konkretisiert. Die in diesem Zusammenhang gemachten Ausführungen zur Schätzung der angemessenen Gesamtausstattung und zur eigenen Schätzungsbefugnis des FG indizieren keine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes. Im übrigen wird wegen der ordnungsgemäßen Erhebung einer Verfahrensrüge auf die ständige Rechtsprechung des BFH hingewiesen (vgl. z. B. BFH-Beschluß vom 17. Mai 1989 II B 45/89, BFH/NV 1990, 576; BFH-Urteil vom 31. Juli 1990 I R 173/83, BFHE 162, 236, BStBl II 1991, 66; Gräber/Ruban, a. a. O., § 120 Rdnr. 40 m. w. N.).
Fundstellen
Haufe-Index 421062 |
BFH/NV 1996, 438 |