Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten gemäß § 78b ZPO
Leitsatz (NV)
1. Zur Begründetheit eines Antrags auf Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten gemäß § 78b ZPO gehört zum einen, dass die Partei hinreichend darlegt und glaubhaft macht, dass sie zumindest eine gewisse Anzahl von zur Vertretung vor dem BFH befugten Personen vergeblich um die Übernahme des Mandats ersucht hat (Rechtsprechung).
2. Außerdem ist Voraussetzung für die Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten gemäß § 78b ZPO, dass die Rechtsverfolgung oder -verteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Normenkette
FGO §§ 62a, 76 Abs. 1-2, § 105 Abs. 5, § 119 Nr. 3; AO § 88; ZPO § 78b Abs. 1
Tatbestand
I. Die Kläger und Antragsteller (Kläger) haben die Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten gemäß § 78b der Zivilprozessordnung (ZPO) von Amts wegen beantragt und gegen das anzufechtende Urteil des Finanzgerichts (FG) persönlich Revision gemäß § 119 der Finanzgerichtsordnung (FGO) eingelegt. Sie tragen u.a. vor, neun namentlich benannte Anwälte/Kanzleien um die Übernahme ihrer Vertretung gebeten zu haben. Hiervon hätten drei ihre Absage mit Überlastung begründet. Weitere drei seien hierzu nur nach einer vorherigen Honorarvereinbarung von 2 500 bis 3 500 € bereit gewesen und die restlichen drei hätten die Übernahme von einer vorherigen Prüfung der Erfolgsaussichten und einer frei zu vereinbarenden Gebührenpauschale von 1 000 bis 1 400 € abhängig gemacht.
Entscheidungsgründe
II. Der Antrag auf Beiordnung eines sog. Notanwalts i.S. des § 78b ZPO für die Einlegung einer formgerechten Nichtzulassungsbeschwerde gegen das angefochtene Urteil wird abgelehnt.
1. Gemäß § 78b Abs. 1 ZPO hat das Prozessgericht einer Partei auf ihren Antrag durch Beschluss für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, soweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist und (1.) die Partei einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und (2.) die Rechtsverfolgung oder -verteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. Diese Vorschrift ist gemäß § 155 FGO sinngemäß anzuwenden (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18. November 1977 III S 6/77, BFHE 123, 433, BStBl II 1978, 57).
2. Zur Begründetheit eines Antrags nach § 155 FGO i.V.m. § 78b Abs. 1 ZPO gehört demnach zum einen, dass die Partei hinreichend darlegt und glaubhaft macht, dass sie zumindest eine gewisse Anzahl von zur Vertretung vor dem BFH befugten Personen vergeblich um die Übernahme des Mandats ersucht hat, welche vertretungsberechtigten Personen dies waren und aus welchen Ablehnungsgründen diese die Übernahme des Mandats verweigert haben sollen (BFH-Beschluss vom 1. Juni 1995 VII S 6/95, BFH/NV 1995, 1080, m.w.N.). Ob diese Voraussetzung der Beiordnung erfüllt ist, soweit die Kläger vortragen, eine Reihe der um Vertretung ersuchten (konkret benannten) Rechtsanwälte hätten die Übernahme des Mandats von der Vereinbarung eines Honorars oder einer vorherigen Prüfung der Erfolgsaussichten gegen eine separate Gebühr abhängig gemacht, kann vorliegend dahingestellt bleiben (vgl. hierzu die BFH-Beschlüsse vom 19. Januar 2004 X S 19/03, BFH/NV 2004, 533 einerseits, und vom 3. Dezember 2003 I S 10/03 (PKH), BFH/NV 2004, 525 andererseits).
3. Denn jedenfalls ist die weitere Voraussetzung einer Beiordnung, dass die Rechtsverfolgung oder -verteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint, vorliegend nicht gegeben.
a) Im Hinblick auf die bereits eingelegte Revision kommt die Beiordnung eines gemäß § 62a FGO zur Vertretung vor dem BFH berechtigten Prozessbevollmächtigten schon deshalb nicht in Betracht, weil das FG die Revision nicht zugelassen hat und die Rechtsverfolgung durch eine unstatthafte Revision keinen Erfolg haben kann.
b) Ebenfalls aussichtslos erscheint bei der gebotenen summarischen Betrachtung (vgl. BFH-Beschluss vom 13. Juli 1995 VII S 1/95, BFH/NV 1996, 10) des tatsächlichen und rechtlichen Vorbringens der Kläger das allein in Betracht kommende Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 115 Abs. 2 FGO. Der Senat geht dabei davon aus, dass die Kläger im Falle einer Vertretung durch einen Bevollmächtigten i.S. des § 62a FGO durch diesen Nichtzulassungsbeschwerde einlegen und zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand für die versäumte Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde beantragen würden (BFH-Beschluss vom 12. Dezember 2006 VI S 12/06, BFH/NV 2007, 739).
Gemäß § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Die Kläger haben keinen der vorbezeichneten Zulassungsgründe ausdrücklich benannt. Ihren tatsächlichen und rechtlichen Angaben ist auch nicht ansatzweise zu entnehmen, dass eine der zur Zulassung der Revision führenden Rügen schlüssig erhoben werden könnte. Dies gilt auch dann, wenn für die Prüfung der Erfolgsaussichten einer noch einzulegenden Nichtzulassungsbeschwerde die Begründung der bereits erhobenen Revision berücksichtigt wird.
Dort ist vorgetragen worden, in dem anzufechtenden Urteil fehle eine Begründung dafür, dass "der von dem Beklagten errechnete gewerbliche Anteil am zu versteuernden Einkommen mit … DM und die darauf [er]mittelte tarifliche Einkommensteuer in Höhe von … DM als 'zutreffend und rechtmäßig berechnet' festgestellt" werde. Das FG hat insoweit indes von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, gemäß § 105 Abs. 5 FGO auf die Einspruchsentscheidung des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) zu verweisen und weiter ausgeführt, dass die dort angewendete Berechnungsmethode vom BFH mit Beschluss vom 9. August 2005 XI B 150/04 (BFH/NV 2006, 46) bestätigt worden sei.
Die Kläger haben auch nicht substantiiert dargelegt und es ist auch nicht ersichtlich, dass das FA in der Einspruchsentscheidung nicht bereits zu allen im Klageverfahren vorgebrachten entscheidungserheblichen Einwendungen Stellung genommen hat (vgl. BFH-Beschluss vom 10. November 2006 XI B 147/05, BFH/NV 2007, 267). Auch soweit die Kläger geltend machen, das FA habe in seiner Einspruchsentscheidung den Untersuchungsgrundsatz gemäß § 88 der Abgabenordnung nicht beachtet, fehlt es an jeglicher Substantiierung der Rüge dahingehend, was das FA im Einzelnen noch hätte prüfen oder ermitteln sollen. Eine Rechtsverletzung i.S. des § 119 Nr. 3 FGO ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass in der Einspruchsentscheidung als Quellenangaben auf in den Einkommensteuer-Richtlinien enthaltene Hinweise und auf Verfügungen der Oberfinanzdirektion verwiesen wird.
Ohne Erfolg, weil unsubstantiiert, rügen die Kläger weiterhin, das FG habe den Sachverhalt unzureichend aufgeklärt und ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Der tatsächliche und rechtliche Vortrag erschöpft sich insoweit dahingehend, allen ihren Vorträgen vor dem FG sei rechtliches Gehör versagt worden, und es sei "auch die fehlende gerichtliche Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen gemäß § 76 Abs. 1 und 2 FGO" zu "bemängeln". Es ist weder vorgetragen worden noch ersichtlich, warum und inwieweit der Sachverhalt einer weiteren Aufklärung bedurft hätte.
Fundstellen